2024-05-02T16:12:49.858Z

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Abzug: Markus Smarzoch (li.) hält in einem Testspiel des Chattanooga FC drauf. Ab Mitte Mai steht er beim neuen US-Profiklub unter Vertrag. F.:Privat
Abzug: Markus Smarzoch (li.) hält in einem Testspiel des Chattanooga FC drauf. Ab Mitte Mai steht er beim neuen US-Profiklub unter Vertrag. F.:Privat

Pionier im Wilden Westen: Smarzochs Comeback im Profifußball

Den 29-jährigen Regensburger verschlägt es nach Chattanooga, Tennessee +++ Dort wird er Teil eines ganz besonderen Projekts sein

Gut, es ist jetzt auf den ersten Blick nicht die große Fußballwelt. Madrid, Barcelona, Manchester - das geht dem deutschen Fan leicht von der Zunge. Aber Chattanooga, Tennessee? Da runzelt der hiesige Anhänger die Stirn: Noch nie gehört! Genau dorthin in den Südosten der USA wird es ab dem 14. Mai Markus Smarzoch verschlagen. Der 29-Jährige wird dort Teil eines ganz besonderen Projekts sein: Der Aufbau eines kürzlich aus der Taufe gehobenen Profiklubs. Warum es ihn im gereiften Fußballalter noch einmal reizt, etwas komplett Neues in Angriff zu nehmen, weshalb er dem ASV Neumarkt im Abstiegskampf der Bayernliga Nord nicht mehr helfen darf und wieso er sich derzeit beim Regionalligisten FV Illertissen fit hält? Wir haben mit dem Oberpfälzer zwei Wochen vor seinem Abflug in den Wilden Westen noch einmal ausführlich gesprochen.

Die Tinte unterm Vertrag ist noch gar nicht lange trocken. "Eine mündliche Einigung gab es schon länger, aber unterschrieben habe ich erst vor ein paar Tagen", erzählt Markus Smarzoch. Nach Chattanooga verschlägt es ihn also, knapp 180.000 Einwohner, amerikanisches Kernland im Süden Tennessees an der Grenze zu Georgia. Die nächstgelegene Großstadt Atlanta ist rund 200 Kilometer entfernt. Für gewöhnlich gehen Kicker aus Europa Anfang 20 in die Vereinigten Staaten, um neben einem lukrativen Studienplatz unter professionellen Bedingungen für ein College-Team aufzulaufen. Im Fall von Markus Smarzoch ist das anders: "Ich habe einen Profivertrag beim Chattanooga FC unterschrieben. Der Verein ist Gründungsmitglied einer neu ins Leben gerufenen Profiliga, des sogenannten NPSL Founders Cups." Elf Teams treten in dem für den US-Sport typischen Modus einer Eastern und Western Conference gegeneinander an, nach der Vorrunde warten dann die Playoffs. Die Klubs sind quer über das Land verstreut: Von New York im Osten bis San Diego im Westen, von Miami im Süden bis Detroit im Norden. "Ich freue mich einfach riesig auf die Herausforderung. Das wird komplettes Neuland werden. Es ist sozusagen mein Comeback im Profifußball, mein zweiter Versuch", blickt Smarzoch dem Abenteuer gespannt entgegen. Optimismus, den sich der Mittelfeldmann erst wieder aneignen musste.

»Ich hatte immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen, da beginnst du an dir selbst zu zweifeln.«

