„Wettmanipulation findet in der Kreis-, Bezirks- und auch in der Landesliga statt“, sagt Bahrs. Zwar säßen die Drahtzieher häufig nicht in Deutschland. „Aber zum Beispiel in Asien können Betrüger auf so ziemlich jedes Spiel setzen“, erklärt er. Der Polizist will Trainer, Spieler und Schiedsrichter dafür sensibilisieren. Deshalb reist er quer durch die Republik. Er hält Vorträge vor Nachwuchskickern, Unparteiischen und Vereinsfunktionären. Er berichtet von seinen Erlebnissen, von Fahndungserfolgen aber auch von Schwierigkeiten in seinen Ermittlungen. Dass der Bochumer als Experte im Kampf gegen Wettmanipulationen gilt, ist einem Zufall zu verdanken.
Bahrs und seine Kollegen ermittelten im Frühjahr 2009 ursprünglich im Rotlicht-Milieu, als sie auf ungewöhnliche Aktivitäten stießen: Drei- bis vierhunderttausend Euro setzten Kriminelle auf einzelne Spiele. Ungewöhnlich für Gangster, die ihr Geld eigentlich mit Drogen und Prostitution verdienen. „Damals war uns das Ausmaß des Themas noch gar nicht bewusst“, sagt Bahrs. Er selbst habe zuvor nie etwas mit Sportwetten am Hut gehabt: „Das Vokabular war mir völlig fremd.“
Das ist heute anders: Mit Geduld und Akribie eignete sich der engagierte Kommissar sein Wissen an. Nun fliegt er um die Welt. In seinem Handy sind nicht nur Nummern von Freunden eingespeichert – auch zu Ganoven hält er den Kontakt. Häufig melden sich Kollegen bei Bahrs, um seine Meinung zu hören. Doch wie läuft das eigentlich ab, die Manipulation eines Spiels?
„Die Ganoven gehen unglaublich clever an die Sache heran, stellen sich als Spielerberater vor, locken mit teuren Autos und einem Luxusleben, laden zu spannenden Bundesligaspielen ein“, sagt Bahrs. Häufig erkennen Kriminelle am Lebenswandel eines Sportlers, ob er anfällig ist oder nicht: Ist er selbst ein Zocker? Gibt es im Umfeld des Spielers etwas, das ihn erpressbar macht? „Hat die Mafia den Sportler am Haken, lässt sie nicht mehr los“, sagt Bahrs.
Deshalb rät der Familienvater auch dazu, keine Zusagen zu erteilen, sofort den Verein oder die Polizei zu informieren, sobald ein Krimineller den Kontakt aufnimmt. Weil Bahrs glühender HSV-Anhänger ist, ist es nicht immer leicht, Berufliches und Privates zu trennen. „Vor allem am Anfang litt ich unter Verfolgungswahn“, gibt Bahrs zu. „Fehlentscheidungen des Schiedsrichters oder Fehler von Spielern auf dem Feld haben nicht immer gleich was mit Betrug zu tun“, ergänzt der Mann aus dem Ruhrgebiet.
„Nicht jedes Spiel ist manipuliert, nicht jeder Mensch ist böse“, sagt er. Und weil der Kripo-Beamte das verinnerlicht hat, kann er den 1:0-Erfolg der Elbstädter über Dynamo Dresden auch einfach genießen. Und das, obwohl Dresdens Schlussmann beim HSV-Treffer patzte.