2024-04-30T13:48:59.170Z

FuPa Portrait
Für den Fotografen macht Dietmar Strauch mal eine seiner eher seltenen Pausen. Ansonsten ist der 58-Jährige fast ständig auf Achse. Egal, ob im Riesaer Fanshop oder als Zeugwart der Stahl-Kicker. Foto: Sebastian Schultz
Für den Fotografen macht Dietmar Strauch mal eine seiner eher seltenen Pausen. Ansonsten ist der 58-Jährige fast ständig auf Achse. Egal, ob im Riesaer Fanshop oder als Zeugwart der Stahl-Kicker. Foto: Sebastian Schultz

Mit dem Herzen dabei

Diddi Strauch ist die gute Seele bei Stahl Riesa. Er gehört zu den Ersten im Stadion und zu den Letzten, die es verlassen.

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Diese Momente wird Dietmar Strauch sein Lebtag nicht vergessen. Vor ein paar Jahren hatte er nach einer Herzklappenoperation erstmals wieder ein Heimspiel von Stahl Riesa besucht. Die Mannschaft, die damals noch von Trainer Ron Bößneck geleitet wurde, wusste, dass Diddi Strauch in der Nudelarena ist. Als das erste Tor für Riesa fällt, rennt die Mannschaft zur Auswechselbank, in der Hoffnung, ihn dort zu sehen, um ihm den Treffer zu widmen. Doch der wiedergenesene Fanshop-Betreuer sitzt auf der anderen Stadionseite vorm Sprecherturm und beobachtet verdutzt die Szene von dort.

„Die rannten rum, wie ein paar aufgescheuchte Hühner“, erinnert er sich lachend. In der Halbzeitpause kam dann Bößneck auf ihn zu und bat ihn, auf der Spielerbank Platz zu nehmen. Als dann nach dem Wiederanpfiff das zweite Riesaer Tor fiel, liefen alle Stahl-Spieler auf ihn zu und umarmten ihn, als hätte er das Tor geschossen. „Das war so beeindruckend“, sagt Diddi Strauch schluchzend. „So was bleibt für immer.“

Jetzt erhielt der 58-Jährige auch offizielle Anerkennung. Werner Goße vom Kreisverband Fußball Meißen überreichte ihm eine DFB-Uhr, mit der der Deutsche Fußball-Bund das ehrenamtliche Engagement in Vereinen auszeichnet. „Damit habe ich nicht gerechnet“, sagt Diddi Strauch und fügt bescheiden hinzu: „Das haben auch viele andere bei der BSG verdient.“ Mit ihm wurden deshalb auch Mannschaftsleiter Sebastian Schwurack und der langjährige Nachwuchstrainer Thomas Grimmer ausgezeichnet.

Doch Diddi Strauch ist schon ein ganz besonderes Mitglied bei der BSG Stahl Riesa. Seit Ende der 1970er Jahre hat er, wenn es Beruf und Gesundheit zuließen, kein Heimspiel verpasst hat. „Stahl Riesa ist mein einziges richtiges Hobby“, sagt er selbst.

Schon beim 2003 insolvent gegangenen FC Stahl Riesa 98 betreute er den Fanshop. Heute ist er außerdem Zeugwart der ersten Mannschaft. Koffer packen, Bälle mitnehmen, Getränkeflaschen auffüllen, die Liege für den Masseur einladen… Das und noch vieles mehr gehört seit der letzten Saison zu seinen neuen Aufgaben. Er gehört zu den Ersten im Stadion und zu den Letzten, die es verlassen. Meist trifft er sich eine Stunde, bevor die Spieler kommen, mit Mannschaftsleiter Sebastian Schwurack. „Der Tag ist weg. Aber ich mach es gern“, so Strauch. Seine Frau zeigt dafür viel Verständnis. „Sie hat mich so kennengelernt“, erzählt er. „Sie weiß, wenn Fußball ist, dass ich sonnabends nicht am Kaffeetisch sitze.“

Autogrammkarte von Claus Boden

Mittlerweile hat er sie mit seiner Leidenschaft für den Stahlwerkerverein so sehr angesteckt, dass sie ihn bei Heimspielen im Fanshop unterstützt. Dort gibt es vieles, was das Riesaer Fanherz begehrt: Triktos, Wimpel, Autogrammkarten, Aufkleber, Anstecker, Feuerzeuge, Einkaufsbeutel, Badetücher, Regenschirme und natürlich Fanschals. „Für die Landesliga ist das Angebot schon ziemlich groß“, sagt Diddi Strauch.

Er selbst sammelt alles, was mit Stahl Riesa zu tun hat. Der 58-Jährige besitzt alle Mannschaftsfotos seit der ersten Riesaer DDR-Oberliga-Mannschaft 1968. Dazu noch zahlreiche Autogrammkarten. Darunter sind echte Raritäten wie die von Torhüter Claus Boden oder von Frank Lieberam. Letzterer spielte nur eine Saison in Riesa, wurde hier Erstliga-Stammspieler und empfahl sich als Libero der DDR-Olympiamannschaft – und wechselte danach zu Dynamo Dresden.

Namen aus großen Zeiten, an die sich noch viele Riesaer Fans, zumindest die älteren, gern zurückerinnern. Nun klopft die BSG wieder an die Oberliga-Tür. Doch im Gegenteil zu damals ist es nicht die erste, sondern die fünfte Liga. Unter Spielern, Trainern und Fans gilt sie wegen der längeren Fahrstrecken und einigen zweiten Mannschaften als unattraktiv. „Doch wenn der Oberliga-Aufstieg schon in dieser Saison kommt, nehmen wir ihn mit“, sagt Diddi Strauch. „Wenn nicht, ist es auch nicht so schlimm.“

Er persönlich sei auch mit dem zweiten oder dritten Platz in der Landesliga zufrieden. Das wäre eine Verbesserung zum überraschenden Vorjahresergebnis (Rang vier). Für die Zukunft könnte er sich schon vorstellen, dass es die BSG Stahl Riesa bis in die Regionalliga schafft. „Aber nicht in den nächsten drei, vier Jahren“, so Strauch. „Das glaube ich nicht.“

Aufrufe: 027.12.2015, 21:59 Uhr
SZ / Jörg RichterAutor