2024-04-25T14:35:39.956Z

Aufreger der Woche
Mächtig in den Hintergrund rückte der Sport im Fußball-Relegationsspiel zwischen Türkspor Heidenheim und Bettringen II, bei dem Fans beider Lager aneinandergeraten waren. Foto: Archiv/Rudi Weber (HZ)
Mächtig in den Hintergrund rückte der Sport im Fußball-Relegationsspiel zwischen Türkspor Heidenheim und Bettringen II, bei dem Fans beider Lager aneinandergeraten waren. Foto: Archiv/Rudi Weber (HZ)

"Ein zweiter Schlag ins Gesicht"

Tumult bei Relegationsspiel: Nach Anzeige wegen Körperverletzung stellt Staatsanwaltschaft das Verfahren ein

Das Relegationsspiel zwischen Türkspor Heidenheim und Bettringen II hatte ein rechtliches Nachspiel. Ein Bettringer Fan erhebt nun, nachdem die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellte, schwere Vorwürfe.

Nach Ablauf der vergangenen Saison stand für die beiden Fußballteams Türkspor Heidenheim und SG Bettringen II am 17. Juni 2016 eine Zusatzschicht an. In der Relegation zur Bezirksliga setzte sich Türkspor in der Nachspielzeit der Verlängerung mit 2:1 durch, sicherte damit den Klassenerhalt, während Underdog Bettringen II in der Kreisliga A 1 verblieb.

Ein Nachspiel hatten auch die unschönen Szenen, die sich nach dem Abpfiff auf dem Großkuchener Sportplatz ereigneten. Vor dem Bettringer Fanblock war es zu einer Rudelbildung gekommen (wir berichteten). Nach vorhergehender Provokation zweier Türkspor-Spieler wurde in deren Richtung von Bettringer Seite eine Bierflasche geworfen. Daraufhin wiederum wurde ein Bettringer Zuschauer von Türkspor-Anhängern tätlich angegriffen, wie das Sportgericht Kocher/Rems in seinem Urteil zu den Vorfällen feststellte (wir berichteten). Beide Vereine wurden mit Geldstrafen belegt (1000 Euro für Türkspor/150 Euro für Bettringen).

Mit dieser Strafe allerdings war es für das Opfer nicht getan. „Ich wollte nur meinen Vater aus der Gefahrenzone bringen und wurde dabei von einem Türkspor-Fan mit der Faust im Gesicht getroffen“, beschreibt Matthias Rueff die hitzige Situation und ergänzt: „Von mir ging keinerlei Provokation aus.“ Noch auf dem Sportgelände gab der 26-Jährige bei zwei vor Ort anwesenden Polizisten eine Anzeige wegen Körperverletzung auf. Er habe den Täter, weil der eine Weste des türkischen Fußballvereins Galatasaray Istanbul getragen haben soll, einwandfrei identifizieren können.

Wie der Nattheimer Polizeiposten am 11. August 2016 in der Heidenheimer Zeitung bestätigte, sei der Täter tatsächlich ermittelt worden und habe die Tat auch zugegeben (wir berichteten). Dann aber die Rolle rückwärts. Einige Tage später habe Rueff einen Anruf von der Polizei erhalten, in dem ihm mitgeteilt worden sei, dass der Beschuldigte die Tat nun doch von sich weise und sich ein anderer Türkspor-Fan für diese verantwortlich zeige. Eine bereits bestehende Vorstrafe könnte der Grund für diese plötzliche Wendung gewesen sein, will Rueff durch die Blume von der Polizei erfahren haben.

Die Staatsanwaltschaft Ellwangen ermittelte somit gegen zwei Männer türkischer Herkunft. Die Post besagter Staatsanwaltschaft erreichte Rueff Mitte September – mit überraschendem Inhalt. Mangels öffentlichen Interesses werde der Anzeige nicht stattgegeben, dem Antragsteller stehe aber der Privatklageweg offen. Die öffentliche Klage werde von der Staatsanwaltschaft nur dann erhoben, wenn dies im öffentlichen Interesse liege.

Weiter heißt es, der genaue Tathergang habe nicht aufgeklärt werden können, Anhaltspunkte für Rohheit lägen aber nicht vor. Eine gefährliche Tatausführung sei ebensowenig ersichtlich, zumal nicht auszuschließen sei, dass der Schlag fahrlässig erfolgte. Des Weiteren habe die Körperverletzung zu keinen erheblichen Verletzungen, sondern lediglich mehrtägigen, aber nicht behandlungsbedürftigen Schmerzen geführt.

Es habe eine aggressive Stimmung auf dem Sportgelände geherrscht und es sei zu Provokationen der rivalisierenden Fangruppen gekommen, darunter auch alle Beteiligten. Das eineinhalbseitige Schreiben endet mit der Aussage, dass beide Beschuldigten wegen gleichartigen Taten bislang nicht in Erscheinung getreten seien. Auf eine etwaige Vorstrafe wurde nicht eingegangen.

Die Nattheimer Polizei bestätigt derweil, dass man den Beschuldigten am 17. Juni noch vor Ort verhörte. Dieser habe die Tat dort gestanden, die Aussage bei der späteren Vernehmung aber zurückgezogen. Stattdessen bezichtigte er einen Kumpel, der dann auch einräumte, den Kläger „aus Versehen“ getroffen zu haben. Daraufhin wurden beide angezeigt. Keine Auskunft erteilte die Polizei darüber, ob einer der beiden tatsächlich polizeibekannt ist.

Für Kläger Rueff ist die Einstellung des Verfahrens „im wahrsten Sinne des Wortes ein zweiter Schlag ins Gesicht“. Zivilrechtliche Schritte wird er allerdings nicht einleiten: „Mir ging es einfach nur darum, der Öffentlichkeit mitzuteilen, was für ein falsches Spiel hier gespielt wurde, zumal beide Beschuldigten mittlerweile selbst Türkspor-Spieler sind.“

Aufrufe: 029.9.2016, 10:00 Uhr
RICARDA FLÄMIG / HZAutor