2024-05-24T11:28:31.627Z

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Marvin Torvic, Rosenheims Nationalspieler, im Ligaalltag beim TSV 1860 Rosenheim. F: Tschannerl
Marvin Torvic, Rosenheims Nationalspieler, im Ligaalltag beim TSV 1860 Rosenheim. F: Tschannerl

Der große Traum des Marvin Torvic

Rosenheims Nationalspieler: Als Kapitän Französisch Guyanas zu den Gold-Cup-Playoffs

Beim TSV 1860 Rosenheim gilt dem Unternehmen Bayernliga-Klassenerhalt die volle Aufmerksamkeit. Der zweite Abstieg in Serie soll unbedingt verhindert werden. Dabei muss auch Marvin Torvic mithelfen. Jedoch hat der 27-jährige Abwehrmann gleichzeitig ein weiteres Großprojekt vor der Brust: die Qualifikation für den Gold-Cup 2015 mit seinem Heimatland Französisch Guyana. Das kleine Land im Norden Südamerikas fiebert den Playoffs zur Teilnahme an der CONCACAF-Kontinentalmeisterschaft entgegen, die in einer Woche stattfinden. Zum allerersten Mal kann die Qualifikation gelingen - mit Marvin Torvic als Kapitän.

Der Gold-Cup 2015, die Kontinentalmeisterschaft Nord-, Mittelamerikas und der Karibik, wird in Kanada und den USA ausgetragen. Und Französisch Guyana, trotz CONCACAF-Mitgliedschaft an der Nordküste Südamerikas gelegen, steht ganz knapp davor. Nur ein Duell mit Hin- und Rückspiel gilt es noch zu überstehen. Allein geschafft hat das Überseedépartement Frankreichs die Qualifikation für ein derart großes Turnier noch nie. Kurios: als vollintegrierter Teil des französischen Staates ist Französisch Guyana sogar Teil der Europäischen Union, offizielles Zahlungsmittel ist der Euro. Die Teilnahme an der Kontinentalmeisterschaft wäre das Nonplusultra für das Département, das nicht Mitglied der FIFA ist und schon allein deshalb an keiner Weltmeisterschaft teilnehmen dürfte. Als in Französisch Guyana geborener Fußballer darf man jedoch für die Französische Nationalmannschaft auflaufen. Im Leben von Marvin Torvic dreht sich momentan alles um die Gold-Cup-Playoffs, um den 25. und 30. März. Dann nämlich kämpft der 27-Jährige mit seinem Team um den größten Erfolg der Fußballgeschichte Französisch Guyanas. Gegner in den Playoffs ist kein Geringerer als WM-Teilnehmer Honduras. "Was die zwei Spiele für mich bedeuten, kann ich kaum in Worte fassen. Es ist eine historische Chance für uns, da wir uns ja noch nie für die Endrunde qualifizieren konnten. Das wird eine Erfahrung, die ich nie in meinem Leben vergessen werde", bekommt der 1,93 Meter Abwehrhüne allein beim Gedanken an die Playoffs schon feuchte Hände. Torvic wird als Kapitän vorneweg aufs Feld marschieren und weiß natürlich, dass seine kleine "Nation" krasser Außenseiter ist.

Trotz krasser Außenseiterrolle gegen Honduras: Gänsehaut-Garantie vor mehr als 20.000 enthusiastischen Fans.

Von der Außenseiterrolle lässt sich Torvic aber keineswegs unterkriegen: "Ich bin davon überzeugt, dass wir gewinnen können. Wir haben so hart gearbeitet, um es so weit zu schaffen. Deutschland hat auch bei der WM Gastgeber Brasilien rausgeschossen. Wir können es auch schaffen." Allein das Ambiente wird seinen Adrenalinspiegel in die Höhe schnellen lassen. In Rosenheim kickt er meist vor kaum mehr als 150 Interessierten. Das krasse Gegenteil wird bei den Playoffs der Fall sein. "Auf Haiti oder Jamaika haben wir vor 20.000 Fans gespielt. Gegen Honduras werden wahrscheinlich sogar noch mehr kommen", freut sich Torvic schon diebisch auf die Gänsehaut-Atmosphäre. Nach seinem Ausflug in die große Welt des Fußballs wird alles wieder ein paar Nummern beschaulicher sein. "Es ist schon gewöhnungsbedürftig, wenn ich zurückkomme und dann wieder 200 Zuschauern da sein werden", gibt der 27-Jährige ehrlich zu, lässt aber an seiner Motivation keine Zweifel: "Ich will immer gewinnen und gebe alles, was ich habe." Und je näher der Showdown rückt, umso höher wird auch das Interesse bei seinen Teamkollegen von Sechzig Rosenheim. "Sie löchern mich jeden Tag mit Fragen. Viele von ihnen wussten nicht viel über den Gold-Cup. Ich versuche ihnen zu erklären, wie wichtig das für mich und für mein Land ist", erzählt der Defensivakteur, der im Sommer 2014 aus dem hohen Norden Finnlands nach Oberbayern kam.

Weltenbummler Torvic: Von Französisch Guyana über den Polarkreis nach Rosenheim.

Marvin Torvic hat in seiner Karriere schon viel gesehen. Von Kindesbeinen an hegt er den großen Traum: eine Profikarriere im gelobten Land des Fußballs. "In Europa wird nun mal der beste Fußball gespielt. Ich hatte diesen Traum, seit ich das erste Mal gegen einen Ball trat", versichert Torvic. Aus diesem Grund verließ das 1,93 Meter große Kraftpaket sein gewohntes Umfeld und wagte 2011 den Sprung in eine fremde Welt. Er landete beim FC Lorient in Frankreich, kam dort allerdings nur in der B-Mannschaft zum Einsatz. Über Stationen in England und Spanien ging es zurück in seine Heimat zum US Sinnamary. 2013 entschied sich Torvic noch einmal dafür, es jenseits des großen Teichs zu versuchen und wechselte nach Finnland zu den Kemi Kings. Die Region am Polarkreis ist allerdings nicht unbedingt als Fußballhochburg bekannt. Zudem ist Torvic aus seiner Heimat Palmenstrand und tropisches Klima gewohnt. Was verschlägt also einen Mann aus der Karibik ausgerechnet nach Lappland? "Kemi ist kein großer Klub, das stimmt schon. Aber ich wollte mit Coach Tommy Taylor zusammenzuarbeiten, der schon bei West Ham United in der Premier League gespielt hatte. Von ihm habe ich eine Menge gelernt." Nach seinem kalten Abenteuer am Polarkreis landete der 23-fache Nationalspieler im Sommer 2014 in Rosenheim - auf Vermittlung der Spieleragentur IFX. Und für den 27-Jährigen soll der Regionalliga-Absteiger das Sprungbrett in die deutschen Eliteligen sein, ganz nach dem Beispiel von Benedikt Krug, der im Winter vom Ligarivalen TSV Schwabmünchen in die 2. Liga zu Erzgebirge Aue gewechselt ist. Noch hat Marvin den Traum vom großen Fußball nicht ad acta gelegt. Und demnächst kann er sich ja auf internationaler Bühne präsentieren, wenn er Rosenheim verlässt, um mit seinem Heimatland Historisches zu schaffen.






Aufrufe: 019.3.2015, 07:20 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor