2024-04-15T13:50:30.002Z

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Das idyllische Utrecht mit seinen vielen Grachten ließ Rob Wolsleger der Liebe wegen hinter sich. 	Foto: Alexander Fischer
Das idyllische Utrecht mit seinen vielen Grachten ließ Rob Wolsleger der Liebe wegen hinter sich. Foto: Alexander Fischer

Der Liebe wegen

STORY AM SONNTAG: +++ Aus Utrecht hat es den niederländischen Fußball-Trainer Rob Wolsleger nach Wetzlar verschlagen +++

Wetzlar. Wetzlar hat viel zu bieten: Dom, historische Altstadt, alte Lahnbrücke, Lottehaus, Kalsmunt. Die Festspiele. Die Rittal-Arena mit Sport und Unterhaltung satt. Doch bei allem Verständis: Wer kehrt schon Utrecht den Rücken, um in Mittelhessen heimisch zu werden? Jenem brausenden und klopfenden Herz der Niederlande, dessen verkehrsberuhigte Innenstadt mit ihren zahllosen Grachten zum Verweilen einlädt. Deren Werftkeller kulinarische Köstlichkeiten in ihrer ursprünglich holländischen Art bereit halten.

Dessen imposanter Dom nur noch zur Hälfte steht. Jener mit rund 350 000 Einwohnern viertgrößten Oranier-Stadt mit dem Charme von Amsterdam, nur ohne Touristen. Die Antwort menschelt! Nur jemand, den die Liebe übermannt hat.


Rob Wolsleger ist so einer. Noch hat der 67-jährige Fußballtrainer sein altes Leben in Utrecht nicht ganz hinter sich gelassen, noch pendelt er die 350 Kilometer hin und 350 Kilometer zurück. Doch er möchte in Wetzlar heimisch werden. So bald wie möglich. Wegen Gabriele Grosse, einer gleichaltrigen Unternehmerin, die er im Internet kennengelernt hat. Deren offene, herzliche, fröhliche und kommunikative Art es ihm seit dem ersten vorsichtigen Schriftverkehr angetan hat. Als sie ihn schließlich nach vier Wochen bat: „Gibt es zu deinen Zeilen eigentlich auch ein Foto?“, da war es um ihn geschehen. Und auch um sie.

Bei einem ersten Treffen im November 2017 in Haltern am See, jener nordrhein-westfälischen Kleinstadt im Landkreis Recklinghausen, aus der die 16 Schüler und zwei Lehrerinnen des städtischen Joseph-König-Gymnasiums stammten, die beim Absturz eines German-Wings-Flugs über den französischen Alpen zwei Jahre zuvor ums Leben kamen, funkte es sofort. Und bis heute. Auch wenn sie zugibt, vom Fußball in etwa so viel zu verstehen wie ein Eskimo vom Weinanbau. Der Fußball aber bedeutet für ihren Schwarm alles: Lebenselixier, Auskommen und Tagesablauf.

Rob Wolsleger will wieder auf einer Trainerbank sitzen. Und nicht nur mit Gabi Grosse, wie kurz nach ihrem Kennenlernen, Partien wie Eintracht Frankfurt gegen den Hamburger SV oder SV Wehen Wiesbaden gegen den FC St. Pauli von den Zuschauerrängen aus verfolgen. Er möchte mit jungen Menschen arbeiten, er möchte in Deutschland so Fuß fassen, wie es ihm jahrzehntelang in seiner niederländischen Heimat vergönnt war. „Egal, in welcher Liga“, so der 67-Jährige, der das Geschehen in Mittelhessen aufmerksam beobachtet und registriert hat, dass beispielsweise kurzfristig beim SV Volpertshausen oder bei der SG Waldsolms zum Saisonende Posten frei wurden.

Doch Wolsleger, der gut Deutsch spricht, kann auch mehr als Kreisoberliga oder Gruppenliga. Der B-Lizenz-Inhaber hat sich in den Niederlanden besonders als Nachwuchs- und Torwart-Coach einen Namen gemacht. Er besitzt das sogenannte Lehrerdiplom des Koninklijke Nederlandse Voetbal Bond (KNVB), des Königlich Niederländischen Fußball-Bundes. Zusammen mit Frans Hoek, der schon für den FC Barcelona, Manchester United und Galatasaray Istanbul sowie die Nationalteams der Niederlande und von Polen als Torwarttrainer arbeitete, leitete er für den Verband Kurse. Er bildete für den KNVB Übungsleiter aus und gab sein Wissen einmal pro Jahr in vier- bis siebenwöchigen Seminaren auch in den USA an Übungsleiter weiter.

Wolsleger startet 1985 seine Trainerkarriere

Begonnen auf der Trainerbank hat Rob Wolsleger 1985 bei IJFC Ijsselstein, ehe er 1990 zu Cabauw West II, dem damaligen Meister in Liga fünf, wechselte. Er war Cheftrainer bei den Viertligisten Haastrecht, GVV Rotterdam, Alphen und Laren, coachte die Drittligisten Hercules Utrecht und Rohda 76, war Technischer Direktor in Hooglanderveen sowie Jugendtrainer in Spakenburg. Zwischendurch arbeitete er immer wieder für den Verband als Nachwuchs- und Torwarttrainer.

Nun möchte Rob Wolsleger, der es als Aktiver bis in die 3. Liga der Niederlande schaffte, seine Karriere jedoch wegen Problemen mit den Sprunggelenken früh beenden musste, „mein Fachwissen und Engagement an junge Leute weitergeben, um ihnen den Spaß am Fußball zu vermitteln.“ So formulierte er es vor einiger Zeit jedenfalls in einem Bewerbungsschreiben an die Fußballschule von Borussia Dortmund.

„Vielleicht liest ja jemand in Mittelhessen, dass ich zu haben bin“, zwinkert der Mann aus Utrecht bei seinem Redaktionsbesuch schelmisch mit den Augen. Gabriele Grosse weiß, wie ihr Lebensgefährte das gemeint hat: Zu haben ist er nur für den Fußball, ansonsten gehört er ihr ...



Aufrufe: 04.1.2020, 06:00 Uhr
Alexander FischerAutor