2024-04-25T14:35:39.956Z

FuPa Portrait
Verstärkung auf der Außenbahn: Rene Guder, ausgeliehen aus Kiel. Foto: Stark
Verstärkung auf der Außenbahn: Rene Guder, ausgeliehen aus Kiel. Foto: Stark

Der ETSV Weiche ist ein Titelkandidat

Der Flensburger Regionalligist im Test

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Als Tabellendritter der Vorsaison geht der ETSV Weiche als ein Mitfavorit auf den Meistertitel in die neue Saison. In vier Regionalliga-Jahren haben sich die Flensburger jedes Mal verbessert. Seit Daniel Jurgeleit, der schon in sein siebtes Jahr beim ETSV geht, als Trainer am Ruder ist, ging es stetig bergauf. Zielsetzung ist somit die Meisterschaft.

„Wir können ja schlecht sagen, dass wir Zweiter werden wollen“, erklärt ETSV-Macher Harald Uhr. Gleichzeitig nimmt er den Druck von den Spielern: „Es wäre im Fußball normal, wenn es nicht jedes Jahr immer bergauf geht. Auch damit könnten wir umgehen.“ Trotz des hohen Ziels ist vom Aufstieg als Muss somit nicht die Rede – bei einem Etat, der nach wie vor deutlich von dem anderer Teams in der Spitzengruppe entfernt ist, ist das verständlich. Wir beantworten knapp zwei Wochen vor Saisonstart die wichtigsten Frage und nehmen den ETSV unter die Lupe.

Wie gut sind die Neuen?

Vier Neuzugänge von Drittligist Holstein Kiel (einer davon aus der A-Jugend) und einer vom Regionalliga-Meister VfL Wolfsburg II – beim ETSV sieht man, dass die gewachsene Mannschaft nur noch mit Spielern aus dem oberen Regal verstärkt werden kann. Das dürfte mit diesen Zugängen auch gelungen sein. René Guder und Stratege Finn Wirlmann bringen trotz ihrer Jugend schon Erfahrung aus der 3. Liga mit und sollen nach der Ausleihe auch zu Holstein zurückkehren. Beide haben ebenso wie Angreifer Fabian Arndt Stammplatzpotenzial. Der dynamische Jannis Pläschke ist ebenfalls ein Gewinn, Tayfun Can kann das spätestens nach einer Gewöhnungsphase werden. In Mittelfeld und Angriff sind die Flensburger eindeutig stärker geworden. Gleichzeitig wurde der Kader, bislang einer der ältesten der Liga, erkennbar verjüngt.

Wie läuft der Kampf um die Stammplätze?

Auch wenn der eine oder andere Spieler für wichtige Spiele gesetzt ist – Trainer Daniel Jurgeleit gelang es in der Vergangenheit, durch viele Wechsel auch in der Startelf zumindest den annähernd gleichwertigen Spielern auch Praxis zu verschaffen und verlässlichen Alternativen Wertschätzung zu vermitteln. Der Konkurrenzkampf verläuft auf hohem Regionalliga-Niveau und ist im Mittelfeld sehr groß und auch im Angriff (wo auch viele Mittelfeldspieler schon zum Zug kamen) nicht zu unterschätzen, wenn alle Akteure fit sind. Zwei Abgängen aus der Stammelf stehen vier Neue gegenüber, die sofort spielen könnten. Auf der rechten Außenbahn, wo Ilidio plötzlich mit René Guder und Jannis Pläschke zwei Konkurrenten hat, wird das am deutlichsten. Die Flexibilität vieler Spieler, von denen zahlreiche zwei oder drei Positionen im 3-4-3-System spielen können, erhöht die Möglichkeiten des Trainers zusätzlich. Unumstritten scheinen derzeit nur Torwart Florian Kirschke, Verteidiger Christian Jürgensen, Abräumer Nedim Hasanbegovic sowie Florian Meyer (entweder im Mittelfeld oder Angriff). Selbst gestandene Akteure wie Patrick Thomsen, Fiete Sykora, Tim Wulff oder Finn Wirlmann sind aufgrund der Konkurrenz nur bei guter Form unverzichtbar.

Welche taktischen Varianten gibt es?

Das 3-4-3-System ist eingespielt und wird auch weiterhin die Wahl von Trainer Daniel Jurgeleit bleiben. Der 52-Jährige hat das Team in dieser Grundordnung weiter entwickelt. Grundsätzlich ist Ballbesitzfußball das Ziel. Aus diesem Ballbesitz mit Geduld zum Torerfolg zu kommen oder eine Führung sicher über die Zeit zu bringen, ist der Anspruch der Flensburger. Das sieht nicht immer spektakulär aus, ist aber oft sehr effektiv und vor allem eine Frage der taktischen Disziplin, die Jurgeleit allen Spielern eingeimpft hat. Gelingt es nicht, über Ballbesitz das Spiel zu dominieren, ist das Team in der Lage, aus der gleichen Ordnung auf eine tiefe Verteidigungsstrategie umzustellen, die dann eher einem 5-4-1 ähnelt.

Wo gibt es noch Probleme?

Im sportlichen Bereich ist einzig die Defensive noch eine kleine Baustelle. Der Abgang von zwei Innenverteidigern (Hummel, Paetow) wurde noch nicht kompensiert. Um meisterlich aufgestellt zu sein, müsste noch ein guter Abwehrspieler her.

Wie ist der Verein strukturell aufgestellt?
Der ETSV Weiche ist in seinen Strukturen nicht so schnell gewachsen wie der sportliche Erfolg. Noch immer hängt die Organisation an wenigen Personen wie Vereinsboss Hans-Ludwig Suhr und Liga-Geschäftsführer Harald Uhr. Der Vorteil: Man kennt sich, man verfolgt die gleiche Strategie. Unüberlegte Handlungen sind nahezu ausgeschlossen. Die Sponsoren werden mehr, doch echtes Profitum ist derzeit noch Utopie. Die angestrebte Fusion mit Flensburg 08 kann den Verein weiterbringen. Will man wirklich in die 3. Liga, muss mit Nachdruck der Stadion-Um- und Ausbau vorangetrieben werden, sonst könnte der Aufstieg selbst als Meister noch an der fehlenden DFB-Lizenz scheitern.

Wo landet der ETSV?

Die Flensburger sehen sich nicht zu Unrecht als Titelkandidat. Schafft es die Mannschaft, durchgehend ihr Potenzial abzurufen, ist die Meisterschaft möglich. Das gilt jedoch auch für Vorjahresvize Oldenburg und den gut verstärkten SV Meppen. Und aufgrund der finanziellen und strukturellen Vorteile ist der VfL Wolfsburg II wieder der Top-Favorit. Unser Tipp: In einem engen Titelrennen belegt Weiche am Ende erneut Rang drei.
Aufrufe: 022.7.2016, 10:00 Uhr
SHZ / Christian JessenAutor