2024-04-23T13:35:06.289Z

Ligabericht
Keine Luft zum Atmen hatte Connor Krempicki gegen Kris Fillinger (rechts). FOTOS: BORIS HEMPEL
Keine Luft zum Atmen hatte Connor Krempicki gegen Kris Fillinger (rechts). FOTOS: BORIS HEMPEL

Der ehrbare Beruf des Wadenbeißers

Beim 1:0-Er­folg des BSC ge­gen Uer­din­gen legt Kris Fil­lin­ger den Ex-Bon­ner Con­nor Krem­pi­cki an die Ket­te

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Wa­den­bei­ßer und Ter­rier – bis in die spä­ten 1990er Jah­re un­ter Fuß­ball­pro­fis und am­bi­tio­nier­ten Ama­teu­ren ei­ne weit ver­brei­te­te Spe­zi­es. De­ren Ma­xi­me: dem Geg­ner auf den Fü­ßen ste­hen und mög­lichst kei­nen Mil­li­me­ter Raum las­sen. Fi­li­gra­ne Tech­nik ge­hör­te nicht un­be­dingt zu de­ren Rüst­zeug.

Als das ge­pfleg­te Kurz­pass­spiel die rus­ti­ka­le Gan­gart mehr und mehr ins Ab­seits stell­te, wan­der­ten die eher de­struk­tiv an­ge­hauch­ten Zers­tö­rer auf die Lis­te der be­droh­ten Ar­ten. Da­bei hat die­se Spiel­wei­se nichts von ih­rer Wirk­sam­keit ver­lo­ren, wie der 1:0 (1:0)-Er­folg des Fuß­ball-Re­gio­nal­li­gis­ten Bon­ner SC ge­gen den vor der Sai­son hoch­ge­han­del­ten Auf­stiegs­fa­vor­iten KFC Uer­din­gen un­ter Be­weis stell­te. Der Ar­che­typ des Wa­den­bei­ßers hieß am Frei­tag­abend Kris Fil­lin­ger. Sein Ge­gen­spie­ler: der hoch­be­gab­te Tech­ni­ker Con­nor Krem­pi­cki, in der ab­ge­lau­fe­nen Sai­son für den BSC ei­ner der Ga­ran­ten für Ta­bel­len­platz neun und den Ein­zug in die er­ste Run­de des DFB-Po­kals mit dem Spiel am kom­men­den Sonn­tag (15.30 Uhr, Sport­park Nord) ge­gen den Bun­des­li­gis­ten Han­no­ver 96. In der 78. Mi­nu­te hat­te Krem­pi­cki ge­nug und wur­de aus­ge­wech­selt.

Bis da­hin war dem Ex-Bon­ner so gut wie nichts ge­lun­gen. Ei­nen völ­lig ver­un­glück­ten Weit­schuss be­glei­te­ten die Bon­ner Fans un­ter den 1755 Zu­schau­ern im Sport­park Nord mit höh­ni­schem Bei­fall. „Ich den­ke, ich ha­be ihn zer­mürbt“, mein­te Fil­lin­ger, der üb­ri­gens weit mehr als ein Zers­tö­rer ist. „Na­tür­lich hilft es, wenn man den Spie­ler gut kennt. Er schirmt den Ball im­mens gut ab und dreht sich blitz­schnell. Wenn das pas­siert, siehst du nur sei­ne Ha­cken“, er­zähl­te der Bon­ner Sech­ser. An die­sem Abend aber zog Krem­pi­cki in so gut wie je­dem Zwei­kampf den Kür­ze­ren. Egal wo sich der 22-Jäh­ri­ge auch hin­be­weg­te, Fil­lin­ger war schon da.

