2024-05-02T16:12:49.858Z

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Gestern frei von Eis und Schnee, doch am Samstag von der weißen Pracht bedeckt und unbespielbar: Das neue Kunstrasen-Spielfeld an der Schönbeinhalle im Metzinger Stadtteil Neugreuth.  Alexander Mareis
Gestern frei von Eis und Schnee, doch am Samstag von der weißen Pracht bedeckt und unbespielbar: Das neue Kunstrasen-Spielfeld an der Schönbeinhalle im Metzinger Stadtteil Neugreuth. Alexander Mareis
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Rote Karte für Frau Holle

Verzweiflung über zahlreiche Spielausfälle im Amateurfußball

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Serie „Sport im Blick“ Verzweiflung über zahlreiche Spielausfälle im Amateurfußball. Unterschiedliche Situationen und Verfahrensweisen bei winterlichem Wetter in benachbarten WFV-Bezirken.

Mal Schnee und Eis, mal Matsch und Regenpfützen - das Wetter der letzten Tage und Wochen hat speziell den Fußballern vieles abverlangt und ihnen die Lust auf ihren Sport unter freiem Himmel erschwert. Der heuer besonders früh einsetzende Winter stellte vor allem die Organisatoren der Ligen vor große Herausforderungen. Weniger in den Topligen, wo Rasenheizungen und viele technische oder manuelle Hilfen sowie Helfer die Outdoor-Events immer noch erträglich machen. In den Amateurligen, den Tiefen der 7., 8. oder 9. Ligen, gibt es hingegen oft nur ein Mittel: die Absage, in manchen Fällen gar die Generalabsage aller Spiele eines kompletten Bezirks.

Die Art und Weise, mit den irregulären Platzverhältnissen umzugehen, unterscheidet sich hingegen. Schon am Mittwoch, 29. November, hatte man im Bezirk Donau/Iller, der auf der Albhochfläche zwischen Laichingen-Feldstetten und Römerstein-Zainingen an den Nachbarbezirk Alb grenzt, die Faxen dicke und zeigte Petrus sowie Frau Holle ob deren Launen die rote Karte.

„Die derzeitigen Platzverhältnisse und die Wettervorhersage mit Schnee und Regen waren die Gründe für diese Entscheidung“, erklärte der Donau/Iller-Bezirksvorsitzende Manfred Merkle seine Entscheidung zu einer Generalabsage. „Die Plätze würden nur kaputt gemacht, und es schaut bei dem Wetter fast niemand bei den Spielen zu.“

Nachgeholt werden soll der abgeblasene Spieltag erst im Frühjahr 2018 und definitiv nicht vor dem eigentlichen Auftakt am 4. März. „Ich bin froh, wenn es dann auch witterungsbedingt überhaupt schon wieder losgehen kann“, unterstrich Merkle.

Am Donnerstag, 7. Dezember, folgte der ebenfalls unter dem Dach des Württembergischen Fußballverbands organisierte Bezirk Kocher/Rems. Nach Rücksprache mit den sechs Staffelleitern gab der dortige Bezirksspielleiter Helmut Vogel die Generalabsage fürs anstehende Wochenende bekannt. Im WFV-Bezirk Alb tut man sich mit Generalabsagen, wenn wieder heftiges Schneetreiben binnen kurzer Zeit das eher bräunlich anmutende Grün mit seiner weißen Haube bedeckt, eher schwer. Es müssen gute Gründe sein, Spieler, Funktionäre, Schiedsrichter und Medienvertreter oft bis zum Spieltag oder im besten Falle einen Tag davor ausharren zu lassen und deren Planungssicherheit komplett zu durchkreuzen. Kurt Kuschel, Funktionärsikone des WFV-Bezirks Alb und ein Mann mit einem bekanntermaßen starken Rückgrat, glaubt, gute Argumente für sein Handeln zu haben. Auch für den anstehenden Samstag, 16. Dezember (14 Uhr), hat der 87-jährige Staffelleiter fünf Partien in seiner Bezirksliga Alb angesetzt. Er hofft, dass in Kirchentellinsfurt, Wittlingen, Pliezhausen, Sickenhausen und bei Croatia Reutlingen gekickt werden kann.

Noch absolut auf Ballhöhe

„Wir haben uns mit einer speziellen Situation auseinanderzusetzen. Wir sind die Einzigen weit und breit, deren Bezirksliga 17 Mannschaften und 34 Spieltage aufweist. Demzufolge haben wir einen harten Terminplan durchzudrücken“, erklärt der in Reutlingen wohnhafte Kuschel, der trotz seines hohen Alters im Umgang mit moderner Technik absolut auf Ballhöhe ist und zudem über ein fabelhaftes Gedächtnis verfügt. Daten, Termine, Vereine - alles hat Kuschel in seinem Großhirn wie auf einer Festplatte gespeichert, was jüngere Kollegen mitunter neidisch werden lässt.

Heuer allerdings ist der erfahrene Funktionär mitunter der Verzweiflung nahe. „Seit dem 12. November macht uns das Wetter zu schaffen. Das ist doch ein Wahnsinn. Wir kommen in extreme Terminnot. Wenn wir im Frühjahr ebenfalls Pech mit den Platzverhältnissen haben, droht ein Chaos“, warnt Kuschel.

