2024-04-16T09:15:35.043Z

Allgemeines
– Foto: Andreas Zobe

"Jeder einzelne Spieler ist für mich ein Projekt"

Interview mit Thomas Eichin, dem Leiter des Nachwuchsleistungszentrums von Bayer 04 Leverkusen.

Thomas Eichin hat sich als Leiter des Leistungszentrums Kurtekotten viel vorgenommen. Der 54-Jährige will Bayer Leverkusen zu einer der Top-Adressen im Jugend- und Frauenfußball machen.
Seit Juli ist Thomas Eichin Leiter des Leistungszentrums Kurtekotten, wo er unter anderem für Talentausbildung, die Bundesliga-Frauen und die hauseigene Trainerakademie verantwortlich ist. Nach seiner Einarbeitung äußerte er sich erstmals ausführlich über...

...seinen neuen Job: „Ich habe schon viel gemacht und war nach meiner Karriere als Profi unter anderem im Fußball-, Eishockey- und Sportlermanagement tätig. Der Nachwuchs war aber schon immer mein Steckenpferd. Ich habe darauf gewartet, dass so ein Angebot aus der Bundesliga kommt. Bei zwei, drei Klubs wäre es fast so weit gewesen, aber hier in Leverkusen hat es perfekt gepasst – auch, weil meine Frau in Leichlingen wohnt. Dass ich neben der Nachwuchsarbeit jetzt auch für die Bundesliga-Frauen sowie die Trainerakademie zuständig bin, ist fast wie ein Sechser im Lotto für mich.“

...das Leistungszentrum Kurtekotten: „Bayer war immer stark in der Nachwuchsarbeit und der Kurtekotten ist das Flaggschiff. Allerdings ist das irgendwann in die Jahre gekommen und die anderen Klubs haben gewaltig ausgerüstet. Jetzt müssen wir aufpassen, dass der Zug nicht an uns vorbei rauscht. Es geht darum, die perfekten Voraussetzungen, die wir haben, perfekt zu nutzen. Es gibt keinen Grund, warum Leverkusen in der Nachwuchsarbeit nicht wieder zu einer absoluten Top-Adresse werden soll. Das Potenzial dafür ist vorhanden.“

...die Talentförderung: „Wir müssen die Intensität steigern und mehr fordern und fördern. Jeder einzelne Spieler ist für mich ein Projekt. Wir fangen bereits im U12-Bereich an zu schauen, wie hoch das Potenzial ist, wer welche Schwächen oder welche Stärken hat und wie wir wen gezielt fördern können. Dabei geht es auch um die schulische Ausbildung und andere Themen neben dem Fußball. Ich weiß nicht, ob es noch einen Verein in Deutschland gibt, der es so macht, wie Bayer 04 – mit Trainern, Pädagogen, Psychologen und anderen Betreuern.“

...den Übergang zu den Profis: „Wie viele Spieler kommen aus dem Leistungszentrum, werden Profis und fassen in der ersten oder zweiten Liga Fuß? Diese Frage ist für mich der entscheidende Gradmesser: Diese Auszeichnung müssen wir uns immer wieder erarbeiten. Kai Havertz und Benjamin Henrichs sind zwei herausragende Beispiele, aber es gibt viele weitere Spieler, die heute auf Top-Niveau spielen und am Kurtekotten ausgebildet wurden.

...den Kampf um Talente: „Wir haben den Anspruch, dass wir der Verein sind, zu dem große Talente aus der Region hinkommen wollen, weil es sich lohnt – und weil Bayer die Top-Adresse für sie ist. Natürlich scouten wir auch überregional, aber das gilt nur für Spieler, die eine gute Perspektive haben, irgendwann zum Kader der Profis zu passen. Wir holen nicht Spieler von weit weg oder gar dem Ausland, nur um unsere Mannschaften aufzufüllen.

...die Schwerpunkte in der Nachwuchsarbeit: „Jeder Verein sucht letztlich das Gleiche. Spieler sollen schnell sein, intelligent, technisch versiert und physisch stark. Mir ist wichtig, dass wir eine einheitliche Spielphilosophie in allen Teams etablieren. Man soll nicht nur am Trikot erkennen, dass dort Bayer Leverkusen spielt, sondern vor allem am Stil: ballbesitzorientiert, dominant und mit schneller Rückeroberung nach Ballverlusten. Aber wir können und wollen nicht alle U-Mannschaften in ein starres Spielsystem pressen.“

...über die Bundesliga-Frauen von Bayer 04: „Es gibt bereits eine sehr gute Basis. Das Team ist engagiert und macht Spaß, aber ich will dort ebenfalls irgendwann erkennen, dass ein Stil gespielt wird, der „Bayer-like“ ist. Irgendwann geht es nicht mehr nur darum, Spiele zu gewinnen und den Klassenerhalt zu schaffen, sondern darum, dass die Frauen genauso erfolgreich spielen, wie die Männer – also im oberen Drittel der Tabelle.

...die Chance, zeitnah den nächsten Kai Havertz auszubilden: „Wir haben zwei, drei Spieler, denen ich eine ähnliche Entwicklung zutraue. Die werden wir begleiten und fördern. Es gibt aber auch andere Spieler mit dem richtigen Engagement und der richtigen Einstellung, die mit entsprechender Ausbildung einen Kaderplatz bei Bayer Leverkusen finden werden. Es geht nicht immer nur um die absoluten Top-Jungs und Ausnahmetalente wie Kai Havertz oder Florian Wirtz, sondern um alle, die eine gute Rolle in der Bundesliga spielen und auf die wir stolz sein können, weil sie aus der eigenen Jugend kommen.“

Aufrufe: 014.10.2020, 08:00 Uhr
RP / Dorian AuderschAutor