2024-04-25T10:27:22.981Z

Querpass
F: Schmietow
F: Schmietow

Bekommt Bremerhaven noch einen Kunstrasenplatz?

Mit dem TSV Wulsdorf, FC Sparta und SFL Bremerhaven haben drei Vereine Interesse

Noch ist nicht geklärt, ob im nächsten Haushalt der Seestadt überhaupt Geld für den Bau eines Kunstrasenplatzes vorhanden sein wird – doch die Interessenten stehen bereits Schlange. Mit SFL Bremerhaven, dem FC Sparta und der TSV Wulsdorf melden drei Vereine Ansprüche an.

Der Reiz eines Kunstrasenplatzes ist es, dass darauf ganzjährig Fußball gespielt werden kann. SFL, Sparta und Wulsdorf müssen damit leben, dass ihre Mannschaften im Winter „auf Schlacke“ üben müssen – die Rasenplätze sind vom 1. November bis 31. März für den Trainingsbetrieb gesperrt. Darauf lassen sich immer weniger Kicker wegen des höheren Verletzungsrisikos ein, zumal es mit dem OSC Bremerhaven, der Leher TS, TuSpo Surheide und in Kürze dem ESC Geeste münde vier Vereine gibt, die Kunstrasen und damit mehr Komfort bieten können. „Ich habe früher selbst viel gespielt und nur selten auf Rasen“, weiß Wulsdorfs erster Vorsitzender Walter Buth um die gestiegenen Ansprüche. Ein Kunstrasenplatz sei heutzutage nötig, um die Mitglieder bei der Stange zu halten. „Wir haben mit Surheide einen Konkurrenten in der Nähe, der das bieten kann“, sagt Buth.

Deshalb haben sich die Wulsdorfer dazu entschlossen, ihren Hut beim Thema Kunstrasenplatz in den Ring zu werfen. „Von der Lage und der Größe her müssten wir einen Kunstrasen haben“, findet Buth, dass „der Stadtsüden mal dran wäre“. Für die knapp 1200 Mitglieder zählende TSV wäre es ein Kraftakt, den von der Stadt geforderten Eigenanteil an den Investitionskosten zu stemmen. „Wir haben keine Rücklagen“, erklärt Buth. 75 000 Euro müsste der Verein zu den geschätzten Kosten von 500 000 Euro wohl beisteuern – daher sei man auf zinslose Darlehen und Sponsoren angewiesen. Die Idee, die 400 TSV-Fußballer über einen erhöhten Mitgliedsbeitrag an der Finanzierung zu beteiligen, lehnt der erste Vorsitzende ab: „Wir sind eine Solidargemeinschaft.“

Investition in die Zukunft

Auch in Leherheide wirbt der SFL-Vorstand mit guten Argumenten für den Bau eines Kunstrasenplatzes und hat dafür sogar vom Landschaftsarchitekten Lüder Hoppe eine Machbarkeitsstudie anfertigen lassen. „Als zweitgrößter Verein in Bremerhaven ist es unser Interesse, Investitionen in die Zukunft vorzunehmen“, erklärt der zweite Vorsitzende Frank Schildt mit Blick darauf, dass in der „Heidjer-Arena“ am Mecklenburger Weg auch ein Beachvolleyball-Feld und eine Außenanlage für Bogenschützen entstehen soll.

Wie in Wulsdorf ist auch in Leherheide geplant, den vorhandenen Grandplatz in ein Kunstrasenspielfeld umzubauen. Damit würden sich die Trainingsmöglichkeiten der wachsenden Fußball-Abteilung deutlich verbessern. Zudem verweist SFL darauf, dass man mit der erfolgreichen ersten Herrenmannschaft und als Partner des Jugendfördervereins (JFV) Bremerhaven auch im Leistungssport engagiert ist.

Die Machbarkeitsstudie beantwortet auch die Frage, wie SFL den Eigenanteil aufbringen könnte. Über Darlehen, Eigenleistungen beim Bau und Rasen-Patenschaften ab 50 Euro sollen 100 000 Euro zusammenkommen. „Wir haben unsere Unterlagen beisammen und sind guten Mutes. Den Eigenanteil haben wir solide durchgerechnet. Wir machen kein Harakiri und können das unseren Mitgliedern gegenüber verantworten“, betont Schildt, der auch Vorsitzender des Kreissportbundes Bremerhaven (KSB) ist.

Wenn es allein um die älteren Rechte ginge, hätte der FC Sparta die besten Karten. Der Sparta-Vorsitzende Michael Söhlke erinnert daran, dass sich die CDU-Fraktion bereits 2012 für einen Kunstrasenplatz an der Pestalozzistraße eingesetzt habe. Ein ganzjährig nutzbares Spielfeld sei notwendig, um gegenüber den Vereinen aus der Stadt Bremen leistungsmäßig nicht weiter ins Hintertreffen zu geraten. Darüber hinaus führt Söhlke das soziale Engagement in Lehe an: „Der Stadtteil ist geprägt von hoher Arbeitslosigkeit und Kinderarmut. Wir wollen den Bewohnern weiterhin Möglichkeiten geben, im Verein Sport zu treiben.“

Haushalt gibt nichts her

Torsten Neuhoff (CDU) dämpft bei allem Verständnis für die Vereine die Hoffnungen. „Wir werden aus unserem Haushalt keine Mittel für einen Kunstrasenplatz herauspressen können“, erklärt der Sportdezernent. In den aktuellen Haushaltsberatungen seien noch einige Millionenlöcher zu stopfen. Das Sportamt habe zwar in den Mehrbedarfen für den Doppelhaushalt 2016/2017 Kosten für einen Kunstrasenplatz aufgenommen – dass dies durchgewinkt werde, sei aber unrealistisch. Zudem gäbe es noch keine genauen Angaben darüber, was ein Kunstrasenplatz bei SFL, Sparta oder in Wulsdorf kosten würde. „Wir müssen die Kirche im Dorf lassen“, rät Neuhoff.

Eine Hintertür gibt es aber – die Koalition aus SPD und CDU steht dazu, dass Erlöse aus dem Verkauf nicht mehr benötigter Sportstätten für Investitionen zur Verfügung gestellt werden sollen. Neuhoff schlägt vor, dass die bei der Erstellung des Sportstättenentwicklungsplans gegründete Arbeitsgruppe eine Prioritätenliste verfasst, welcher Verein zum Zuge kommen soll. Dabei seien Kriterien wie Ligenzugehörigkeit, Zahl der Mannschaften, finanzielle Situation und soziales Engagement zu bewerten.

Standpunkt von Dietmar Rose, Sportredakteur der Nordsee-Zeitung:

Kunstrasenplätze trennen die Spreu vom Weizen. Wer einen hat, kann mit besseren Trainingsbedingungen für sich werben und mehr Mannschaften gründen, weil die Auslastung höher ist – das rechtfertigt den finanziellen Kraftakt, der mit dem Bau verbunden ist. Wer keinen hat, holt sich im Winter Narben auf dem Grandplatz oder muss das Training gleich ganz ausfallen lassen. Kein Wunder also, dass SFL, der FC Sparta und die TSV Wulsdorf zum Kreis der Kunstrasenplatz-Besitzer aufschließen wollen. Angesichts der Haushaltsnotlage der Seestadt wird es jedoch Jahre dauern, bis sich die Wünsche erfüllen lassen. Im Doppelhaushalt 2016/2017 wird es dafür voraussichtlich kein Geld geben. Das ist nachvollziehbar, weil der Sport mit anderen, nicht weniger wichtigen Bereichen konkurrieren muss. Es ist aber auch ein Jammer – in der Stadt Bremen sind Kunstrasenplätze Standard.

Hier gibt es in Bremerhaven schon einen Kunstrasenplatz:

Der OSC Bremerhaven war 2006 der erste Verein in der Seestadt, der einen Kunstrasenplatz bekam. Neben den Fußballern wird der Platz von den American Footballern der Seahawks genutzt.

Bereits 2007 zog mit der Leher Turnerschaft ein weiterer Verein aus dem Norden der Seestadt nach. Der Club aus dem Speckenbütteler Park hat ebenso wie der OSC seine Stärken in der Jugendarbeit.
Als dritter Verein folgte 2009
TuSpo Surheide. Auch in Surheide wurde ein maroder Grandplatz in einen Kunstrasenplatz umgewandelt.

Zur kommenden Saison wird zudem der ESC Geestemünde im Bürgerpark über einen Kunstrasenplatz verfügen. Dafür soll der Platz des ehemaligen ESV Bremerhaven, der neben den Freien Turnern Geestemünde im ESC aufgegangen ist, als Bauland genutzt werden

Aufrufe: 09.4.2016, 18:00 Uhr
Nordsee-Zeitung / Dietmar RoseAutor