2024-05-15T11:26:56.817Z

Allgemeines
– Foto: Thies Meyer

Calbacher Grün einst Spielwiese der Stars

VERLORENE PLÄTZE: +++ Glorreiche Zeiten der SV-Fußballer aus Büdinger Stadtteil liegen über 20 Jahre zurück / Seit 2011 geht nichts mehr +++

Calbach. 1986 zeigte Edeltechniker Andreas Möller sein Können, 1993 stand Weltmeister Bodo Illgner zwischen den Pfosten – der Fußballplatz des SV Calbach diente in der Vergangenheit mehrfach als Spielwiese für die großen Bundesliga-Stars. Tausende Fans pilgerten in den Büdinger Stadtteil, das komplette Dorf stand Kopf. Dieser Glanz ist mittlerweile verblasst. Putz bröckelt von der Sportheimwand, Baumwurzeln zerstören die Auswechselbank-Kabinen. Und auf dem mittlerweile ungepflegten Grün rollte schon lange kein Ball mehr.

Zwischen 1986 und 1993 gaben hier Eintracht Frankfurt, Bayern Leverkusen, der 1. FC Köln und zweimal Schalke 04 ihre Visitenkarte ab. „Diese Freundschaftsspiele fädelte ich über die Sportschule Grünberg ein, weil viele Bundesligisten dort ihr Sommer-Trainingslager abhielten. Gegen die Eintracht traten wir mit einer heimischen Auswahlmannschaft an, die anderen Partien bestritt eine reine Calbacher Mannschaft“, erinnert sich Gunnar Bähr. Der damalige Vorsitzende konnte die Bundesligisten nach Calbach locken, „weil wir den besten Platz im ganzen Fußballkreis Büdingen hatten“. Der grüne Teppich entstand 1980, als ein neuer Platz oberhalb des alten Spielfeldes gebaut wurde. Drei Jahre später stand das neue Sportheim. „Die großen Vereine fühlten sich bei uns wohl. Und wir waren froh, diese Spieler und Trainer wie Udo Lattek kennenlernen zu dürfen“, sagt Bähr, der heute noch von der Begegnung mit Max Merkel als Zaungast während des Eintracht-Spiels und von der Rekordkulisse im ersten Spiel gegen Schalke 04 schwärmt. „Damals hatten wir 3 000 Zuschauer.“ Und vor allem die Kinder kamen dank Schalkes Kultbetreuer Charly Neumann voll auf ihre Kosten. „Wir gaben Charly einen Korb mit Hausmacher Wurst vom heimischen Metzger. Dafür öffnete er die Klappe vom Mannschaftsbus und versorgte die Kinder mit Wimpeln und Autogrammkarten“, so Bähr.

Auch der SV Calbach sorgte für zahlreiche Höhepunkte auf dem eigenen Platz, weil die größten Talente im eigenen Ort wohnten. „Wenn in Calbach ein Junge geboren wurde, konnte er Fußball spielen“, nennt Bähr den Hauptgrund für die erfolgreiche Zeit vor der Jahrtausendwende.

Nachdem der 1926 gegründete Klub 1974 die Spielgemeinschaft mit dem SV Orleshausen aufgelöst hatte, war er mehr als 20 Jahre mindestens in der höchsten Liga auf Kreisebene (heutige Kreisoberliga) vertreten. Udo Gerlach, Norbert Scholz, Dittmar Bähr, Thorsten Schamma, Thomas Schamma, Andreas Lenz, Hartwig Euler, Ingo Morton, Jörg Laumann und Co. holten 1978, 1989 und 1995 die Kreisoberliga-Meisterschaft, zweimal den Kreispokal und absolvierten mehrere hochkarätige Aufstiegsentscheidungsspiele – einmal sogar vor stattlichen 2 000 Zuschauern gegen Eintracht-Sportfreunde Windecken.

1996 stand der Klub in der Relegationsrunde zur Landesliga Süd. „Zu diesem Zeitpunkt wurde aber schon einiges an Geld gezahlt. Circa 1993 fing es mit dem Einkaufen von fremden Spielern an“, betont Bähr, der zu diesen Zeitpunkt nur noch Schriftführer des Vereins war. Größen wie Ex-Eintracht-Spieler Thomas Lauf, Goran Aleksic und der ehemalige jugoslawische Nationalspieler Nenad Salov trugen zu dieser Zeit das Calbacher Trikot.

„Das waren feine Jungs und starke Kicker. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie Salov einen Eckstoß treten wollte und in der Mitte keinen freien Mitspieler fand. Da verwandelte er den Eckball auf meinen Ratschlag hin einfach direkt“, erzählt Gunnar Bähr.

1997 war es mit der Calbacher Herrlichkeit wegen steuerlicher Probleme vorbei. Die Mannschaft wurde schließlich vom laufenden Spielbetrieb in der heutigen Gruppenliga Frankfurt Ost abgemeldet.

Jahre später feierte der SV ein kurzes Comeback in der untertesten Büdinger Spielklasse und ließ sich im Anschluss mit der SG 05 Büdingen ein. Nichts funktionierte. 2011 verschwand der SV Calbach endgültig von der Fußball-Landkarte. Auf dem alten Trainingsplatz versuchte sich zwischenzeitlich ein Football-Team. Auch die Kicker des SV Altwiedermus hielten dort vor ihrer Auflösung die eine oder andere Trainingseinheit ab. Auf dem Hauptrasen rollt aber schon lange kein Ball mehr. Foto: tf



Aufrufe: 013.7.2020, 15:07 Uhr
Kreis-AnzeigerAutor