2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Sieben Tore erzielte Dario Schumacher in der vergangenen Saison – fast immer aus der Distanz. FOTOS: BORIS HEMPEL
Sieben Tore erzielte Dario Schumacher in der vergangenen Saison – fast immer aus der Distanz. FOTOS: BORIS HEMPEL

"Dann rocken wir Hannover"

BSC-Leis­tungs­trä­ger Da­rio Schu­ma­cher über das DFB-Po­kal­spiel, den Sai­son­start in Wup­per­tal, lan­ge Stun­den auf der Au­to­bahn - und sei­nen Opa

Da­rio Schu­ma­cher kommt pünkt­lich zur Ver­ab­re­dung knapp ei­ne Stun­de vor dem Trai­ning. Das ist kei­nes­wegs selbst­ver­ständ­lich, denn der Mit­tel­feld­spie­ler des Bon­ner SC wohnt in Es­sen und muss übers Heu­ma­rer Drei­eck und die Flug­ha­fen­au­to­bahn. Wer das vier­mal die Wo­che fährt, lernt schnell, die­ses Teils­tück zu has­sen. Zu­mal Schu­ma­cher in­zwi­schen al­lein im Au­to sitzt und nicht mehr mit Con­nor Krem­pi­cki. Vor dem Sai­son­start am Sams­tag beim Wup­per­ta­ler SV sprach Gert auf der Hei­de mit dem viel­leicht be­sten Dis­tanz­schüt­zen der Fuß­ball-Re­gio­nal­li­ga West.

Sie pen­deln jetzt al­lein – oh­ne Con­nor Krem­pi­cki, der zum KFC Uer­din­gen ge­wech­selt ist. Hat­ten Sie kei­ne Chan­ce, ihn zum Blei­ben zu über­re­den?

Da­rio Schu­ma­cher: Klar hab' ich's ver­sucht, aber bei Uer­din­gen spielt Geld of­fen­bar kei­ne Rol­le.

Wie vie­le Stun­den sa­ßen Sie mit Krem­pi­cki ge­mein­sam im Au­to?

Schu­ma­cher: Die Hin­fahrt von Es­sen nach Bonn dau­ert meis­tens so an­der­thalb Stun­den, die Rück­fahrt ei­ne. Das sind zwei­ein­halb pro Tag, vier­mal die Wo­che. Da­zu die Stun­den auf dem Trai­nings­platz und beim Spiel. Wahr­schein­lich ha­be ich ihn mehr ge­se­hen als mei­ne Freun­din.

Ih­re Ki­lo­me­ter­leis­tung im ver­gan­ge­nen Jahr für den BSC?

Schu­ma­cher: 1000 in der Wo­che, 4000 im Mo­nat, 40 000 bis 50 000 im Jahr.

Ne­ben Krem­pi­cki ist ja auch der be­ste Tor­jä­ger Lu­cas Mu­scu­lus nach Uer­din­gen ge­gan­gen. Hat­te die Mann­schaft Ver­ständ­nis da­für?

Schu­ma­cher: Hat­ten wir, die wer­den da or­dent­lich Koh­le krie­gen. Bei Con­nor hät­te ich al­len­falls er­war­tet, dass er in die 3. Li­ga wech­selt.

Wie viel Geld die bei­den künf­tig ver­die­nen, ha­ben sie Euch nicht ge­sagt?

Schu­ma­cher: Nein, es wird mehr sein als hier.

Es heißt, Uer­din­gen ha­be ei­nen ähn­li­chen Etat wie Li­ga­krö­sus Vik­to­ria Köln.

Schu­ma­cher: Viel­leicht so­gar noch mehr. Mit ei­ni­gen Uer­din­ger Neu­zu­gän­gen ha­be ich zu­sam­men­ge­spielt. Die ge­hen nicht für Pea­nuts da rü­ber.

Auch Sie zähl­ten in der ver­gan­ge­nen Sai­son ge­mein­sam mit Mu­scu­lus und Krem­pi­cki zu den Leis­tungs­trä­gern. Gab's kei­ne An­ge­bo­te?

Schu­ma­cher: Schon. Aber da war nichts da­bei, was rich­tig Sinn ge­macht hät­te. Nach ei­nem Jahr, das für mich per­sön­lich su­per ge­lau­fen ist, hät­te es sich ir­gend­wie falsch an­ge­fühlt, jetzt zu wech­seln. Ich füh­le mich hier wohl. Mit der Mann­schaft und dem Trai­ner­te­am bin ich echt glü­cklich. Nur die Fahrt nervt.

War das Jahr in Bonn viel­leicht so­gar Ihr be­stes Jahr?

Schu­ma­cher: Ich wür­de sa­gen, ja.

Wel­che Rol­le hat Trai­ner Da­ni­el Zill­ken da­bei ge­spielt?

