2024-05-10T08:19:16.237Z

Ligabericht
Sie haben die undankbare Aufgabe, den Spielern die Vereinsentscheidung zu vermitteln: Trainer Nelson Rodrigues (links) und sportlicher Leiter Uwe Frowein.   Foto: Mario Luge
Sie haben die undankbare Aufgabe, den Spielern die Vereinsentscheidung zu vermitteln: Trainer Nelson Rodrigues (links) und sportlicher Leiter Uwe Frowein. Foto: Mario Luge

Enttäuschung und Verständnis bei den Spielern

Reaktionen und Erläuterungen zur Entscheidung, nicht für die Oberliga zu melden / Bingen jetzt allein auf Rang zwei

BINGEN. Beim 4:2-Sieg gegen den SC Idar-Oberstein hat Fußballverbandsligist Hassia Bingen vor allem in der Offensive eines seiner besten Heimspiele der Saison gezeigt und sich auf Tabellenplatz zwei vorgeschoben. Der hatte auch am Samstag Bestand, weil der SV Morlautern 2:3 in Dudenhofen verloren hat. Und nach der 0:3-Niederlage der SG Rieschweiler am Pfingstsonntag in Fußgönheim hat es die Hassia am letzten Spieltag selbst in der Hand, ihre Tabellenposition zu verteidigen. Die Leistung der Binger am Freitagabend war umso erstaunlicher, weil die Mannschaft von der Entscheidung des Vereins, sich nicht um einen Platz in der Fußball-Oberliga zu bewerben, völlig überrascht worden war.

Im Gespräch mit der AZ haben Vertreter der Vereinsspitze (Vorsitzender Oliver Wimmers, Zweiter Vorsitzender Johannes Jost und Sportlicher Leiter Uwe Frowein) am Rande der Partie noch einmal die Position des Vereins erläutert und dabei energisch der Vermutung widersprochen, bei der Hassia habe man schlichtweg vergessen, die Meldung an den Verband rechtzeitig abzugeben. „Es ist einfach im Gesamtpakt mit der Zweiten Mannschaft und der Jugend nicht machbar“, bekräftigte Uwe Frowein die schon vor einer Woche formulierte Position. Das habe sich geraume Zeit vor dem Bewerbungstermin angedeutet, und es habe sich nach den Gesprächen mit infrage kommenden Sponsoren abgezeichnet, dass sich das auch nicht mehr ändern würde. Wimmers ergänzte: „Es gab eine Aufgabenstellung an die sportliche Leitung: Wenn wir über das Thema Oberliga reden, was kostet uns das Ganze. Und dann gab es eine Kostenaufstellung, wir haben hin und her gerechnet und festgestellt: Es fehlt einfach Geld“, sagte der Vorsitzende. Man habe im Vorfeld zwei größere Sponsoren an der Hand gehabt, deren verbindliche Zusagen aber letztlich gefehlt hätten. „Wir haben hier zusammengesessen und die Entscheidung getroffen: Wir werden die Oberliga nicht spielen, dann brauche ich auch nicht zu melden“, widersprach Wimmers allen anders lautenden Spekulationen. „Dazu stehe ich.“ Frowein ergänzte, er habe die Berechnung des Gesamtpaktes Jugend, zweite Mannschaft und erste Mannschaft auf der Basis der vorhandenen Zusagen für die nächsten drei Jahre kalkuliert und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Mehrkosten für die Oberliga derzeit darin nicht unterzubringen seien.

Die AZ hat nach der Partie gegen Idar-Oberstein Stimmen eingefangen, wie die Trainer und Spieler darauf reagiert haben und wie sie mit dieser Tatsache umgehen. Insgesamt sind die Statements gleichermaßen von Enttäuschung und Verständnis für die Haltung des Vereins geprägt.

Trainer Nelson Rodrigues: Die Mannschaft hat Charakter gezeigt, das Spiel kontrolliert, schönen und Zuschauer-freundlichen Fußball gespielt. Unser vor der Saison ausgegebenes Ziel, unter die ersten sieben zu kommen, haben wir deutlich übertroffen. Vor zwei Jahren stand die Hassia vor dem Abstieg in die Bezirksliga, heute spielen wir in der Verbandsliga ganz oben mit. Der Verein hat den richtigen Weg eingeschlagen und die richtigen Entscheidungen getroffen, auch wenn es natürlich auf den ersten Blick aus sportlicher Sicht möglicherweise weh tut.

Enes Sovtic: Wir haben die Aktion aus der Zeitung erfahren, heute trotzdem Charakter gezeigt und verdient gewonnen. Natürlich waren wir niedergeschlagen, müssen die Entscheidung des Vorstandes aber hinnehmen. Insgesamt haben wir einfach eine tolle Truppe. Ich freue mich jedenfalls auf die nächste Saison in Bingen.

Fabian Liesenfeld: Die Enttäuschung war groß, als wir die Sache aus dem Internet und der Zeitung erfahren haben. Wenn das so entschieden wurde, ist es so, und wir Spieler müssen damit leben. Der Verein muss gesund sein, alles andere macht keinen Sinn. Wichtig war der Sieg beim Saisonabschluss. Nach dem 0:1 sind wir aufgewacht, haben zusammengestanden und ein sehr gutes Spiel gemacht.

Sascha Kraft: Die Nachricht war ein Schock für die Mannschaft. Natürlich hatten wir offiziell den Aufstieg nicht als Ziel ausgegeben, aber bei dem Kader war die Richtung klar. Du willst oben mitspielen, und wenn du oben dran bist willst du die Gelegenheit auch nutzen. Intern sind wir enger zusammengerückt. Wir haben Charaktere in der Mannschaft, ecken vielleicht auch öfters einmal an. Am Ende hat uns die Saison jedenfalls zusammengeschweißt. Ich habe das Gefühl, dass hier etwas mit einem bestimmten Plan zusammenwächst, es sind jedenfalls viele Jungs da, mit denen ich prima klar komme. Für die nächste Saison habe ich zugesagt.

Mükerrem Serdar: Es war ein Schock. Heute hat aber jeder gesehen, dass wir 100 Prozent für uns und den Trainer geben wollten. Die Gespräche mit dem sportlichen Leiter Uwe Frowein sind sehr gut gelaufen, ich fühle mich sehr wohl hier in Bingen.

Alexandru Baltateanu: Ich bleibe bei der Hassia. Es passt momentan sehr gut, von der Truppe her stimmt es. Natürlich hätten wir gerne in der nächsten Saison in der Oberliga gespielt.

Beytullah Kurtoglu: Mit der Mannschaft haben wir unter der Woche Sitzungen gehabt und uns klar gemacht, dass wir die Sache durchziehen. Die Entscheidung war nicht unsere Aufgabe. Insgesamt war es ein Jahr mit vielen Verletzungen und Ausfällen. Wir werden am Ende traurig sein, wenn wir die Relegation geschafft hätten, es aber wegen finanzieller Dinge nicht möglich ist aufzusteigen. Heute haben wir jedenfalls ein Zeichen gesetzt. Ich hoffe, dass ich mit dem Vorstand eine Basis finde, damit es hier weitergeht. Nach einem „Horrortag“ haben wir hier und heute jedenfalls Charakter gezeigt.

Aufrufe: 015.5.2016, 20:38 Uhr
Andreas Scherer und Jochen WernerAutor