Die Leidenschaft überträgt sich dennoch auf beide Mannschaften, es geht an diesem letzten Spieltag der A-Klasse 7 schließlich noch um etwas. Weniger für die Gäste, die schon bald in der Relegation um den Aufstieg in die Kreisklasse spielen dürfen, dafür aber für den ATV. Der verliert dieses Spiel trotzdem mit 3:4, die Wut konzentriert sich vor allem auf den Schiedsrichter, der tatsächlich einige etwas fragwürdige Entscheidungen trifft und zwei reguläre Tore Frankonias aberkennt. Also fuchteln sie ein bisschen mit den Armen, schimpfen, hadern, auch mit sich selbst, dann ist das letzte Spiel des ATV Frankonia II in dieser Liga zu Ende.
In ein paar Tagen müssen sie noch in die Relegation zur B-Klasse, „und wir wollen das auch anständig zu Ende bringen“, sagt Kapitän Claudio Scigliuzzo. Doch für diesen Verein wollen sie künftig nicht mehr spielen, weswegen ein Abstieg zwar dem eigenen Ego schmerzen, aber nicht für tagelange Trauer sorgen würde. Sportliche Niederlagen sind sie ohnehin gewohnt, seit sich die ehemalige Privatmannschaft Atletico Calcio zur vergangenen Saison dem ATV anschloss.
Eigentlich wollten sie in der B-Klasse anfangen, erst einmal reinschnuppern. Stattdessen nahmen sie den Platz der sich zersetzenden dritten Mannschaft in der A-Klasse ein, nach einem halben Jahr wurden sie plötzlich zur zweiten Mannschaft, die sich aufgelöst hatte. Mit 143 Gegentoren und 25 Niederlagen stiegen sie aus der Kreisklasse ab. Es war ein wilder Sprung durch die Ligen, der zwar etwas am Selbstbewusstsein nagte, aber nicht den Zusammenhalt der Mannschaft gefährdete.
Sie hatten ihren Spaß in dieser Saison, gewannen sogar fünfmal, aber wie der Verein mit ihnen umging, das wollen sie sich nicht mehr gefallen lassen. „Wir mussten unsere Bälle selbst kaufen, unsere Trikots, unser Wasser“, sagt Kapitän Scigliuzzo, „dabei haben wir alle über 200 Euro im Jahr Beitrag gezahlt.“ Trainieren und spielen durften sie auch selten auf den schönen Rasenplätzen, auf dem ehemaligen Süder Sportplatz in der Werderau mussten sie sich in Containern umziehen und duschen. Einige Spieler hatten darauf keine Lust und verließen die Mannschaft schnell wieder.
Mit den Verantwortlichen des ATV hätten sie das immer wieder besprochen, sagt Scigliuzzo, „da kamen immer viele Versprechungen“, doch geändert hat sich wenig. Wie angespannt das Verhältnis (und wie gering die Wertschätzung) war, spürten sie vor ein paar Wochen, als die erste Mannschaft lieber mit neun Spielern antrat, obwohl der Großteil der zweiten nur wenige Meter weiter stand – und gerne mal wieder in der Kreisklasse ausgeholfen hätte.
Also haben sie nun einen Schlussstrich unter ihre zwei Jahre beim ATV 1873 Frankonia gezogen und wollen einen Neuanfang wagen. Die SpVgg Nürnberg nimmt all die Schwager, Cousins und Freunde, die doch einfach nur zusammen Fußball spielen wollen, gerne auf. In der neuen Saison wollen sie dann tatsächlich in der B-Klasse beginnen und nicht wieder quer durch alle Ligen gereicht werden wie 2015.
Potenzial steckt jedenfalls viel in seiner Mannschaft, glaubt Scigliuzzo, nur konnten sie das bisher kaum abrufen. „Wir hatten eigentlich nie wirklich einen Trainer“, sagt er, „uns fehlt ein System und die Disziplin.“ Seit vier Wochen haben sie den nun gefunden, Ciro Bruno wird mit ihnen zur Spielvereinigung wechseln, auch wenn sie ihn dazu erst überreden mussten. Die vergangenen Spiele nutzten sie schon mal, um einiges auszuprobieren. Zum Beispiel eine Dreierkette in der Abwehr – was prompt mit einem 0:9-Debakel gegen Worzeldorf II endete. Claudio Scigliuzzo bleibt dennoch optimistisch. „Wir kriegen das schon hin“, sagt er. „Wir sind halt nur Sonntagskicker.“