Schu­ma­cher: Bei der er­sten An­fra­ge war ich noch nicht wirk­lich be­geis­tert von Bonn, ganz ehr­lich. Der Ver­ein war im­mer ab- und wie­der auf­ge­stie­gen. Ein stän­di­ges Hin und Her. Der Trai­ner hat dann zwei Stun­den mit mir te­le­fo­niert und mich über­zeugt. Nach­her war ich echt froh. Der Trai­ner wuss­te di­rekt, wie er mit mir um­zu­ge­hen hat.

Wie?

Schu­ma­cher: Ich bin kei­ner, der stän­dig ei­nen Tritt in den Hin­tern braucht. Ein Lob mo­ti­viert mich mehr.

Soll man gar nicht mei­nen, dass der grim­mi­ge Zill­ken auch lobt.

Schu­ma­cher: Er hat 'ne gu­te Mi­schung. Manch­mal meinst du, der kann uns al­le nicht lei­den. Und am näch­sten Tag ist er wirk­lich spa­ßig.

Wann wuss­ten Sie, dass es der rich­ti­ge Schritt war?

Schu­ma­cher: Im Trai­ning ha­be ich schnell ge­merkt, dass wir kein Ka­no­nen­fut­ter sind. Ich hat­te ja drei Jah­re Re­gio­nal­li­ga hin­ter mir.

Ha­ben Sie die Fan­ta­sie, sich vor­zu­stel­len, dass es mit dem BSC noch ei­nen Schritt wei­ter­ge­hen könn­te?

Schu­ma­cher: Ich hof­fe ein­fach, dass die Stadt, al­so die Wirt­schaft mehr mit­macht. Dass mal ein gro­ßes Un­ter­neh­men kommt. Die Fuß­ball­fans ha­ben wir schon aus dem Tief­schlaf ge­holt, wie man im Po­kal­fi­na­le ge­gen Fort­una Köln ge­merkt hat. Aber so rich­tig wach sind sie noch nicht. Die müs­sen wir jetzt pa­cken, und wenn die nach Hau­se ge­hen, müs­sen sie sa­gen: Mensch, das war rich­tig geil.

Sie ha­ben bei Ale­man­nia Aa­chen auch ei­ni­ge Dritt­li­gas­pie­le ge­macht. Ha­ben Sie ir­gend­wann ge­dacht, ver­dammt, ich könn­te es als Pro­fi schaf­fen?

Schu­ma­cher: Als ich aus der A-Ju­gend kam, wa­ren da Spie­ler wie Streit oder Rös­ler bei der Ale­man­nia. Da war ich stolz und dach­te: Das war jetzt ein su­per Schritt. So­gar nach dem Ab­stieg mit Aa­chen ha­be ich noch da­ran ge­glaubt und bin des­halb zur Schal­ker U 23 ge­wech­selt. Im er­sten Jahr lief's da gut, ich war so­gar ein­mal im 19er Ka­der bei den Pro­fis im DFB-Po­kal da­bei, doch als Jür­gen Lu­gin­ger ge­hen muss­te und ein neu­er Trai­ner kam, ha­be ich oft gar nicht mehr ge­spielt.

Dann geht das Selbst­ver­trau­en flö­ten.

Schu­ma­cher: Klar. In der letz­ten Sai­son konn­te man dann se­hen, was es aus­macht, wenn der Trai­ner hin­ter ei­nem steht. Da­ni­el Zill­ken hat mich auch nach schlech­ten Spie­len wie­der auf­ge­stellt.

War's das jetzt mit dem Traum von der Pro­fi­kar­rie­re?

Schu­ma­cher: So ganz noch nicht. Ich den­ke, ei­ni­ge Ver­ei­ne gu­cken, ob ich das gu­te Jahr in Bonn be­stä­ti­gen kann.

Aber Sie küm­mern sich schon um die Zeit nach dem Fuß­ball?

Schu­ma­cher: Ich ma­che ein Fern­stu­di­um Sport­ma­nage­ment und ar­bei­te au­ßer­dem in ei­nem Golf­club.

Was ge­nau?

Schu­ma­cher: Al­les. Re­zep­ti­on, mal 'ne Schul­klas­se trai­nie­ren.

Ihr Groß­va­ter Heinz Hor­nig war mal ei­ne gro­ße Num­mer beim 1. FC Köln und so­gar Na­tio­nal­spie­ler. Tau­schen Sie sich mit ihm über Fuß­ball aus?

Schu­ma­cher: Oft. Er ist ja auch oft hier im Sta­di­on. Ich muss mir dann im­mer an­hö­ren, was ich falsch ge­macht ha­be. Wenn ich ge­lobt wer­de, weiß ich, dass ich rich­tig gut war.

Er ist jetzt 79. Macht er noch was im Fuß­ball oder guckt er sich nur sei­nen En­kel an?

Schu­ma­cher: Ja, er scou­tet für den FC. Der ist noch rich­tig fit, geht auf den Golf­platz. An­de­re in dem Al­ter brau­chen ei­nen Rol­la­tor.