Denn der Regensburger hat keine einfache Zeit hinter sich. Nach einem Knorpelschaden musste er eine Meniskus-OP über sich ergehen lassen, zusätzlich wurde ein Schambeinbruch diagnostiziert. Die Reha war hart, vor allem für den Kopf. "Ich hatte immer wieder mit Rückschlägen zu kämpfen, da beginnst du an dir selbst zu zweifeln." Abgehakt, jetzt blickt der 29-Jährige wieder nach vorne. Zum zweiten Mal bricht er nun gen Amerika auf. Bereits 2018 kickte er drei Monate in Florida für West Palm Beach United. Daduch kam auch der Kontakt nach Tennessee zustande, denn sein damaliger Coach hat im Trainerstab von Chattanooga angeheuert. Für Testpartien war er bereits vor Ort - und staunte nicht schlecht: "Da kamen 7.000 Zuschauer zu einem Freundschaftsspiel, Wahnsinn. Chattanooga hält auch den US-Rekord für die meisten Besucher eines Amateurspiels. Im Juni 2015 kamen über 18.000 Fans zu einem Match." Der Fußball an sich in den Vereinigten Staaten ist mit dem in Europa kaum zu vergleichen, jenseits des großen Teichs geht es "familiärer und auch ein Stück weit lässiger zu", wie Smarzoch betont. Freilich auch, weil "Soccer" nicht annähernd den medialen Rummel genießt wie diesseits des Atlantiks.

Das Jubeln im neuen Trikot konnte Markus Smarzoch (Nr. 25) schon einmal üben. F.:PrivatWas ihn sportlich erwartet, das kann Smarzoch noch nicht wirklich abschätzen: "Ganz schwierig, hier eine Prognose abzugeben. Ich habe bisher zweimal mit dem Team zusammen, wir haben Spieler aus aller Herren Länder dabei, vier kommen aus Deutschland. Ich denke, vom Niveau her ist es schon mit der Regionalliga bei uns vergleichbar." Derzeit hält sich der Ex-Kicker des SSV Jahn Regensburg in Illertissen fit. Moment mal, warum in Illertissen und nicht beim ASV Neumarkt, wo er vor Kurzem noch im Ligaspiel am 13. April gegen den TSV Abtswind 90 Minuten lang die Schuhe schnürte? Gab`s Zoff mit dem Verein, bei dem er im Herbst als spielender Co-Trainer eingestiegen war? "Das war das letzte Spiel, leider. Ich würde gerne in der Endphase der Saison noch helfen, darf es aber nicht. Ab dem 14. Mai bin ich in den USA, die Regel besagt, dass ich 30 Tage vorher kein offizielles Spiel mehr bestreiten darf. Ansonsten erhalte ich keine Spielerlaubnis", klärt Smarzoch auf. Und weil seine Freundin aus Illertissen kommt und die beiden derzeit im Schwabenland darauf warten, bis es in zwei Wochen losgeht Richtung Amerika, hat es sich angeboten, mal beim örtlichen Regionalligisten anzuklopfen. Zumal Kumpel Stani Herzel aus gemeinsamen Regensburger Tagen derzeit beim FVI unter Vertrag steht, da war der Kontakt gleich hergestellt. "Ein Riesendankeschön an dieser Stelle an die Verantwortlichen beim FVI, allen voran Trainer Marco Küntzel, dass sie mich sofort haben mitmachen lassen. Es tut mir sehr gut, mich körperlich wieder an dieses Niveau heranzutasten", meint Smarzoch.

Coaching oder Personaltrainer: Für die Zukunft lässt sich Smarzoch einige Optionen offen.

Fit sollte er demnächst wirklich sein, denn in Chattanooga warten vom Start weg große Herausforderungen. Am 25. Mai kommt der spanische Erstligist Betis Sevilla im Rahmen seiner US-Tour zur Stippvisite nach Tennessee. "Ich werde noch einmal probieren, im Fußball alles rauszuhauen und da das alles zu genießen", verspricht er. Wie es dann mit ihm in weitergeht, ob er seine Zukunft in den Staaten sieht oder wieder im Freistaat aufschlägt, das kann er noch nicht beantworten: "Ich würde später gerne in den Bereich Coaching gehen, da werde ich mich erkundigen, inwieweit ich da jetzt dann schon reinschnuppern kann. Zudem könnte ich mir vorstellen, als Personaltrainer zu arbeiten." Zunächst aber wird Markus Smarzoch Pionierarbeit leisten müssen. Der Chattanooga FC will sich schließlich die ersten Meriten im Profifußball verdienen.

Aufrufe: 030.4.2019, 15:05 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor