Donnerstagnacht, 23.15 Uhr in der Bonner Maxstraße. Joran Sobiech schlendert Richtung Bahnhof. Der aktuell verletzte Innenverteidiger des Bonner Fußball-Regionalligisten trägt das Pokalsiegershirt. „Bonner SC – Mittelrhein-Pokalsieger 2017“ ist darauf in goldenen Lettern zu lesen. Übergestreift hatten die BSC-Spieler ihre Shirts vor der proppenvollen Tribüne im Sportpark Nord wenige Minuten nach dem 1:0-(0:0)-Sieg im Mittelrheinpokal-Finale gegen den Drittligisten Fortuna Köln.
„Endlich“, sagte BSC-Betreuer Guido Holt, der bislang mit dem BSC nur Finalniederlagen erlebt hatte – gegen Germania Dattenfeld und vor zwei Jahren gegen Viktoria Köln. „Endlich tanzen wir auf drei Hochzeiten“, ergänzte Thomas Schmitz, natürlich auch mit dem mittlerweile bierdurchtränkten Siegershirt ausgestattet. „Meisterschaft, Mittelrheinpokal und DFB-Pokal“, zählt der BSC-Sportdirektor auf. Dario Schumacher, von den Journalisten nach dem Spiel zum „Man oft he Match“ gekürt, hatte mit seinem Tor in der 56. Minute das Tor zur 1. DFB-Pokalrunde aufgestoßen und damit den Sportpark in ein Meer jubelnder BSC-Anhänger verwandelt.
Dem favorisierten Drittligisten blieb dagegen nur der gefürchtete Gang durch das Spalier der Sieger. Alfred Vianden, Präsident des Fußballverbands Mittelrhein (FVM), hatte dann auch Mitleid mit dem Verlierer. „Fortuna hat in diesem Stadion offenbar kein Glück.“ Im letzten Jahr hatte die Elf des sportlich fair reagierenden Trainers Uwe Koschinat im Elfmeterschießen gegen den Regionalligisten Viktoria Köln verloren.
„Die Jungs feiern noch im Que Sera“, verrät derweil Sobiech, der einen Schritt zulegt. „Ich bin auf dem Weg nach Köln. Am Freitag geht's nach Mallorca.“ Während der 21-Jährige offenbar lieber in aller Ruhe feiert, geht in der Heerstraße die Post ab. Mitten drin BSC-Coach Daniel Zillken. „Aber ohne Alkohol“, betont der Abstinenzler. Schon im Stadion hatte sich der 49-Jährige vornehm zurückgehalten, feierte in sich gekehrt – ganz im Stile eines Frank Beckenbauer abseits der sich bildenden Jubeltrauben. „Wieder einmal ist die Mannschaft über sich hinausgewachsen und hat sich nach nervösem Beginn den Pokalsieg redlich verdient“, sagt der glückliche Coach. „Dieser Sieg erleichtert vieles. Für mich ist dieser Pokalerfolg die Krönung von 30 langen Jahren, in denen ich so viel in den Fußball investiert habe.“
Auch Lucas Musculus, der mit 20 Ligatreffern erfolgreichste BSC-Stürmer, gehört zu den stillen Genießern. In der 22. Minute hatte der 26-Jährige die Führung für den BSC aus kürzester Distanz verpasst. „Kann passieren“, meint Musculus und nippt an seiner Cola. „War ja nicht tragisch. Dario hat's ja rausgerissen.“ Für den erfolgreichsten BSC-Stürmer in dieser Saison gingen die Festlichkeiten sogar noch weiter. Am Freitag heiratete Musculus in Bergisch Gladbach seine Freundin Marie.
Zu den Spielern, die diesen unvergesslichen Pokalnachmittag in der Bonner Altstadt mehr oder weniger feuchtfröhlich ausklingen lassen, gehört Martin Michel. Der Schlussmann hatte entscheidenden Anteil am Pokalsieg. In der 65. Minute beim Eins gegen Eins gegen Markus Pazurek und dann in der 84. Minute mit einem Klassereflex gegen Fortunas in dieser Saison erfolgreichsten Stürmer Hamdi Dahmani (84.) hielt der 24-Jährige den knappen 1:0-Vorsprung fest. „Martin gehört zu den Spielern, die sich im entscheidenden Moment auf den Punkt konzen᠆trieren können“, sagt Zillken.
Mit seinen Paraden hatte Michel dafür gesorgt, dass auch der introvertierteste BSC-Anhänger aus dem Sattel ging. Spätestens jetzt wurde das Finale zwischen Fortuna Köln und dem BSC endgültig zum Heimspiel für den Regionalligisten. Auch Michel verlässt die fröhliche Runde im Que Sera früher. Dagegen feiert das Innenverteidigerpaar Mario Weber und Andreas Dick bis zum Ende. Beide gehören zu der Reisegruppe, die direkt von der Bonner Altstadt den Flieger am Köln-Bonner Flughafen nach Mallorca nehmen will.
Regelrecht euphorisiert und in vorbildlicher Feierlaune genießt BSC-Präsident Dirk Mazurkiewicz den Abend nach dem Pokaltriumph. „Vor sieben Jahren haben wir einen Verein übernommen, der klinisch tot war. Dieser Erfolg ist die Belohnung für diejenigen, die in den letzten Jahren mitgeholfen haben, den Verein zu konsolidieren und dieses Ziel hier und heute zu erreichen.“
Bonner SC: Michel, Dündar, Dick, Weber, Omerbasic, Fillinger (90. Lünenbach), Schumacher, Krempicki, Kaiser (68. Retterath), Somuah, Musculus (84. Mabanza)
Fortuna Köln: Poggenborg, Flottmann, Uaferro, Pazurek, Kessel (80. Burger), Oliveira Souza (75. Bösing), Röcker (63. Alibaz), Theisen, Mimbala, Bender, Dahmani
Tore: 1:0 Schumacher (56.)
Zuschauer: 6643
Schiedsrichter: Dominik Jolk (Kreis Berg)
Wenn Fans, Betreuer, Spieler und Funktionäre des BSC am 11. Juni auf die Lostrommel starren, aus der unter Aufsicht von DFB-Präsident Reinhard Grindel der Gegner für die erste DFB-Pokal-Hauptrunde (11. bis 14. August) gezogen wird, dürfte sich die Ausdehnung der Augenringe bei den Zusehern in Grenzen halten. Während sich einst schon einmal die Spannung erst nach Mitternacht löste, wird künftig zur kinderfreundlichen Sendezeit um 18 Uhr im Rahmen der ARD-Sportschau gelost und gezogen. Auch der Ort der Ziehung ändert sich. Ab jetzt dreht sich die Lostrommel immer im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund.