Intensivmediziner haben einen Vorschlag entwickelt, wie trotz des Lockdowns und scharfer Kontaktbeschränkungen Fußballstadien unter Hygieneauflagen und Studienbedingungen für Fans geöffnet werden könnten. Hintergrund ist die Forderung, mehr aussagekräftige wissenschaftliche Daten über das Infektionsrisiko bei Großveranstaltungen zu bekommen.
Seit Beginn der Pandemie diskutieren Politik, Sportfunktionäre und Fußballfans besonders hitzig über Beschränkungen bei Fußballspielen. Derzeit finden alle Spiele der Bundesliga ohne Zuschauer in den Stadien statt. Führende Intensivmediziner schlagen nun vor, unter sehr kontrollierten Studienbedingungen mit genauer Überprüfung der Zuschauer und einem strengen Hygienekonzept maximal die Hälfte der Sitzplätze mit Fans zu besetzen.
Fußballbegeisterte könnten so wieder ins Stadion, und Wissenschaftler könnten Erkenntnisse gewinnen, welche Hygienekonzepte funktionieren, um Veranstaltungen auch in Pandemiezeiten zu ermöglichen. „Obwohl wir seit mehr als einem Jahr mit der Corona-Krise zu kämpfen haben, gibt es noch immer keine validen Daten zum Infektionsrisiko bei Großveranstaltungen“, sagt Christian Karagiannidis, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin. „Wir haben uns deswegen Gedanken für einen sicheren Studienaufbau unter realen Bedingungen gemacht.“ Stadien würden sich hervorragend eignen, um Testläufe auch für andere Veranstaltungsorte durchzuführen, so Karagiannidis.
Er schlägt konkret vor, maximal die Hälfte der Sitzplatzkapazitäten für Besucher unter strengen Studienbedingungen und Hygienekonzepten freizugeben. „Bei allen Masken tragenden Zuschauern wird vor dem Zutritt zum Stadion die Temperatur kontaktlos gemessen. Wer eine höhere Körpertemperatur als 38 Grad Celsius hat, muss umkehren. Anschließend bekommen die Personen mit unauffälliger Temperatur einen Schnelltest und einen PCR-Test per Abstrich“, erläutert Karagiannidis. Bei einem positiven Schnelltest erfolgt eine sofortige Quarantäne des Betroffenen. Die Ergebnisse der Tests sollen im Nachhinein vergleichen werden, so der Intensivmediziner.
Innerhalb des Stadions sollen die Zuschauer aufgeteilt werden: „Ein Sitzblock bekommt durchgehend FFP2-Masken, ein anderer Block den etwas einfacheren medizinischen Mund-Nasen-Schutz, dessen Schutz aber auch sehr effektiv ist“, sagt Karagiannidis. Zudem würde vor den Rängen die Lautstärke gemessen, um Fangesänge in die Datenanalyse einfließen lassen zu können. Alle Zuschauer müssten sich bereit erklären, drei Tage nach dem Stadionbesuch wieder einen PCR-Test machen zu lassen, so Karagiannidis, der als leitender Oberarzt an der Lungenklinik in Köln-Merheim tätig ist.