2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines

In Holt sind sie alle ein bisschen loco

Das FuPa-Matchday-Feature: Der BV Grün-Weiß Holt II ist auch bekannt als die "Holter Locos". Der C-Ligist wurde aus Freundschaft gegründet und hat mittlerweile einen Hype ausgelöst - mit seiner eigenen Merchandise-Kollektion.

Fußball und Social Media gehören mittlerweile eng zusammen. Profis nutzen Instagram und Co., um sich selbst zu präsentieren, zu vermarkten und die Fans mit lustigem Content zu unterhalten. Mittlerweile ziehen auch sämtliche Amateurvereine nach. Und wer sich beim Swippen am Niederrhein erwischt, kommt an den Holter Locos fast nicht mehr vorbei. Das FuPa-Matchday-Feature beschäftigt sich mit einem Team, das aus einer Erkenntnis eine Philosophie entwickelt und anschließend eine Merchandise-Kollektion veröffentlicht hat.

Freundschaft als Ursprung

Jede Geschichte beginnt mit einer Idee. In der Kreisliga ist es oftmals so, dass langjährige Freunde den Plan verfolgen, endlich oder nochmal zusammenzukicken. Das ist bei der ehemals dritten und nun zweiten Mannschaft des BV Grün-Weiß nicht anders. "Marco Schaaf, seiner Zeit Sportlicher Leiter, und ich haben jahrelang getextet und dann den Plan irgendwann in die Tat umgesetzt", erzählt Marco Sommer. Er ist Spielertrainer und Treibkraft der Locos. "Meine engsten und besten Freunde sind mit mir nach Holt gekommen. Wir stehen seit Kindheitstagen immer in Kontakt und so sind wir mittlerweile eine Truppe, die nur aus Freunden besteht."

Die Kameradschaft war der ausschlaggebende Faktor, doch die Amateurkicker wollten mehr - viel mehr. "Wir brauchten unbedingt einen Spitznamen", erzählt der Coach weiter, "da wir alle ein bisschen verrückt sind." Und irgendwie fiel die Wahl auf "loco", was auf spanisch eben verrückt bedeutet. Die "Holter Locos" war dann einfach nur naheliegend.

Und dann wurde ein Spieler selbstständig

Irgendwann kam dann der Impuls, dass sich das "Trend-Tier" Alpaka für ein Wappen prima eignen würde. Stephan Wilske, der im Grafik- und Homepage-Design zuhause ist, entwickelte das Loco-Logo - und dann ging es ganz schnell. "Wir haben einfach viele Sachen für uns selber besorgt. Hoodies, Trikots und sowas", erzählt der 28-jährige Sommer. "Ich habe bei unserem Sportbekleidungsgeschäft nachgefragt, ob sie unser Logo auf die Klamotten drucken können." Und dann ging es eigentlich ganz schnell.

Die ersten Anfragen von Familien und Eltern kamen rein, immer mehr Personen waren mit Holt-Merchandise zu sehen. Als dann auch noch Fremde ihr Interesse bekundet haben, hatte Wilske eine innovative Idee. "Wie es der Zufall wollte, hatte Stephan Lust auf etwas Neues und hat sich dann kurzer Hand selbstständig gemacht", berichtet Sommer voller Begeisterung. "Das ist eine unfassbar geile Geschichte!"

Aus einer vielleicht zunächst gedachten Schnapsidee ist die Firma Theotherprint geworden. Wilske hat gemeinsamen mit seinen Mitspielern diverse Sachen entworfen: Shirts, Hosen, Socken, Rucksäcke und natürlich den Hoodie (hier gibt es den Überblick). Der läuft am besten und kostet schlanke 25 Euro. Das stößt auf Begeisterung. "Auf uns reagieren alle sehr positiv. Im Verein, unsere Gegner oder auch andere Mannschaften haben sich schon gemeldet und werden jetzt zeitnah auf den Zug aufspringen", schildert der Coach, der ebenfalls als Ansprechpartner hilft. Auch Wilske ist vom Feedback total überrascht. "Um ehrlich zu sein", holt er aus, "haben wir anfangs gar nicht damit gerechnet, dass es so die Wellen schlagen wird. Denn welche Kreisliga-Mannschaft hat schon ihre eigene Streetwear-Brand, die von der Qualität vergleichbar mit Marktführern ist? Wir bekommen zurzeit so viele Bestellungen rein, dass in Kürze ein Onlineshop folgen wird."

