2024-04-16T09:15:35.043Z

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Zu den aktuellen Entwicklungen bei der Hassia sagt Thomas Eberhardt: "Wir müssen einen Umbruch schaffen, der stärker ausfällt, weil hier in der Vergangenheit etwas versäumt wurde."
Zu den aktuellen Entwicklungen bei der Hassia sagt Thomas Eberhardt: "Wir müssen einen Umbruch schaffen, der stärker ausfällt, weil hier in der Vergangenheit etwas versäumt wurde." – Foto: Ig0rZh - stock.adobe/Klaus Schuster

„Das schmeckt nicht jedem“

Hassia-Trainer Thomas Eberhardt spricht im FuPa-Interview der Woche über den Klassenerhalt, die Oberliga und die Umwälzungen im Kader

BINGEN. Die Entscheidung ist noch nicht offiziell. Doch nach der Videokonferenz der Fußball-Oberligisten am Mittwoch und dem daraus resultierenden Vorschlag des Regionalverbandes Südwest, wie mit der aktuellen Runde verfahren werden soll, sieht alles danach aus, dass Hassia Bingen auch die kommende Saison in der fünften Liga spielt. Trainer Thomas Eberhardt blickt auf die vergangenen Monate, die so ganz anders waren, als er es sich bei seinem Amtsantritt im vergangenen Oktober vorgestellt hatte.

Herr Eberhardt, ganz überraschend war für Sie das Ergebnis vom Mittwoch nicht, oder?

Nach dem Beschluss der Regionalliga, die Schott Mainz ja schon als Aufsteiger begrüßte, war das die logische Folge. Dass die Oberliga anders reagiert hätte, wäre für mich nicht vorstellbar gewesen.

Hat der Klassenerhalt nun trotz der Tatsache, dass die Hassia in den letzten Partien im Aufwind war, einen Beigeschmack?

Wie der Klassenerhalt entstanden ist, interessiert in ein oder zwei Jahren keinen mehr. Wir alle waren ohnehin zu einhundert Prozent davon überzeugt, dass wir unser Ziel auch sportlich erreicht hätten.

Wie sehen Sie die Situation in der Oberliga im kommenden Jahr?

Es kommt ganz darauf an, wie viele Teams aufsteigen. Bleibt es bei vier Mannschaften, ist es kein Problem. Mit 21 Teams kannst du eine Saison lang spielen. Auf eine englische Woche mehr oder weniger kommt es nicht an. Jeder spielt doch lieber, als er trainiert. Kommen aber sieben Aufsteiger, dann müsste die Klasse geteilt werden. Es macht keinen Sinn, wenn im nächsten Sommer die halbe Liga absteigt. Vor allem, weil dann auch Mannschaften aus der Regionalliga dazukommen könnten. Egal wie. Ich freue mich besonders auf Derbys wie gegen Waldalgesheim oder Gonsenheim.

Sechsmal waren Sie an der Seite verantwortlich, fünfmal zusammen mit Patric Muders. Lief in dieser Zeit alles nach Plan?

(lacht) Patric frotzelt heute noch, dass ich ein Spiel allein gemacht und das verloren habe (1:4 in Pfeddersheim, die Red.). Zusammen haben wir dann zehn von 15 möglichen Punkten geholt. Das Lob gebührt der Mannschaft, die den unbedingten Willen mitbrachte. Wichtig war, dass wir mit den zwei Heimsiegen im alten Jahr den Anschluss wiederhergestellt haben. Bis dahin waren wir eigentlich schon abgeschrieben. Beim Abbruch waren wir dann 17., mit der Tendenz und dem direkten Kontakt nach oben. Auf einmal war die Euphorie wieder da, im Verein wie im Umfeld. Die Stimmung war positiv, die Ergebnisse und die Leistungen haben gestimmt. Noch einmal: Wir hätten es definitiv auch sportlich geschafft.

War von Beginn an alles positiv?

Viele haben mir damals abgeraten. Dass die Hassia Letzter war, hatte für mich den besonderen Reiz. Das war die Herausforderung, die ich nach dem Motto „Einfach kann jeder“ annehmen wollte. Die Hassia ist ein Fußball-Magnet in der Region. Heute bin ich sicher, dass Patric und ich alles richtig gemacht haben.

Nun verpassen Sie zusammen mit Muders, Koordinator Patrick Krick, Klaus Schuster als Sportlichem Leiter und Präsident Oliver Wimmers der Hassia ein neues Gesicht. Entspricht das Ihren Vorstellungen?

Absolut. Hut ab vor Oliver Wimmers, dem der Verein gar nicht genug danken kann. Wir übrigen Vier tragen die sportliche Verantwortung und können schalten und walten. Von Anfang an haben wir gesagt, dass wir im Sommer einen Umbruch vollziehen müssen. Vier Neue kamen im Winter. Jetzt sind es acht weitere, mit einem Spieler stehen wir noch in Verhandlungen. Ziel ist, die Mannschaft für die nächsten Jahre von der Qualität her hochzufahren und sie zu verjüngen. Zusammen mit den Kollegen macht das riesig Spaß. Wir sind total unterschiedliche Typen, die alle ihre Stärken einbringen. Das überzeugt auch die Spieler.

So große Umwälzungen stoßen aber nicht unbedingt überall auf Gegenliebe...

Natürlich schmeckt das nicht jedem. Es ist wichtig, zwischen Privatem, Beruflichem und Sportlichem zu trennen, auch wenn es manchmal verzwickt ist. Wir müssen einen Umbruch schaffen, der stärker ausfällt, weil hier in der Vergangenheit etwas versäumt wurde. Jeder, der uns verlässt, hat zu den Erfolgen der letzten Jahre seinen Teil beigetragen. Fußball ist aber Tagesgeschäft, in dem du dich immer neu präsentieren und motivieren musst. Wenn du 34 oder 35 Jahre alt bist, fehlt meistens ein Stück, da stehen verständlicherweise Familie und Beruf im Vordergrund. Ich bin sicher, dass das jeder einsieht, wenn er die Situation in ein paar Monaten reflektiert. Dass der Abgang umso härter ist, je länger du im Verein gespielt hast, ist logisch.

Stefan Haas ist neuer Torwarttrainer, sein Sohn Fabian kommt als Keeper von RWO Alzey zurück ans Hessenhaus. Birgt das kein Konfliktpotenzial?

Nein. Ich bin überzeugt, dass das klappt. Sonst hätten wir es nicht gemacht. Patric und ich sind da sehr gradlinig aufgestellt: Wir gucken nur nach Leistung. Fabian wird es von den drei Torhütern (außerdem Kay Schotte und Mareck Dörr, die Red.) bestimmt nicht am einfachsten haben.

Eine Stärke der Hassia seit dem Abrutschen in die Landesliga war der Zusammenhalt. Kann es den bei so vielen Neuzugängen noch geben?

Wie wichtig der totale Zusammenhalt ist, haben wir in den letzten Monaten gesehen. Die Mannschaft war bereit, sich im Abstiegskampf zu opfern. Das waren Sachen, die über Jahre gewachsen sind. Jetzt wird es neue Hierarchien geben, wird es spannend sein zu sehen, wer sich durchsetzt und wie sich die Spieler zusammenfinden. Die Vorabgespräche laufen, demnächst starten wir mit dem Training. Dann gehen wir mit drei Torhütern und 20 Feldspielern in die Runde, haben jede Position doppelt besetzt. Da heißt es für jeden, sich in jeder Trainingseinheit zu pushen. Die Jungs werden sich als Team finden.

Aufrufe: 03.6.2020, 18:00 Uhr
Jochen WernerAutor