2024-04-16T09:15:35.043Z

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Zu Höhensprüngen kann ab sofort auch wieder Christian Eidenhardt (re.) ansetzen Foto: Groitl
Zu Höhensprüngen kann ab sofort auch wieder Christian Eidenhardt (re.) ansetzen Foto: Groitl

Totgesagte leben länger

Christian Eidenhardt feiert ein unglaubliches Comeback +++ Rückkehr in den Alltag

Dass Christian Eidenhardt überhaupt zu diesem Interview erscheinen kann grenzt an ein Wunder. Vor nicht genau einem Jahr, am 29.01.2011, fand das Chamer Firmen- und Behördenturnier in der Joseph-von-Fraunhofer-Halle statt, bei dem Eidenhardt beim Auswechseln einen Gehirnschlag erlitt. Der 24-Jährige wurde umgehend von in der Halle befindlichen Sanitätern versorgt und unmittelbar mit einem Rettungshubschrauber nach Regensburg geflogen. Dennoch schwebte der Offensivspieler der Chamer Zweiten wochenlang in akuter Lebensgefahr - und musste sich nach dem Aufwachen aus dem Koma erst langsam wieder an ein geregeltes Leben herantasten. Am vergangenen Wochenende feierte "Eide", wie ihn seine Mitspieler rufen, ein viel beachtetes Comeback, das ihn nach seiner Geschichte (in der Kürze der Zeit) nur die wenigsten zugetraut hätten.

FuPa: Vor nicht ganz einem Jahr bist du beim Chamer Firmen und Behördenturnier bei einer Auswechslung zusammengebrochen, die Diagnose lautete "Gehirnblutung". Nun hast du am vergangenen Wochenende beim 2.Frey-Indoor-Cup dein Comeback gefeiert. Wie hat sich dieser Moment angefühlt?

Eidenhardt: Das war ein absolut unbeschreibliches Gefühl wieder auf dem Feld zu stehen. Noch vor einiger Zeit hätte man in keinster Weise daran glauben können. Als ich noch im Rollstuhl gesessen bin, war das Comeback in ganz weiter Ferne. Umso schöner, dass es nun doch so "schnell" geklappt hat. Es hat mich tierisch gefreut wieder mit meiner Mannschaft zu spielen.


FuPa: Du warst fast ein Jahr außer Gefecht, musstest neben den vielen OPs und Schmerzen auch andere Begleiterscheinungen wie etwa eine temporäre Erblindung, extremen Muskelschwund und viele weitere Einschränkungen in Kauf nehmen. Wie ist es, wenn man im Körper eines Erwachsenen sich alles neu anlernen muss wie ein kleines Kind?

Eidenhardt: Es war echt nicht einfach, das alles durchzustehen. Erst die Zeit im Koma, danach wachst du auf und bist völlig blind. Aber am meisten hat mich als Vollblutsportler das Sitzen und "Gefesselt-Sein" am Rollstuhl genervt. Da war ich an einigen Abenden alleine in meinem Zimmer kurz vorm aufgeben und fragte mich immer wieder, warum gerade mir diese Geschichte passiert ist.

Zunächst musste ich das Schlucken und Sprechen lernen, was sich allerdings schnell wieder einstellte. Natürlich war das angesichts der Erblindung, die erst Monate nach dem eigentlichen Unfall behoben werden konnte, nicht leicht. Danach ging es an erste motorische Bewegungen, etwa das Greifen mit der Hand. Ich konnte weder selbstständig Trinken, Flaschen öffnen oder Schuhbänder binden, Alltagsbewegungen, die mich heute wieder überhaupt nicht belasten, aber damals eine unüberwindbare Aufgabe darstellten.

