Der Michi Koch hat’s gemacht

Der SV Weingarten hatte sich mit Mühe und Not auf den Abstiegsrelegationsplatz in der Landesliga gerettet. Fast zwei Wochen mussten die Mannschaft und Trainer Thomas Gadek danach warten, bis der Gegner feststand. Denn der hatte zuerst zwei Spiele zu überstehen. Es wurde der FC Leutkirch. Dieser hatte in einem langen und aufreibenden Duell gegen die SG Kißlegg die Meisterschaft in der Bezirksliga nur knapp verpasst. Das vorentscheidende Spiel gegen die Kißlegger verloren die Leutkircher im eigenen Stadion. Einen Knacks gab ihnen das aber nicht. Als Zweiter qualifizierte sich der FCL für die Aufstiegsspiele. Erst ging es in Aitrach gegen den FC Ringschnait. Die Vorfreude war schnell dahin, denn nach zwei Minuten lagen die Leutkircher hinten. Was keiner wissen konnte: Es sollte der letzte Gegentreffer für die kommenden knapp fünf Stunden Relegation sein. In den verbleibenden 88 Minuten bekamen die Leutkircher den Rückstand in ein 2:1 umgebogen, wenige Tage später hatten sie mit den Spfr Hundersingen in Wolfegg so gar keine Probleme. 3:0 hieß es nach einseitigen 90 Minuten. Die Tür zum erstmaligen Aufstieg in die Landesliga stand nun weit offen. Im Türrahmen allerdings stand ein großer Gegner: der SV Weingarten.

Nach Reute zum Entscheidungsspiel reiste Leutkirch als klarer Außenseiter. An einem sonnigen Sonntagnachmittag trafen sich Weingarten und der FCL zur alles entscheidenden Partie. 1500 Zuschauer ließen den Sportplatz schier überquellen. Sie sollten alle am Ende des Tages sagen können, dass sie ein großes Fußballspiel gesehen haben. Denn in den folgenden zwei Stunden war reichlich geboten. Weingarten rannte – einem Favoriten angemessen – ordentlich an, traf aber das Tor nicht. Leutkirch hielt dagegen, brachte immer mal wieder einen Entlastungsangriff zustande. Besonders die linke Seite mit Dennis Schwarz defensiv und Malik Dambel offensiv machte den Weingartenern Probleme, im Mittelfeld ackerte Kapitän Daniel Biechele in bester Bastian-Schweinsteiger-Manier mindestens für zwei, im Tor hielt Paul Brünz alles. Und Michael Koch, der Regisseur? Der saß auf der Bank. Durch eine Magen-Darm-Erkrankung geschwächt. An einen Einsatz von Beginn an war nicht zu denken. Knapp 20 Minuten vor dem Ende, es stand immer noch 0:0, wechselte Trainer Patrick Straub Koch dann aber doch ein. In der Verlängerung sollte sich diese Einwechslung richtig lohnen.

Plötzlich schien es, als würden die Leutkircher merken, dass hier und heute etwas möglich ist. Immer öfters kamen sie mutig nach vorne, schickten den schnellen Dambel auf die Reise. Den Weingartenern fiel nicht mehr viel ein. Michael Koch dafür umso mehr. In der 108. Minute umkurvte er drei Weingartener und zielte dann noch direkt ins Eck zur Leutkircher Führung. Von seinen Mitspielern wurde er da schon fast erdrückt. Gleiches war sieben Minuten später zu besichtigen, als Koch einen Konter über Dambel zum 2:0 abschloss. Mehr als eine Tätlichkeit mit anschließendem Platzverweis brachten die Weingartener danach nicht mehr zustande (immerhin gratulierte der Sportsmann Gadek den Leutkirchern fair zum Sieg). Nach dem Schlusspfiff musste Koch um seine Gesundheit fürchten, denn er wurde regelrecht begraben. Als er sich wieder befreite hatte, blieb er ganz cool: "Diesen Sieg hat die ganze Mannschaft geschafft." So spricht ein wahrer Champion.

Im Leutkircher Vereinsheim waren an diesem Abend bei der Aufstiegsfeier viele fast ungläubige Gesichter zu sehen. Der FC Leutkirch in der Landesliga? Klang komisch, war aber so. Die Freude über diesen Aufstieg sollte ein Jahr anhalten, denn für den FCL ging es gleich wieder eine Etage tiefer, Weingarten ging dafür gleich wieder eins hoch. Die Erinnerung an den 24. Juni 2018 aber, die bleibt. Vor allem dies: Der Michi Koch hat’s gemacht. Auch wenn er den Erfolg zurecht der ganzen Mannschaft zuschrieb.