Die Tinte unterm Vertrag ist noch gar nicht lange trocken. "Eine mündliche Einigung gab es schon länger, aber unterschrieben habe ich erst vor ein paar Tagen", erzählt Markus Smarzoch. Nach Chattanooga verschlägt es ihn also, knapp 180.000 Einwohner, amerikanisches Kernland im Süden Tennessees an der Grenze zu Georgia. Die nächstgelegene Großstadt Atlanta ist rund 200 Kilometer entfernt. Für gewöhnlich gehen Kicker aus Europa Anfang 20 in die Vereinigten Staaten, um neben einem lukrativen Studienplatz unter professionellen Bedingungen für ein College-Team aufzulaufen. Im Fall von Markus Smarzoch ist das anders: "Ich habe einen Profivertrag beim Chattanooga FC unterschrieben. Der Verein ist Gründungsmitglied einer neu ins Leben gerufenen Profiliga, des sogenannten NPSL Founders Cups." Elf Teams treten in dem für den US-Sport typischen Modus einer Eastern und Western Conference gegeneinander an, nach der Vorrunde warten dann die Playoffs. Die Klubs sind quer über das Land verstreut: Von New York im Osten bis San Diego im Westen, von Miami im Süden bis Detroit im Norden. "Ich freue mich einfach riesig auf die Herausforderung. Das wird komplettes Neuland werden. Es ist sozusagen mein Comeback im Profifußball, mein zweiter Versuch", blickt Smarzoch dem Abenteuer gespannt entgegen. Optimismus, den sich der Mittelfeldmann erst wieder aneignen musste.
Denn der Regensburger hat keine einfache Zeit hinter sich. Nach einem Knorpelschaden musste er eine Meniskus-OP über sich ergehen lassen, zusätzlich wurde ein Schambeinbruch diagnostiziert. Die Reha war hart, vor allem für den Kopf. "Ich hatte immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen, da beginnst du an dir selbst zu zweifeln." Abgehakt, jetzt blickt der 29-Jährige wieder nach vorne. Zum zweiten Mal bricht er nun gen Amerika auf. Bereits 2018 kickte er drei Monate in Florida für West Palm Beach United. Daduch kam auch der Kontakt nach Tennessee zustande, denn sein damaliger Coach hat im Trainerstab von Chattanooga angeheuert. Für Testpartien war er bereits vor Ort - und staunte nicht schlecht: "Da kamen 7.000 Zuschauer zu einem Freundschaftsspiel, Wahnsinn. Chattanooga hält auch den US-Rekord für die meisten Besucher eines Amateurspiels. Im Juni 2015 kamen über 18.000 Fans zu einem Match." Der Fußball an sich in den Vereinigten Staaten ist mit dem in Europa kaum zu vergleichen, jenseits des großen Teichs geht es "familiärer und auch ein Stück weit lässiger zu", wie Smarzoch betont. Freilich auch, weil "Soccer" nicht annähernd den medialen Rummel genießt wie diesseits des Atlantiks.
Fit sollte er demnächst wirklich sein, denn in Chattanooga warten vom Start weg große Herausforderungen. Am 25. Mai kommt der spanische Erstligist Betis Sevilla im Rahmen seiner US-Tour zur Stippvisite nach Tennessee. "Ich werde noch einmal probieren, im Fußball alles rauszuhauen und da das alles zu genießen", verspricht er. Wie es dann mit ihm in weitergeht, ob er seine Zukunft in den Staaten sieht oder wieder im Freistaat aufschlägt, das kann er noch nicht beantworten: "Ich würde später gerne in den Bereich Coaching gehen, da werde ich mich erkundigen, inwieweit ich da jetzt dann schon reinschnuppern kann. Zudem könnte ich mir vorstellen, als Personaltrainer zu arbeiten." Zunächst aber wird Markus Smarzoch Pionierarbeit leisten müssen. Der Chattanooga FC will sich schließlich die ersten Meriten im Profifußball verdienen.