Der Staffelleiter und ehemalige Bezirksvorsitzende Alb befürchtet, dass diejenigen Vereine, die besonders viele Nachholspiele bestreiten müssen, am Ende die Leidtragenden sein könnten. „In der Vorsaison hat es den TSV Dettingen/Rottenburg erwischt. Meiner Meinung nach sind die Dettinger auch deshalb aus der Bezirksliga Alb abgestiegen, weil sie fünf Nachholspiele zu absolvieren hatten. Das sind gewaltige Belastungen. Hinzu kommen Faktoren wie Verletzungen, zuvor hat man schon Hallenturniere und Vorbereitungsspiele hinter sich gebracht. Irgendwann ist aber der Akku eben leer“, warnt der Reutlinger.

Immerhin: Kuschel sieht einen Silberstreif am Horizont. Auf dem WFV-Verbandstag im Mai 2018 soll beschlossen werden, dass die Sollstärke der Bezirksligen im WFV nicht mehr als 16 Teams umfassen darf. „Das würde ein wenig zur Terminentspannung beitragen“, glaubt Kuschel.

Den 18. Februar 2018 hat er als Nachholspieltag bereits eingeplant. Offiziell wäre es im Normalfall erst am 24. Februar mit der Bezirksligarückrunde weitergegangen. Die Suche nach freien Termine für die bereits ins Matschwasser gefallenen Begegnungen gestaltet sich zu einer nervenaufreibenden Angelegenheit.

„Am Mittwoch nach Ostern geht nichts, der ist bereits für den Bezirkspokal reserviert. Der 18. April dient mir noch als Puffer - viele davon bieten sich allerdings nicht. Wir müssen rechtzeitig fertig sein. Am 14. Juni 2018 startet die Fußball-WM in Russland, wir haben nach Ende der Punkterunden in den diversen Ligen auch noch Anfang Juni die Relegationsspiele durchzuziehen. Da darf es kein Hinausschieben über die Fixtermine hinweg geben“, macht Kuschel energisch klar.

„Ich könnte es mir auch leichter machen und ähnlich wie in anderen WFV-Bezirken zusammen mit Bezirksboss Horst Beck eine Generalabsage im gesamten Bezirk Alb anstoßen. Aber ich kann es mir einfach nicht leisten. Andere Staffeln in Nachbarbezirken sind kleiner. Ich muss so viel durchziehen, wie möglich“, bittet Kurt Kuschel um Verständnis.

Richtig Spaß macht es dem ehemaligen Polizisten und Mitbegründer des PSV Reutlingen nicht, alle Betroffenen so lange auf die Folter zu spannen. „Es ist eine Heidenarbeit, die Dinge in Kürze zu regeln, wenn man praktisch bis auf den letzten Drücker abwartet, ob gespielt werden kann. Ich muss Vereine und Schiedsrichter informieren, verbringe Stunden am Telefon. Kein Wunder, dass sich bei mir niemand um meinen Posten bewirbt und jüngere Leute mich beerben wollen, zumal alles ehrenamtlich zu leisten ist. Vom WFV bekomme ich gerade einmal die Kosten für Druckerkartusche und Papier erstattet“, lässt Kuschel wissen.

Ein Albtraum für ihn sind Situationen wie am vergangenen Wochenende. „Letztlich sind alle Partien ausgefallen. Aber in den meisten Fälle wäre es noch einen Tag vorher möglich gewesen, das Match anzupfeifen. So begann es erst am Freitagabend, in Tübingen zu schneien. Folglich war der Kunstrasen im Stadtteil Derendingen erst am Samstag mit Schnee und Eis bedeckt. Somit musste ich schweren Herzens das Derby gegen den SSC Tübingen absagen“, verrät Kurt Kuschel ein Beispiel von mehreren. „Da könnte man depressiv werden. Ich bin es eigentlich leid. Wir schauen ständig, was wir noch tun können, um der Terminnot Herr zu werden. Der TB Kirchentellinsfurt liebäugelt mit einer Heimspielaustragung in Tübingen-Lustnau, der TSV Sickenhausen könnte eventuell sein Heimspiel in Orschel-Hagen auf dem Kunstrasen der SG Reutlingen abwickeln“, sagt Kuschel.

Kunstrasen kein Allheilmittel

Manchmal ist ein Kunstrasen in der näheren Umgebung die letzte Hoffnung und eine hilfreiche Alternative, um trotz unbespielbarem eigenem Rasen doch noch sein Heimspiel austragen zu können. In Metzingen freilich hat dies nun zwei Mal in Folge nicht geklappt. Die TuS wollte beide Partien vom Otto-Dipper-Stadion auf den neuen Kunstrasen an der Schönbeinhalle im Neugreuth verlegen, doch selbst dieses widerstandsfähige, nagelneue Geläuf war dann doch nicht bespielbar. Auch A2-Ligist TSV Glems, der die selben Pläne hatte, musste selbige verwerfen.

Petrus und Frau Holle scheinen den linientreuen Mann, der eisern für die Einhaltung der ihm vorgegebenen Regeln kämpft, zur Verzweiflung zu bringen. Sein Thermometer führt ihm die schwer ver­dau­lichen Zustände schonungslos vor Augen. „Am vergangenen Samstagfrüh maß ich fünf Grad Celsius minus, am Sonntagabend waren es sieben Grad plus, das ist nicht zu fassen.“

Und so wird es weiterhin schwer mit der Planung. Bisher stehen 26 Spielausfälle auf Kuschels Liste. Der Rentner mit wachem Verstand und riesigem Fußballherzen wird jonglieren müssen, um alle Nachholtermine im Frühjahr 2018 in seinen Spielplänen unterzubringen.

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Aufrufe: 013.12.2017, 08:23 Uhr
SWP / Alexander MareisAutor