Als ich dann langsam stabiler wurde und den Rollstuhl bald in einen sogenannten Rollator umtauschen konnte, konnte ich wieder mit dem Muskelaufbau und Gleichgewichtsübungen beginnen. Wenn man zunächst nicht mal alleine stehen kann, geschweige denn einen einzigen Schritt gehen, dann kann man sich vorstellen, wie anstrengend alles für den Körper und vor allem auch für den Geist ist. Bevor ich mit den Übungen begann war ich auf nicht einmal mehr 50 Kilogramm abgemagert, hatte keine Kraft mehr, alle Muskeln waren weg. Ich habe aber nie aufgeben und in ruhigen Minuten - und davon gibt es im Krankenhaus wirklich viele - immer wieder geübt zu gehen. Den Gang auf und ab, teilweise ohne Hilfe. Als es dann zur Schlussreha ging, hab ich immer wieder versucht im Park zu joggen, was sicherlich sehr unbeholfen ausgesehen haben muss. Irgendwann lief auch das immer besser und ich konnte meinen Stil auch wieder wirklich "laufen" nennen.

Vor meiner Entlassung aus dem Krankenhaus wurde mir dann mein Augenlicht wieder geschenkt. Die Blutkristalle, die sich während meiner Hirnblutung eingelagert hatten, wurden dabei operativ entfernt, so dass ich nun wieder einwandfrei sehe. Ich kann mittlerweile sogar wieder problemfrei Auto fahren, auch wenn ich bevor ich wieder zu fahren begann vorsichtshalber zwei Übungsstunden in der Fahrschule genommen habe.


FuPa: Deine Rückkehr in den Alltag schreitet immer weiter voran. Ab Januar beginnst du ja wieder in Teilzeit bei deinem vorherigen Arbeitgeber. Aber auch in sportlicher Hinsicht trauen dir deine Mitspieler und dein Trainer schon wieder viel zu. Nach der Vorgeschichte würden sich das einige wohl nicht trauen. Wie hift dir der Sport beim Verarbeiten deiner "Geschichte"?

Eidenhardt: Ja, ab dem 2. Januar beginne ich wieder zu arbeiten, wofür ich meinem Arbeitgeber sehr dankbar bin. Er hat bedingungslos zu mir gestanden und mir so eine unkomplizierte Rückkehr ermöglicht.

Es freut mich natürlich sehr, wenn man mir in sportlicher Hinsicht wieder etwas zutraut. Was da in Zukunft möglich ist wird man sehen. Die Angst spielt natürlich mit, ist aber nach so einem Vorfall sicherlich normal. Zum Spielen benutze ich nun aber einen ähnlichen Helm wie Christian Chivu oder Petr Cech, der mir zusätzlich Sicherheit gibt und mich vor eventuellen Sturzfolgen schützt.

Ich bin da dem ASV sehr dankbar, dass sie mir dieses Vertrauen entgegen bringen und sich auch regelmäßig nach mir erkundigt haben, was leider nicht alle getan haben. Umso mehr freut es mich, dass ich mich in dieser Zeit auf viele Personen verlassen konnte. Meine Familie und meine engen Freunde, aber auch alle anderen, die in dieser schweren Zeit an mich gedacht haben und mir beigestanden sind, haben mir unwahrscheinlich geholfen.

Da ich nun als nahezu gesund gelte und das Risiko beim Fußball sehr gering ist, steht auch in Zukunft dem Fußballspielen nichts im Wege. Was genau möglich ist, wird man sehen. Wenn ich nicht dieser Sportler gewesen wäre und mein Körper dementsprechend trainiert gewesen wäre, hätte ich nahezu keine Überlebenschance gehabt. Die lag zum Tiefpunkt eh nur noch bei ca. 5 %. Aber genau dieses Kämpfergen hat mich wohl wieder aus diesem Loch befördert.

FuPa: Wohin soll dein weiterer Weg führen? Was nimmst du dir fürs neue Jahr vor?

Ich möchte auf jedem Fall dem Fußball treu bleiben, egal ob es dann irgendwann nochmal als Spieler oder Trainer ist. Ich nehme mir nicht mehr gezielt etwas vor, denn ich habe gesehen wie schnell alles vorbei sein kann. Jeder Tag ist ein Geschenk und auf Fragen, was ich mir denn jetzt noch vom Christkind wünsche, antworte ich stets, dass das größte Geschenk mein neues Leben war. In diesem Sinne wünsche ich euch allen besinnliche Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Aufrufe: 023.12.2011, 00:10 Uhr
jeAutor