2024-05-10T08:19:16.237Z

FuPa Portrait
Mittendrin statt nur dabei: Bernhard Wurm beim DFB-Pokalfinale im Berliner Olympiastadion.  Foto: Wurm
Mittendrin statt nur dabei: Bernhard Wurm beim DFB-Pokalfinale im Berliner Olympiastadion. Foto: Wurm

Auf Augenhöhe mit Pep Guardiola

Der Meringer Bernhard Wurm trägt für Werbebanden im Profifußball Verantwortung +++ Dabei schätzt er den Kontakt zu Stars, manchmal ist der Job aber gefährlich

Bernhard Wurm, 56, hat mit dem Fußball eigentlich wenig am Hut. Und doch steht er immer mal wieder auf Augenhöhe mit Bayerns Meistertrainer Pep Guardiola, ratscht mit FCA-Manager Stefan Reuter oder sieht Bundespräsident Joachim Gauck aus nächster Nähe zu, wie er 2012 den Dortmundern den DFB-Pokal überreicht. Eines seiner Lieblingsbilder zeigt ihn inmitten eines Regens goldenen Lamettas – fast schon in Franz-Beckenbauer-Manier.

Der Meringer steht viel an der Bande, von Berufs wegen. Denn er ist dafür verantwortlich, dass Werbung zum richtigen Zeitpunkt an richtiger Stelle platziert ist, dass Werbeschilder fest sitzen oder dass 3-D-Teppiche neben den Toren ihre Wirkung entfalten. „Es macht dann echt Spaß, wenn du mit dem heimischen Sportdirektor ratscht und neben dran der Sportdirektor des Gastvereins dich auch kennt, weil du dessen Stadion auch betreust“, freut sich Wurm diebisch.

Dabei ist er gelernter Kfz-Meister und hat 33 Jahre lang bei Mercedes in der Werkstatt gearbeitet. Als er 48 wurde, bot man ihm den Ruhestand an. Wurm ist aber niemand, der lange still sitzen kann. Selbst die heimische Gärtnerei Ullmann, die seine Frau und seine Tochter betreiben, reichte ihm nicht als Anforderung. Als er zufällig jemand kennen lernte, der als Subunternehmer bei der Düsseldorfer Firma Veto arbeitet, beschloss er: Das mache ich auch.

Jetzt darf er Werbebanden schleppen und aufbauen, die rund 100 Kilogramm schwer und mit viel Technik versehen sind. Der Drehmechanismus lässt bis zu 18 verschiedene Poster nacheinander zu, die durchlaufen. Alles wird von einem Computer gesteuert. Der 56-Jährige erklärt, wie es dazu kommt, dass Werbung quasi wandert: „Erst werden auf sechs Segmenten Poster von einer Firma gezeigt, die verschwinden – und gleichzeitig tauchen andere auf den sechs Segmenten daneben auf – und so weiter.“ Da darf sich nichts verhaken, darf nichts abreißen. „Die verwenden ein Spezialpapier, das ist recht widerstandsfähig“, weiß der Meringer.

Es kann aber auch vorkommen, dass sich ein Fußballerbein durch das Papier bohrt – dann muss er reagieren, das Papier flicken und wieder funktionstüchtig machen.
Natürlich kennt er auch die berühmte Szene, in der ein erboster, weil ausgewechselter Jürgen Klinsmann in eine Werbetonne tritt. „Das aber war vor meiner Zeit.“ Die neueste Technik ist die mit Leuchtdioden, LED. Die kennt Wurm auch. Dass er deshalb arbeitslos werden könnte, fürchtet der Meringer nicht. „Die müssen auch aufgebaut und verkabelt werden. Und da sind viel mehr Leitungen anzuschließen.“

Wurms Job wirkt kaum gefährlich, er hat aber auch schon anderes erlebt. Brennen Chaoten verbotene Pyrotechnik oder Böller ab, steigt sein Risiko – weil er eben so nah am Spielfeld steht. Manchmal auch zu nah. „Letztes Mal in Fürth haben mir Nürnberger einen Knaller direkt neben dem Ohr gezündet. Da habe ich drei Tage lang nimmer richtig gehört und musste zum Arzt gehen“, erzählt er. Und auch die verletzten Akteure erlebt er oft unmittelbar. Beim Pokalspiel der Bayern letzte Saison in Augsburg wurde die Trage des verletzten Arjen Robben direkt an ihm vorbei zu den Katakomben getragen. Dennoch überwieg das Positive. „In München haben wir auch im Oberrang Banden, die wir betreuen mussten. Da stand dann Rafinha direkt neben mir und hat sich das Spiel angeschaut“, meint er. Besonders gern hat er den Augsburger Torhüter Alexander Manninger: „Der kommt immer her, klopft dir auf die Schulter, sagt Servus“, so Wurm.

Eines der kurioseren Erlebnisse war ein Werbespot, den eine Bierfirma mit der Nationalmannschaft drehte. „Da wurde ein komplettes künstliches Stadion aufgebaut in einer Münchener Messehalle. Alles, was so dazu gehört, inklusive der Lichttechnik. Das war ein Riesen-Aufwand. Und als ich den Spot dann gesehen habe, konnte ich es nicht glauben: Alles für nur 16 Sekunden Sendung“, führt Wurm aus.

Ganz knapp dahinter in der Reihe solcher Erlebnisse rangiert das DFB-Pokalfinale 2012, das Dortmund mit 5:2 gegen die Bayern gewann. 36 Stunden vor Spielbeginn lief im Berliner Olympiastadion noch das Relegationsspiel der Hertha gegen Düsseldorf. „Und wir mussten in der kurzen Zeit das Stadion komplett umbauen. Denn der DFB will nur entweder Holzreiter oder gleich eine LED-Bande wie bei diesem Finale. Da muss alles andere an Werbung verschwinden“, erzählt Wurm. Und die elektronischen Werbeflächen sind sehr kabel- und arbeitsintensiv. Beim Spiel selbst wurde Wurm mit exklusiven Plätzen entschädigt. Wenige Meter von ihm entfernt, überreichte Bundespäsident Joachim Gauck den Dortmundern den Pokal.

Aufrufe: 04.9.2014, 20:07 Uhr
Friedberger Allgemeine / Anton SchlickenriederAutor