Der Gold-Cup 2015, die Kontinentalmeisterschaft Nord-, Mittelamerikas und der Karibik, wird in Kanada und den USA ausgetragen. Und Französisch Guyana, trotz CONCACAF-Mitgliedschaft an der Nordküste Südamerikas gelegen, steht ganz knapp davor. Nur ein Duell mit Hin- und Rückspiel gilt es noch zu überstehen. Allein geschafft hat das Überseedépartement Frankreichs die Qualifikation für ein derart großes Turnier noch nie. Kurios: als vollintegrierter Teil des französischen Staates ist Französisch Guyana sogar Teil der Europäischen Union, offizielles Zahlungsmittel ist der Euro. Die Teilnahme an der Kontinentalmeisterschaft wäre das Nonplusultra für das Département, das nicht Mitglied der FIFA ist und schon allein deshalb an keiner Weltmeisterschaft teilnehmen dürfte. Als in Französisch Guyana geborener Fußballer darf man jedoch für die Französische Nationalmannschaft auflaufen. Im Leben von Marvin Torvic dreht sich momentan alles um die Gold-Cup-Playoffs, um den 25. und 30. März. Dann nämlich kämpft der 27-Jährige mit seinem Team um den größten Erfolg der Fußballgeschichte Französisch Guyanas. Gegner in den Playoffs ist kein Geringerer als WM-Teilnehmer Honduras. "Was die zwei Spiele für mich bedeuten, kann ich kaum in Worte fassen. Es ist eine historische Chance für uns, da wir uns ja noch nie für die Endrunde qualifizieren konnten. Das wird eine Erfahrung, die ich nie in meinem Leben vergessen werde", bekommt der 1,93 Meter Abwehrhüne allein beim Gedanken an die Playoffs schon feuchte Hände. Torvic wird als Kapitän vorneweg aufs Feld marschieren und weiß natürlich, dass seine kleine "Nation" krasser Außenseiter ist.
Von der Außenseiterrolle lässt sich Torvic aber keineswegs unterkriegen: "Ich bin davon überzeugt, dass wir gewinnen können. Wir haben so hart gearbeitet, um es so weit zu schaffen. Deutschland hat auch bei der WM Gastgeber Brasilien rausgeschossen. Wir können es auch schaffen." Allein das Ambiente wird seinen Adrenalinspiegel in die Höhe schnellen lassen. In Rosenheim kickt er meist vor kaum mehr als 150 Interessierten. Das krasse Gegenteil wird bei den Playoffs der Fall sein. "Auf Haiti oder Jamaika haben wir vor 20.000 Fans gespielt. Gegen Honduras werden wahrscheinlich sogar noch mehr kommen", freut sich Torvic schon diebisch auf die Gänsehaut-Atmosphäre. Nach seinem Ausflug in die große Welt des Fußballs wird alles wieder ein paar Nummern beschaulicher sein. "Es ist schon gewöhnungsbedürftig, wenn ich zurückkomme und dann wieder 200 Zuschauern da sein werden", gibt der 27-Jährige ehrlich zu, lässt aber an seiner Motivation keine Zweifel: "Ich will immer gewinnen und gebe alles, was ich habe." Und je näher der Showdown rückt, umso höher wird auch das Interesse bei seinen Teamkollegen von Sechzig Rosenheim. "Sie löchern mich jeden Tag mit Fragen. Viele von ihnen wussten nicht viel über den Gold-Cup. Ich versuche ihnen zu erklären, wie wichtig das für mich und für mein Land ist", erzählt der Defensivakteur, der im Sommer 2014 aus dem hohen Norden Finnlands nach Oberbayern kam.