Der Autor hat erst am Abend, bevor er diesen Text schreibt, in seinen Insta-Stories gesehen, dass ein Mitspieler die Socken der Locos beim Training getragen hat - rund 100 Kilometer entfernt, ohne Verbindung zum BV Grün-Weiß Holt. "Auch Freude, die weiter weg wohnen, bestellen sich unser Zeug und posten Bilder", erklärt Sommer den durchaus ausgebrochenen Hype. Als nächster Klub soll wohl der TuS Grevenbroich seinen eigenen Entwurf bei Wilske umsetzen.

Nie ohne mein Team

Während andere Vereine mitunter Schwierigkeiten haben, helfende Hände zu finden, zählt das Anpacken bei der Zweitvertretung zum Selbstverständnis. Das sei mitunter auch logisch, meint der Kopf der Truppe weiter: "Wir haben keine Außenstehenden, die bei uns reinfunken. Wir leiten alles selber, weil wir ein Haufen voller Freunde sind!" Und die Harmonie außerhalb des Platzes ist die Grundlage von allem, was seit gut anderthalb Jahren im Rönneter passiert.

"Wir sind mit so viel Herzblut dabei, weil wir uns halt schon über Jahre kennen. Das ist für Außenstehende vielleicht nicht immer ganz zu verstehen, aber wir machen privat rund um die Uhr etwas zusammen, wir feiern zusammen, wir fliegen zusammen in den Urlaub und waren zum Beispiel mit 26 Spielern auf Mallorca", sagt Sommer über den Jugendverein von Jupp Heynckes, der nicht nur medial seine Renaissance erlebt.

Aufstiegsfeier mit Loco-Song?

Die erste Mannschaft ist in der vergangenen Saison aus der Kreisliga A abgestiegen und mischt nun wieder oben mit. Konkreter sieht es bei den Locos aus - die rangieren in der Qualifikationsgruppe 4 zur Meisterrunde der C-Klasse auf dem ersten Platz. "Wir hatten bis Sommer sportlich zumindest eine kleine Findungsphase, zudem mussten noch einige Kicker oben aushelfen, doch jetzt sind wir im zweiten Jahr", führt der Spielertrainer und Kapitän in Personalunion aus. "Wir nehmen mit, was kommt, und geben Vollgas."

Auf die Vision für 2020 angesprochen, hat Sommer ein klares Ziel vor Augen. Ob sich dieser Traum eins zu eins umsetzen lässt, bleibt abzuwarten, aber diesem verrückten Haufen ist eine Menge zuzutrauen. Sommers Traumschlagzeile lautet: "Die bekloppten Locos haben es geschafft und sind aufgestiegen. Sie haben die Kaiser-Friedrich-Halle gebucht und singen tanzend mit Familie und Freunden den neuen Loco-Song - im Loco-Trikot mit Alpakas und im Unterhöschen!"

Vorbild für andere Vereine

Wer sich etwas länger mit den Holter Locos beschäftigt, merkt schnell, dass hier richtige Kreisliga-Legenden am Start sind. Verrückt sind sie allemal, denn Schnapsideen hatten schon viele Spieler - nur die wenigsten haben bislang Taten folgen lassen. Somit darf die (noch) Kreisliga-C-Mannschaft durchaus als Inspiration für andere Klubs gelten, sei es nur wegen einer Tatsache: Nach den Spielen ist es Pflicht, mindestens eine halbe Stunde vor Ort zu bleiben, um an der Geselligkeit teilzuhaben.

Anderenorts verschwinden die Akteure fluchtartig aus die Kabinen, um andere Interessen wahrzunehmen. Ein Umstand, der unter anderem dafür sorgt, dass immer mehr Klubs aussterben, aber davon sind die Holter Locos um Spielertrainer und Initiator Marco Sommer weit entfernt. Von Pflicht, nach einem Match noch bei den eigenen Mitspielern zu bleiben, kann hier keine Rede mehr sein - und das ist schön so.


Das FuPa-Matchday-Feature soll ein regelmäßiges Format werden. Wir wollen über besondere Geschichten am Niederrhein berichten. Habt ihr etwas zu erzählen, meldet euch gerne bei uns per E-Mail: fupa@rp-digital.de.

Aufrufe: 030.11.2019, 18:00 Uhr
André NückelAutor