Der harte Hund hört auf

Ein mickriger Punkt hatte den Landsberger Fußballern über Wochen in der zurückliegenden Saison gefehlt, um den direkten Klassenerhalt zu schaffen. Im letzten Saisonspiel gegen Meister VfR Garching gab es ein knappes 1:2 – obwohl der TSV tonangebend war. „Seit diesem Spiel ging es in mir um“, so Sven Kresin über seine Rücktrittsgedanken, die sich in den vergangenen Wochen manifestierten. „Ich habe gesagt, ich verlasse das Schiff als Bayernligist.“

Und das ist ihm mit seiner Mannschaft gelungen. Nach Siegen über den SV Mering und SV Erlbach sicherten sich die Landsberger in den Entscheidungsspielen den Klassenerhalt. „Nach der Rettung wurde mir klar, das Team braucht einen neuen Reiz.“ Zunächst informierte er am Dienstagnachmittag Abteilungsleiter Robert Michel und dann via Gruppennachricht per Whatsapp die Mannschaft. „Ich hätte mich nur ungern vor das Team gestellt, denn ansonsten hätte ich wohl Rotz und Wasser geflennt.“

Der ehemalige Profi (Wacker Burghausen, Rot-Weiß Erfurt, Nürnberg II) wirkt im Gespräch über seinen Abgang gelöst und plaudert über seine Gefühle. „Es war viel Kopfarbeit und Schweiß in den vergangenen Monaten erforderlich“, blickt Kresin zurück, „es war sehr aufreibend für mich und hat auch meine Familie sehr beschäftigt.“ Nach einer fantastischen Hinrunde mit der Tabellenführung über mehrere Wochen spielte der TSV eine katastrophale Rückrunde und wäre beinahe in die Landesliga abgestiegen. „Trotzdem hatte es ein gutes Ende. Besser hätte ich mich nicht verabschieden können, als mit vier Siegen in der Relegation.“ Nicht nur die kräftezehrende Situation, sondern vor allem auch die Zukunft haben den gebürtigen Hessen, der in jungen Jahren von Werner Lorant zum TSV 1860 München geholt wurde, dazu veranlasst, das Traineramt abzugeben.

„Ich strebe ab September eine Selbstständigkeit an, die viel Zeit kostet und bei der sich viel abends abspielt. Und es wäre nicht gut, wenn ich weniger Prozent für die Jungs geben würde.“ Nach seinem Karriereende als Fußballprofi hat sich Sven Kresin in den vergangenen Jahren ein Standbein als Personal Trainer mit umfangreichem Leistungsspektrum geschaffen. Aktuell arbeitet er an der Fertigstellung einer sogenannten Kraft- und Bewegungsarea, die im Herbst Eröffnung feiern soll. Eine Rückkehr auf die Trainerbank ist derzeit offen. „Fußball wird natürlich immer ein Teil von mir bleiben. Ich habe jetzt dann Zeit, mir zig Spiele anzuschauen und mich fortzubilden“, sagt der 39-Jährige, der seine Trainer-A-Lizenz in Angriff nehmen will. In sechs Jahren beim TSV Landsberg – zunächst als Spielertrainer, später nur noch als Coach – hat Kresin viel erlebt. Einer der sportlichen Höhepunkte war die Meisterschaft in der Landesliga Süd 2014 und der damit verbundene Aufstieg in die Bayernliga, die fünft-höchste deutsche Liga.

Herausragende Momente seien für ihn Spiele gewesen wie die Pokal-Duelle mit dem FV Illertissen und der SpVgg Unterhaching, „wo wir Regionalligisten die Stirn geboten haben, vor einem frenetischen Publikum“. Spaß hätten ihm auch immer die Trainingseinheiten mit „seinen Jungs“ gemacht. Momente, die ihm in nicht so toller Erinnerung blieben, seien die gewesen, in denen die Mannschaft an ihre Grenzen stieß. „Da habe ich mich auch selber hinterfragt, oder warum die Leute ihr Potenzial nicht ausgeschöpft haben. Aber sie sind Arbeitnehmer, gehen abends ins Training und werden dann noch von einem Typ mit Glatze über den Platz gescheucht“, so Kresin mit Galgenhumor.

„Großen Respekt an die Spieler, was sie aufgebracht haben. Ich werde die Jungs vermissen.“ Nach Angaben von Sven Kresin ist auch Sportlicher Leiter Toni Yildirim zurückgetreten. TSV-Abteilungsleiter Robert Michel konnte diesen Vorgang auf Nachfrage des Landsberger Tagblatt nicht bestätigen. Yildirim selbst war telefonisch nicht zu erreichen.

Drei potenzielle Kandidaten

Kommenden Montag geht es für den TSV Landsberg nach nur zweiwöchiger Sommerpause wieder los mit der Vorbereitung auf die neue Saison. Mit welchem Trainer, das ist noch unklar. „Wir sind in Verhandlungen und führen derzeit Gespräche mit drei Kandidaten“, erklärte Fußball-Abteilungsleiter Robert Michel auf Nachfrage.

„Wir müssen Svens Schritt so akzeptieren“, sagt Michel, der aber auch einräumt, bereits die Fühler nach anderen Kandidaten ausgestreckt zu haben. Anlass dafür sei auch die Rückrunde gewesen, die „total in die Hose ging“. Für seinen Ex-Trainer findet er ansonsten nur lobende Worte: „Es hat Hand und Fuß gehabt, was er gemacht hat.“ Wer Sven Kresin beerben soll, lässt Michel offen. Alle drei Kandidaten würden über Landesliga- beziehungsweise Bayernliga-Erfahrung verfügen.

Bei der Mannschaft hat die Nachricht vom Rücktritt des Trainers wie eine Bombe eingeschlagen. „Es kommt natürlich total überraschend für uns alle, wir sind davon ausgegangen, dass wir am Montag mit ihm in die Vorbereitung starten“, so Kapitän Sebastian Nichelmann. „Natürlich ist es sehr schade, dass es jetzt so kommt,weil wir in den letzten Jahren sehr erfolgreich mit ihm waren und ihm viel zu verdanken haben.“ Er unterstellt Kresin einen „super Job“. Vielleicht tue der Mannschaft aber ein neuer Reiz ganz gut, das habe gerade die Rückrunde gezeigt. „Letztendlich kann er mit erhobenem Haupt zurücktreten und stolz auf die letzten Jahre zurückblicken“, so Nichelmann.

Die Bilanz und Trainer der letzten Jahre

SaisonLigaPlatzBilanzTrainer 2015/16 Bayernliga Süd 15. 10 - 11 - 13 Kresin, Sven 10S - 11U - 13N 2014/15 Bayernliga Süd 8. 15 - 6 - 15 Kresin, Sven 15S - 6U - 15N 2013/14 Landesliga Südwest 1. 23 - 5 - 6 Kresin, Sven 23S - 5U - 6N 2012/13 Landesliga Südwest 5. 18 - 4 - 12 Kresin, Sven 18S - 4U - 12N 2011/12 Landesliga Süd 10. 15 - 6 - 13 Kresin, Sven 15S - 6U - 13N 2010/11 Landesliga Süd 7. 14 - 8 - 12 Lugmair, Jürgen 0S - 4U - 2N Kresin, Sven 14S - 4U - 10N 2009/10 Landesliga Süd 12. 13 - 7 - 14 Frankl, Jochen 1S - 2U - 1N 2008/09 BOL Schwaben 2. 17 - 5 - 8 Frankl, Jochen 3S - 1U - 4N 2007/08 BOL Schwaben 8. 10 - 10 - 10 Frankl, Jochen 10S - 10U - 9