Wir legen uns fest: Einen schöneren Start in eine Rückrunde kann es nicht geben — solange wir nur vom Wetter reden. Zum Heimspiel von Cagrispor gegen den SV Schwaig präsentierte sich der Himmel in einem freundlichen Blau. Die Sonne stand tief, hüllte Bäume in ein leuchtend gelb-rotes Kleid und wärmte die Zuschauer auf der Tartanbahn der Sportanlage in der Tillystraße. Sogar der eine oder andere Schmetterling flatterte an diesem kaum novemberlichen Novembertag über den Platz.
Sportlich gesehen blieb der Rückrundenauftakt der Bezirksliga allerdings doch einiges schuldig. Ganz ausräumen konnte er die Zweifel, ob man diesen schönen Tag nicht auch besser hätte verbringen können, jedenfalls nie. Tabellarisch gesehen traf fußballerischer Durchschnitt aufeinander – der Tabellenelfte gegen den Neunten.
Fast schien es, als ob Cagri und Schwaig ihre mittelmäßigen Platzierungen spielerisch darzustellen versuchten — eine Art Eurythmie mit 22 ausgewachsenen Männern und einem Ball. Angriffe blieben Stückwerk, Chancen gab es selten bis gar nicht. Spielzüge endeten mit Ballverlusten oder im Seitenaus. Die Gäste standen tief und lauerten auf Konter, mit denen sie nur wenig anzufangen wussten. Und Cagri, das selbst gerne Konterfußball spielt, sah sich plötzlich in die Rolle des Spielgestalters gedrängt, die diese Mannschaft an diesem Tag überhaupt nicht auszufüllen vermochte.
Dass beide Teams dabei durchaus zu Höherem berufen sind, haben sie schon bewiesen. In der letzten Spielzeit mischten beide noch im oberen Drittel der Tabelle mit, firmierte Cagri gar als „heimliche Spitzenmannschaft“ der Bezirksliga. Spitze ist das Team um Coach Yasin Sümer derzeit beileibe nicht, auch wenn Sümer seine Spieler „nur einen Tick“ von ihrem Topniveau entfernt sieht. Physisch und technisch sei alles da, sagte Sümer, was fehle, sei die Balance, ganz wie es auch in der Partie gegen Schwaig zu sehen war.
Ein Fehler der in dieser Situation sehr konfusen Hintermannschaft – Keeper Bechloul faustete einen Flankenball vor die Füße des bemitleidenswert einsamen Daniel Möller, der nur noch einzuschieben brauchte – ging dem einzigen Tor des Spiels voraus. Der Ausgleich gelang nicht, weil Cagri zwar engagiert den Ball nach vorne trieb, aber eben auch uninspiriert, ohne Esprit und rechte Idee. Sümer: „Im Moment spielen wir so, wie die Gegner es haben wollen“ - in den entscheidenden Momenten zu lässig, dann wieder zu verbissen.
Als seine Spieler in den letzten zehn Minuten doch den Versuch unternahmen, die geballte Abwehr Schwaigs auszuspielen statt umzurennen, war es schon zu spät. Zwei, drei Schusschancen blieben ungenutzt, danach pfiff der Schiedsrichter ab. Zu diesem Zeitpunkt war der Gastgeber die bessere zweier mittelprächtiger Mannschaften, aufgrund der klugen Abwehrarbeit gewann Schwaig aber nicht unverdient. Und das ausgerechnet gegen Angstgegner Cagrispor, dem der SVS zuletzt zweimal mit 2:4 unterlegen war.
Bezwangen die Schwaiger also ihre eigene Angst? „Ich hoffe es“, sagte ihr gutgelaunter Trainer Tomas di Stasio, der wie zuletzt mit einer Rumpfelf angetreten war. Einer Elf, die Verletzungssorgen plagen und die deshalb ganz bewusst darauf verzichtete, das Spiel machen zu wollen. Für die Zuschauer mag die abwartende Taktik reichlich unansehnlich gewesen sein, für Di Stasio war sie das Mittel der Wahl, den Negativtrend der vergangenen Wochen zu stoppen. Das Spiel gegen Cagri wurde so zum Signal, dass Schwaig auch unter erschwerten Bedingungen erfolgreichen Bezirksligafußball spielen kann.
Auf der Gegenseite hofft Yasin Sümer derweil auf einen schönen Restherbst, und das nicht nur in meteorologischer Sicht: Vier Spiele stehen bis zur Winterpause an, vier Spiele, in denen Cagrispor beweisen will, dass der derzeitige Tabellenstand nur eine Momentaufnahme ist. Zwar sei nur der Klassenerhalt das Ziel, betonte Sümer, das Potenzial für mehr sei aber da. „Schau dir Borussia Dortmund an“, sagte Sümer noch, „die stehen auch ganz unten.“ Sie werden dort kaum bleiben, das weiß Sümer, und wie das prominente Beispiel aus der Bundesliga soll sich auch Cagrispor wieder nach oben orientieren. Am besten noch in diesem Jahr.