KFC-Trai­ner Wie­sin­ger lobt die In­ten­si­tät des BSC-Spiels

Doch nicht nur der Ex-Hen­ne­fer bril­lier­te mit be­din­gungs­lo­sem Ein­satz. „Der BSC war fast im­mer ei­nen Schritt schnel­ler, gie­ri­ger und hat den Sieg des­halb ver­dient“, mein­te der Bun­des­li­ga-er­fahr­ene KFC-Trai­ner Mi­cha­el Wie­sin­ger, dem hin­sicht­lich der be­vor­ste­hen­den Auf­ga­ben auf frem­den Plät­zen nichts Gu­tes schwant. „Das war heu­te ein Pa­ra­de­bei­spiel da­für, was uns künf­tig aus­wärts er­war­tet. Wenn wir be­ste­hen wol­len, müs­sen wir die In­ten­si­tät ins Spiel be­kom­men, die der BSC ge­gen uns ge­zeigt hat. Die Li­ga ist bru­tal, und wir wer­den da­raus ler­nen“, sag­te Wie­sin­ger, der erst nach ei­ner län­ge­ren An­spra­che an sei­ne Spie­ler zur Pres­se­kon­fe­renz er­schie­nen war.

In die­ser Zeit nahm Da­ni­el Zill­ken gut ge­launt die Glück­wün­sche für den Sieg und sei­nen 50. Ge­burts­tag ent­ge­gen, den der BSC-Co­ach am Don­ners­tag ge­fei­ert hat­te. „Das war ein ty­pi­sches Flut­licht­spiel“, mein­te Zill­ken. „Wir wa­ren mo­ti­viert bis in die Haar­spit­zen und ha­ben ver­dient drei wich­ti­ge Punk­te ge­gen den Ab­stieg ein­ge­fah­ren“, sag­te er. „Wir wer­den den Sieg jetzt sa­cken las­sen, uns re­ge­ne­rie­ren und uns dann akri­bisch auf das Po­kal­spiel ge­gen Han­no­ver 96 vor­be­rei­ten.“

Da­rauf freut sich auch der Tor­schüt­ze des Abends, Lars Lo­kotsch, der in der 37. Mi­nu­te, nach­dem KFC-Schluss­mann Re­né Voll­ath von ei­nem ei­ge­nen Mann be­hin­dert wor­den war, den Ball über die Li­nie zum ent­schei­den­den 1:0 ge­spitz­elt hat­te. Wie sei­ne Kol­le­gen war der 21-Jäh­ri­ge Stür­mer wei­test­ge­hend mit Ab­wehr­auf­ga­ben be­traut. Im­mer wie­der lie­fen Lo­kotsch und des­sen Mit­tel­feld­kol­le­ge Voj­no Je­sic das Uer­din­ger Auf­bau­spiel an. „Manch­mal ha­be ich mich ge­fragt, ob ich über­haupt mit­spie­le“, mein­te der Tor­schüt­ze an­ge­sichts nur we­ni­ger Ball­kon­tak­te. Da­für kos­te­te der Neu­zu­gang den Lohn der Mü­he um­so mehr aus. „Ich bin zum BSC ge­wech­selt, um zu ler­nen und viel­leicht die ei­ne oder an­de­re Mi­nu­te zu spie­len“, sag­te Lo­kotsch. „Und dann ging Lu­cas Mu­scu­lus und ich darf spie­len.“

Der 20-fa­che Tor­schüt­ze, den die BSC-Fans wie er­war­tet nach des­sen Last-Mi­nu­te-Wech­sel zum KFC Uer­din­gen mit Pfif­fen be­grüßt hat­ten, kam in der 63. Mi­nu­te für Pa­trick Ell­guth. Aber wie sei­ne hoch­ge­han­del­ten und gut be­zahl­ten Kol­le­gen, blieb der 26-Jäh­ri­ge im­mer wie­der in der gut ste­hen­den und auf­op­fe­rungs­voll kämp­fen­den BSC-Hin­ter­mann­schaft hän­gen. „Ei­ni­ge ha­ben wohl nicht da­mit ge­rech­net, dass der BSC 110 Pro­zent gibt“, sag­te Mu­scu­lus, dem die Pfif­fe nach zwei­ein­halb BSC-Jah­ren „rich­tig weh ge­tan ha­ben“.

Ab heu­te be­rei­tet sich der BSC auf Han­no­ver vor. „Wenn wir so spie­len wie ge­gen Uer­din­gen kann uns ei­ne Über­ra­schung ge­lin­gen“, sagt Fil­lin­ger, Fuß­bal­ler und Wa­den­bei­ßer aus Lei­den­schaft.

Aufrufe: 07.8.2017, 08:45 Uhr
General-Anzeiger / Thomas HeinenAutor