2024-04-24T13:20:38.835Z

Totopokal
1996 war Christian Ziege (rechts) Europameister mit der deutschen Nationalmannschaft. Wembley tauscht er am Mittwoch gegen die Sportanlage des FC Pipinsried. Als Trainer des Drittligisten gastiert Ziege dort mit seiner Mannschaft. 	Foto: dpa
1996 war Christian Ziege (rechts) Europameister mit der deutschen Nationalmannschaft. Wembley tauscht er am Mittwoch gegen die Sportanlage des FC Pipinsried. Als Trainer des Drittligisten gastiert Ziege dort mit seiner Mannschaft. Foto: dpa

Der Pokal wird immer reizvoller

In den Qualifikationsrunden sind Vereine wenig begeistert vom Toto-Pokal +++ Kommt eine Profimannschaft, ändert sich die Einstellung. Wie das Beispiel FC Pipinsried zeigt

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Die Vorfreude bei Konrad Höß ist groß. 73 Jahre alt ist der nimmermüde Vorsitzende des FC Pipinsried, am Mittwoch hat er Gelegenheit, seinen Verein, sein Lebenswerk, ins öffentliche Schaufenster zu stellen. Höß bereitet die Bühne für ein Achtelfinale des bayerischen Pokalwettbewerbs. Zu Gast im beschaulichen Örtchen sind der Ex-Bundesligist SpVgg Unterhaching und dessen namhafter Trainer Christian Ziege (Anstoß 17.45 Uhr).

Der umtriebige Rentner gefällt sich in der Rolle. Mag es, wenn sein Projekt FC Pipinsried in aller Munde ist. Wenn die Leute ihm auf die Schulter klopfen, weil er, ein wenig versteckt im Dachauer Hinterland, gehobenen Amateurfußball bietet. Gerne parliert Höß bei solchen Gelegenheiten, erzählt davon, wie er eine Sportanlage aus dem Boden gestampft hat, die in der Umgebung seinesgleichen sucht.

Schon in der vergangenen Saison gastierte der Drittligist für das Achtelfinale im Toto-Pokal in Pipinsried. Der FC, damals noch Landesligist, verkaufte sich teuer, musste sich erst spät 1:2 geschlagen geben. Nun also die Neuauflage.

Oft kritisiert Höß den Bayerischen Fußball-Verband (BFV), weil er den Vereinen viel abverlangt, finanziell und verwaltungstechnisch. Nun will der Funktionär kein schlechtes Wort verlieren, schließlich profitierte der FC Pipinsried zuletzt mehrfach von BFV-Wettbewerben. Im Sommer hat der Bayernligist den Meistercup gewonnen; gesponsert von einer Brauerei fuhr das Team im Winter dafür in ein Trainingslager an den Gardasee. Jetzt zum zweiten Mal hintereinander das lukrative Los im Pokal. „Das ist eine ganz tolle Sache für den Verein. So wird man für den Aufwand entschädigt, den man betreibt“, sagt Höß zufrieden.

Worte, die dem BFV gefallen dürften. Beim Verband sind die Bemühungen groß, die hauseigenen Wettbewerbe anzupreisen. Das Image seiner Verantwortungsträger ist ausbaufähig. Neuerungen wie Futsal kamen zuletzt in Schwaben nur mäßig an. Auch für seinen Toto-Pokal erntet der BFV wiederkehrend Kritik.

Während der Verband mit der Teilnahme an der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals und ein paar hundert Euro Preisgeld lockt, müssen sich die Klubs in der Sommervorbereitung durch Qualifikationsrunden quälen. Extrem war es im vergangenen Jahr, als schon K.o.-Runden für den Pokal 2014/15 ausgetragen wurden. Bis der FC Pipinsried das Achtelfinale erreicht hatte, musste er etliche Gegner aus dem Weg räumen.

Pokaltermine sind auf Ligatagungen stets Thema. Markus Berchtenbreiter, dem Sportlichen Leiter des FC Affing, graut, wenn er an den Sommer denkt. Seinem Verein droht nach jetzigem Stand die Abstiegsrelegation in der Bayernliga. Mitte Juni wäre die Saison für die Affinger demnach beendet. Am Wochenende des 12. Juli soll bereits die Saison 2014/15 starten, die in der Anfangsphase zwei Spieltage unter der Woche vorsieht. Und vor Saisonstart setzt der BFV noch Qualifikationsrunden im Pokal an. Die Sommerpause fällt faktisch aus. „Wie sollen die Fußballer denn da in einer guten körperlichen Verfassung sein“, fragt Berchtenbreiter.

Für Landes-, Bayern- und Regionalligisten ist der Pokal lange lästigen Pflicht. Der BFV legt den Vereinen nahe, am Wettbewerb teilzunehmen, da die namensgebende Lotteriegesellschaft dies als Gegenleistung für Sponsorengelder erwarte. Fehlt dem BFV dieses Geld, könnten Pässe teurer werden, berichtet ein Vereinsfunktionär. Langweilig sei der Wettbewerb anfangs, erklärt Pipinsrieds Boss Höß. Diese Einstellung ändert sich, je weiter ein Klub im Verlauf des Wettbewerbs vorrückt. Hat er Losglück und ein Profiklub gastiert im eigenen Stadion, gewinnt der Pokal an Attraktivität, wird zur reizvollen Kür.
Höß rechnet mit bis zu 600 Zuschauer am Mittwochabend, die Geld in die Vereinskasse spülen. Zudem hofft er, mit den Unterhachingern und deren Präsident Manfred Schwabl, 47, ein wenig verhandeln zu können. „Vielleicht muss ich nicht teilen“, sagt Höß. Wirklich daran glauben wird er nicht. Notorisch klamme Drittligisten haben kein Geld zu verschenken.

Dass die SpVgg die Pipinsrieder Kicker sportlich ernst nimmt, unterstrich sie, indem sie zum jüngsten Heimspiel gegen Bogen (3:0) einen Beobachter entsandte. Pipinsrieds Spielertrainer Tobias Strobl, 26, freut sich auf den Vergleich. „Wann hast du denn sonst Gelegenheit, dich mit einer Profimannschaft in einem Pflichtspiel zu messen“, fragt er.

Aufrufe: 01.4.2014, 21:35 Uhr
Aichacher Nachrichten / Johannes GrafAutor