Und was sagt Ihr Groß­va­ter, wo Sie bes­ser wer­den müs­sen?

Schu­ma­cher: Er meint, im Zwei­kampf­ver­hal­ten müss­te ich ag­gres­si­ver sein. Das liegt wohl da­ran, dass ich frü­her so­gar Stür­mer war und erst spät auf der Sechs ge­lan­det bin.

Schnel­lig­keit?

Schu­ma­cher: Wie will man das trai­nie­ren? Ich wer­de kein Sprin­ter mehr und nie so schnell sein wie un­ser Da­ni­el So­mu­ah.

Wo ha­ben Sie Ih­re Schuss­tech­nik her?

Schu­ma­cher: In der Ju­gend war ich mit mei­nem be­sten Kum­pel so­gar nach Spie­len den gan­zen Abend auf dem Platz. Wir ha­ben dann drei, vier Stun­den nur ge­schos­sen. Al­les aus­pro­biert.

Ver­gan­ge­ne Sai­son wa­ren Sie mit ih­rem Tor ge­gen Aa­chen so­gar in der Aus­wahl zum Tor des Mo­nats. Hat­ten Sie viel­leicht so­gar die Hoff­nung zu ge­win­nen?

Schu­ma­cher: Neee, ge­gen Pol­di hat man kei­ne Chan­ce. Letz­tes Län­der­spiel, ge­gen Eng­land, so ein Tor – un­mög­lich. Ich glau­be, wir an­de­ren hat­ten al­le un­ter fünf Pro­zent. Trotz­dem war's für mich 'ne Rie­sen­sa­che, an­dau­ernd im Fern­se­hen zu sein. Man guckt die Sport­schau und sieht sich selbst. Mir ha­ben da­mals ir­re vie­le Leu­te ge­schrie­ben.

Das Auf­stiegs­jahr war ei­ni­ger­ma­ßen sor­gen­frei in der Re­gio­nal­li­ga. Wird das zwei­te schwe­rer, zu­mal oh­ne Mu­scu­lus und Krem­pi­cki?

Schu­ma­cher: Nicht un­be­dingt. Ich den­ke, in der De­fen­si­ve ha­ben wir uns enorm ver­stärkt. Se­bas­ti­an Spin­rath hat echt Ru­he am Ball und ein gu­tes Auf­bau­spiel, könn­te al­len­falls ein biss­chen lau­ter sein. Wir müs­sen jetzt nicht mehr so vie­le To­re schie­ßen wie letz­tes Jahr, um zu ge­win­nen. Viel­leicht gibt's häu­fi­ger ein 1:0 oder 2:1.

Ei­ne char­man­te Lau­ne des Spiel­plans be­schert im er­sten Heim­spiel di­rekt den KFC Uer­din­gen mit den Her­ren Mu­scu­lus und Krem­pi­cki. Wie wird das sein?

Schu­ma­cher: Wir wer­den ih­nen die Hand ge­ben und sie dann schön be­ar­bei­ten. Ich ha­be rich­tig Bock auf die­ses Spiel.

Er­zäh­len Sie doch mal, wie der BSC im DFB-Po­kal Han­no­ver 96 schla­gen will.

Schu­ma­cher: Ge­nau­so wie wir Vik­to­ria und Fort­una Köln im Mit­tel­rhein­po­kal ge­schla­gen ha­ben. Hin­ten gut ste­hen und vor­ne auf un­se­re schnel­len Leu­te bau­en.

Glau­ben Sie wirk­lich da­ran?

Schu­ma­cher: Wer nicht da­ran glaubt, braucht nicht auf den Platz zu ge­hen. Han­no­ver muss ei­nen schlech­ten Tag ha­ben, wir brau­chen ei­nen über­ra­gen­den und die Zu­schau­er. Dann kön­nen wir das ro­cken. Gab's ja oft ge­nug. Wir wer­den un­se­ren Mann ste­hen.

Zur Per­son

Es ist ir­gend­wie lo­gisch, dass aus Da­rio Schu­ma­cher (24) ein gu­ter Fuß­bal­ler wur­de. Sein Groß­va­ter ist schließ­lich Heinz Hor­nig, der beim 1. FC Köln so­gar zum Na­tio­nal­spie­ler wur­de. Nach Sta­tio­nen bei Ale­man­nia Aa­chen und der U 23 von Schal­ke 04 kam der Mit­tel­feld­spie­ler vor der Sai­son 2016/17 zum Bon­ner SC, wo er in 27 Spie­len sie­ben To­re er­ziel­te – vor­ran­gig aus der Dis­tanz. Ein Tref­fer ge­gen Aa­chen war so­gar in der Aus­wahl zum Tor des Mo­nats . Schu­ma­cher wohnt in Es­sen und ab­sol­viert ein Fern­stu­di­um (Sport­ma­nage­ment).

Aufrufe: 026.7.2017, 10:00 Uhr
General-Anzeiger / Gert auf der HeideAutor