2024-05-14T11:23:26.213Z

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"Ansprüche für ganz oben sind momentan nicht gegeben.“ BSC-Trainer Alfons Higl | Foto: Patrick Seeger
"Ansprüche für ganz oben sind momentan nicht gegeben.“ BSC-Trainer Alfons Higl | Foto: Patrick Seeger

Alfons Higl: "Wir spielen keinen Gegner an die Wand"

BZ-Interviewmit Trainer Alfons Higl über Unbeherrschtheiten und andere Probleme beim Oberligisten Bahlinger SC

Bahlingen hat den Blues. Gedämpft ist die Stimmung beim BSC nach nur einem Sieg aus den vergangenen sieben Pflichtspielen. Den Abschwung scheint das Pokal-Aus beim Offenburger FV ausgelöst zu haben. In den vergangenen vier Oberliga-Partien gab es nur einen Punkt, dafür aber drei Platzverweise. Wie tief steckt der Bahlinger SC in der Krise? Matthias Kaufhold sprach mit Trainer Alfons Higl über das Stürmerproblem, den Frust, der Platzverweise provoziert, und Bahlinger Grenzen auf dem Spielermarkt.

BZ: Was ist in Offenburg passiert, dass die Mannschaft so außer Tritt geraten ist?
Higl: In Offenburg ist uns eines der Saisonziele abhanden gekommen: der südbadische Pokalsieg. Die Art und Weise des Ausscheidens war aber auch verdient. Für mich lassen sich unsere Probleme aber nicht auf den Pokal zurückführen.

BZ: Sondern?
Higl: Wichtige Spieler wie Serhat Ilhan, Michael Respondek oder auch mein Sohn Felix haben sich verletzt. Gleichzeitig mussten Spieler nach Verletzungspausen gleich ran, obwohl sie noch nicht richtig im Saft standen. Wir haben die Aufstellung immer wieder ändern müssen, hinten von Vierer- auf Dreier- und Fünferkette. Hinzu kamen die Undiszipliniertheiten, die zu Roten und Gelb-Roten Karten führten. Alles passierte gleichzeitig – das haben nicht gut verkraftet.

BZ: Sind diese Undiszipliniertheiten Ausdruck von großem Frust, weil die Spieler merken, dass es nicht läuft?
Higl: Klar, wenn Du eine Zeitlang als Mannschaft richtig gut spielst und nach zehn Spieltagen Tabellenführer bist, dann weckt das schon Begehrlichkeiten. Dann lässt man sich die Butter vom Brot nehmen, will sich mit allen Mitteln gegen eine weitere Niederlage stemmen und reagiert in manchen Situationen falsch.

BZ: Lassen Sie das als Ausrede gelten?
Higl: Natürlich nicht. Wir haben das am Montag mit der Mannschaft aufgearbeitet, die betreffenden Spieler haben sich entschuldigt. Wir müssen jetzt wieder in die Spur kommen und bei grundsätzlichen Dingen anfangen. Es wird hoffentlich in den nächsten Spielen keine Situation geben, wo wir den Schiedsrichter angehen oder Frustfouls begehen.

BZ: Hat sich das Team durch die Tabellenführung Sand in die Augen gestreut?
Higl: Nein, das war eine Momentaufnahme, das war allen klar. Bei uns herrschte weiter Zug im Training, wir mussten es aber ein wenig steuern, um nicht weitere Verletzte zu riskieren. Für manche war die Aufstellung im Spiel ein Selbstläufer, das ist nicht gut. Der Konkurrenzkampf ist notwendig, sonst fällt die Spannung ab.

BZ: Der Schuh drückt vor allem vorne. Warum bekommt der BSC sein Stürmerproblem nicht in den Griff?
Higl: In den ersten zehn Spielen gab es keinen Grund zu lamentieren, da hat sich die Zahl der Torschützen breit verteilt. In schwierigen Situationen muss sich aber ein Spieler herauskristallisieren, der Verantwortung übernimmt, wenn die Defensive gut steht. Leider ist uns das zuletzt nicht gelungen, da hat uns zuweilen auch das Spielglück gefehlt. Wir spielen in der Oberliga keinen an die Wand, dafür sind wir individuell nicht gut genug. Um Spiele zu gewinnen, müssen wir alles raushauen, läuferisch stark sein, mit viel Mut, Entschlossenheit und Teamspirit agieren.

BZ: Haben Sie sich von den Neuzugängen in diesem Jahr nicht mehr erwartet?
Higl: Da müssen wir Geduld haben. Vielleicht schwimmt sich einer wie Santiago Fischer jetzt frei. Grundsätzlich ist es für Bahlingen nicht einfach, sofort funktionierende Qualitätsspieler zu holen. Mittlerweile gibt es auch für Spieler, die beim SC Freiburg aus der zweiten Mannschaft ausscheiden, viele Möglichkeiten, um bei Homburg oder Worms zumindest Regionalliga zu spielen. Die Oberliga ist nicht attraktiv genug für Spieler, die noch Ansprüche haben, in den Profibereich reinzumarschieren. Bahlingen kommt dann ins Spiel, wenn ein 28-Jähriger, der den Sprung nach oben in die Bundesliga nicht geschafft hat, wieder ins Südbadische zurückkehren will, um hier beruflich Fuß zu fassen oder zu studieren. Dann muss er aber diesen Spagat hinbekommen: viermal Training pro Woche unter einem anspruchsvollen Trainer und gleichzeitig die berufliche Karriere forcieren.

BZ: Man darf also die Ansprüche beim BSC nicht zu hoch ansetzen?
Higl: Der Fußball hat für fast alle unserer Spieler nicht die oberste Priorität. Deshalb sollte man auch gemäßigter reagieren, wenn es mal nicht so läuft. Natürlich bin auch ich enttäuscht. Das wichtigste ist für mich aber, dass ich eine charakterstarke Mannschaft habe. Davon bin ich überzeugt. Die Jungs halten zusammen.

BZ: Der BSC ist auf Platz sieben abgerutscht. Auf der anderen Seite sind es nur sechs Punkte bis zur Tabellenspitze. Was ist noch möglich in dieser Saison?
Higl: Wir wollen in den restlichen vier Spielen bis zur Winterpause auf jeden Fall noch punkten. Wichtig ist erst mal, dass wir nicht weiter abrutschen und Luft nach unten bewahren. Ansprüche für ganz oben sind momentan nicht gegeben, so ehrlich muss man sein. Es gilt, fleißig zu arbeiten, sich zu stabilisieren und am Samstag zu Hause gegen den FC Nöttingen mit einem Dreier wieder den ersten Schritt zu machen.


Zur Person: Alfons Higl brachte es als Spieler auf über 250 Einsätze in der ersten und zweiten Bundesliga. Als Co-Trainer wurde er 2007 mit dem VfB Stuttgart Deutscher Meister. Im Februar 2017 übernahm der 52-jährige, der in Schallstadt lebt, das Traineramt beim Bahlinger SC und bewahrte den Verein vor dem Abstieg aus der Oberliga.

Aufrufe: 09.11.2017, 19:00 Uhr
Matthias Kaufhold (BZ)Autor