2024-04-19T07:32:36.736Z

Spiel der Woche
Wieder zu spät: Cagrispor (grüne Trikots) fand gegen Schwaigs Defensive kein Rezept. Foto: Roland Fengler
Wieder zu spät: Cagrispor (grüne Trikots) fand gegen Schwaigs Defensive kein Rezept. Foto: Roland Fengler

Fußball unter erschwerten Bedingungen

Auch im direkten Vergleich zeigen der SV Schwaig und Cagrispor, warum ihnen in dieser Saison vieles so unerwartet schwerfällt

Die einen besiegten ihre Angst, die an­deren ein bisschen auch sich selbst: Zum Rückrundenauftakt der Bezirksli­ga gewann der SV Schwaig bei sei­nem Angstgegner Cagrispor nicht unverdient mit 1:0.

Wir legen uns fest: Einen schöneren Start in eine Rückrunde kann es nicht geben — solange wir nur vom Wetter reden. Zum Heimspiel von Cagrispor gegen den SV Schwaig präsentierte sich der Himmel in einem freundli­chen Blau. Die Sonne stand tief, hüllte Bäume in ein leuchtend gelb-rotes Kleid und wärmte die Zuschauer auf der Tartanbahn der Sportanlage in der Tillystraße. Sogar der eine oder andere Schmetterling flatterte an die­sem kaum novemberlichen November­tag über den Platz.

Sportlich gesehen blieb der Rück­rundenauftakt der Bezirksliga aller­dings doch einiges schuldig. Ganz aus­räumen konnte er die Zweifel, ob man diesen schönen Tag nicht auch besser hätte verbringen können, jedenfalls nie. Tabellarisch gesehen traf fußballe­rischer Durchschnitt aufeinander – der Tabellenelfte gegen den Neunten.

Fast schien es, als ob Cagri und Schwaig ihre mittelmäßigen Platzie­rungen spielerisch darzustellen ver­suchten — eine Art Eurythmie mit 22 ausgewachsenen Männern und einem Ball. Angriffe blieben Stückwerk, Chancen gab es selten bis gar nicht. Spielzüge endeten mit Ballverlusten oder im Seitenaus. Die Gäste standen tief und lauerten auf Konter, mit denen sie nur wenig anzufangen wussten. Und Cagri, das selbst gerne Konterfußball spielt, sah sich plötzlich in die Rolle des Spielge­stalters gedrängt, die diese Mann­schaft an diesem Tag überhaupt nicht auszufüllen vermochte.

Dass beide Teams dabei durchaus zu Höherem berufen sind, haben sie schon bewiesen. In der letzten Spiel­zeit mischten beide noch im oberen Drittel der Tabelle mit, firmierte Cagri gar als „heimliche Spitzenmann­schaft“ der Bezirksliga. Spitze ist das Team um Coach Yasin Sümer derzeit beileibe nicht, auch wenn Sümer seine Spieler „nur einen Tick“ von ihrem Topniveau entfernt sieht. Physisch und technisch sei alles da, sagte Sümer, was fehle, sei die Balance, ganz wie es auch in der Partie gegen Schwaig zu sehen war.

Manchmal zu lässig

Ein Fehler der in dieser Situation sehr konfusen Hintermannschaft – Keeper Bechloul faustete einen Flankenball vor die Füße des be­mitleidenswert einsamen Daniel Möl­ler, der nur noch einzuschieben brauchte – ging dem einzigen Tor des Spiels voraus. Der Ausgleich gelang nicht, weil Cagri zwar engagiert den Ball nach vorne trieb, aber eben auch uninspiriert, ohne Esprit und rechte Idee. Sümer: „Im Moment spielen wir so, wie die Gegner es haben wollen“ - ­in den entscheidenden Momenten zu lässig, dann wieder zu verbissen.

Als seine Spieler in den letzten zehn Minuten doch den Versuch unternah­men, die geballte Abwehr Schwaigs auszuspielen statt umzurennen, war es schon zu spät. Zwei, drei Schuss­chancen blieben ungenutzt, danach pfiff der Schiedsrichter ab. Zu diesem Zeitpunkt war der Gast­geber die bessere zweier mittelprächti­ger Mannschaften, aufgrund der klu­gen Abwehrarbeit gewann Schwaig aber nicht unverdient. Und das ausge­rechnet gegen Angstgegner Cagrispor, dem der SVS zuletzt zweimal mit 2:4 unterlegen war.

Bezwangen die Schwaiger also ihre eigene Angst? „Ich hoffe es“, sagte ihr gutgelaunter Trainer Tomas di Stasio, der wie zuletzt mit einer Rumpfelf angetreten war. Einer Elf, die Verletzungssorgen plagen und die deshalb ganz bewusst darauf verzichtete, das Spiel machen zu wollen. Für die Zuschauer mag die abwartende Taktik reichlich unan­sehnlich gewesen sein, für Di Stasio war sie das Mittel der Wahl, den Nega­tivtrend der vergangenen Wochen zu stoppen. Das Spiel gegen Cagri wurde so zum Signal, dass Schwaig auch unter erschwerten Bedingungen erfolgreichen Bezirksligafußball spie­len kann.

Auf der Gegenseite hofft Yasin Sümer derweil auf einen schönen Restherbst, und das nicht nur in meteorologischer Sicht: Vier Spiele stehen bis zur Winterpause an, vier Spiele, in denen Cagrispor beweisen will, dass der derzeitige Tabellen­stand nur eine Momentaufnahme ist. Zwar sei nur der Klassenerhalt das Ziel, betonte Sümer, das Potenzial für mehr sei aber da. „Schau dir Borussia Dortmund an“, sagte Sümer noch, „die stehen auch ganz unten.“ Sie werden dort kaum bleiben, das weiß Sümer, und wie das prominente Beispiel aus der Bundesliga soll sich auch Cagrispor wieder nach oben orientieren. Am besten noch in diesem Jahr.

Aufrufe: 04.11.2014, 13:41 Uhr
Marco SchrageAutor