2024-05-02T16:12:49.858Z

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Eine Rückkehr an die Seitenlinie kann sich Chams NLZ-Leiter Uwe Mißlinger (li.) derzeit kaum vorstellen. Foto: Thorsten Ertl
Eine Rückkehr an die Seitenlinie kann sich Chams NLZ-Leiter Uwe Mißlinger (li.) derzeit kaum vorstellen. Foto: Thorsten Ertl

Lieber Ballettunterricht als wieder an der Seitenlinie

Seit einem Jahr ist Uwe Mißlinger Leiter des BFV-NLZ Cham +++ Entzugserscheinungen von der Trainerarbeit hatte er bislang keinen einzigen Tag.

Über ein Jahr ist es nun her, dass Uwe Mißlinger die Leitung des BFV-Nachwuchsleistungszentrums Cham als Nachfolger von Johannes Ederer übernahm. Durch gute Rahmenbedingungen und einem engagierten Team in der Jugend- und Abteilungsleitung sieht er große Chancen, das hohe Niveau des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) auch für die Zukunft zu halten.

Es macht mir tatsächlich sehr viel mehr Spaß, als ich mir das vorab vorgestellt habe“, erklärte Uwe Mißlinger zu seinem ersten Jahr als Leiter des BFV-NLZ Cham. Nach dem Abgang von Johannes Ederer, der nun als DFB-Stützpunktkoordinator für die Region Ostbayern zuständig ist, musste eine schnelle Lösung für dessen Nachfolge gefunden werden. Mit Uwe Mißlinger ist den Verantwortlichen ein richtiger Coup gelungen. „NLZ-Leiter zu werden, war ja direkt nach meiner Traineraufgabe kein Ziel von mir“, ergänzte Mißlinger.

"Ein NLZ-Leiter muss nachhaltiger arbeiten"

Der 48-Jährige war über sieben Jahre Trainer der ersten Seniorenmannschaft des ASV Cham. Nun ist er für über zehn Jugendmannschaften am NLZ zuständig. „Für mich persönlich hat sich schlichtweg die Zielgruppe im Verein geändert: Anstatt mit jungen Erwachsenen arbeite ich nun mit Kindern bzw. Jugendlichen und deren Trainern und Eltern zusammen“, beschreibt Mißlinger seine neue Aufgabe. „Als Seniorentrainer hast du vier bis fünf Fixtermine pro Woche, an denen du grundsätzlich mit den Spielern auf das nächste Spiel hinarbeitest. Zudem wird deine Arbeit ausschließlich an den Ergebnissen vom Wochenende bzw. der aktuellen Tabelle gemessen. Ein NLZ-Leiter muss und kann nachhaltiger arbeiten. Ich muss zusehen, dass wir qualitativ gut besetzte Kader planen und vor allem immer Augen und Ohren hinsichtlich qualifizierter Trainer offenhalten Die einzelnen Ergebnisse vom Spieltag haben jetzt keine so zentrale Bedeutung mehr für mich, was ich als sehr angenehm empfinde.“

Dennoch sei eine „umfangreiche Arbeit“ auf den Elite-Jugend-Lizenz-Inhaber hereingebrochen. Diese neue Aufgabenfülle sei ausschließlich im Team bewältigt worden. Neben den Trainern und Jahrgangskoordinatoren stehen ihm ein Sportlicher Leiter und ein Jugendleiter zur Seite. „Hier wurde über die Jahre ein echtes Organigramm erarbeitet, welches nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis existiert und ständig ausgebaut wird“, schildert Mißlinger. „Neu im Team ist zum Beispiel Mario Kiefl als Bereichsleiter Eventing, nur um einen Namen herauszugreifen.“

In seinem ersten Jahr als NLZ-Leiter sah der Gymnasiallehrer seine Aufgabe darin, das hohe Niveau zu halten und es evtl. noch zu steigern. In Sachen medizinischer Betreuung aller-Spieler konnten mit Dr. Balasz Gacs und Physiotherapeut Karl-Heinz Plötz zwei ausgewiesene Fachkräfte für das NLZ gewonnen werden, die dafür sorgen, dass verletzte Spieler schnellstmöglich zur Diagnose und an Rehabilitationsmaßnahmen kommen. Zudem wird mit Max Drexler erstmals ein dualer Student beschäftigt, der bestimmte Aufgaben in der neu geschaffenen Geschäftsstelle übernimmt und zudem als Koordinator im Kleinfeldbereich agiert.

Doppelbelastung von Beruf und Ehrenamt

Neben der ehrenamtlichen Aufgabe als NLZ-Leiter ist Uwe Mißlinger zudem stellvertretender Schulleiter am Chamer Joseph-von-Fraunhofer-Gymnasium. Wie er es schafft diese Doppelbelastung zu bewältigen, sagt er folgendes: „Die Hintergründe sind vielschichtig: Zum einen habe ich eine sehr sportbegeisterte Frau, die eigentlich nie protestiert, wenn in einer Woche drei oder vier Sitzungen anberaumt sind. Jeder, der sich vorstellen kann, was eine sechsköpfige Familie im Alltag bedeutet, weiß, dass so eine Partnerin alles andere als selbstverständlich ist. Hinzu kommen eine Reihe wahnsinnig engagierter Leute in unserer Jugendabteilung, die sehr nachsichtig mit mir sind, wenn ich bestimmte Termine aus privaten oder beruflichen Gründen nicht wahrnehmen kann. Und letztlich habe ich auch einen Chef, der hinter mir steht, wenn ich bisweilen Abendtermine in der Schule vereinsbedingt an ihn abtrete.“

"Wahrscheinlicher, dass ich Balettunterricht nehme"

Mit der sportlichen Situation der NLZ-Mannschaften ist Uwe Mißlinger absolut zufrieden. „Unsere Bayernliga- und Landesligateams liegen im Rennen um den Klassenerhalt mehr als im Soll und auch die übrigen Mannschaften stehen nicht nur tabellarisch gut da, sondern verzeichnen tolle Fortschritte in ihrer Entwicklung. An dieser Stelle will ich allen Trainern, Betreuern und Helfern, aber auch den Eltern meinen Dank und Respekt aussprechen“, so der ehemalige Seniorentrainer.

Auf die Frage, ob es ihn nicht wieder reize hinter der Seitenlinie zu stehen, antwortete er: „Wenn ich ehrlich bin, hab ich noch keinen einzigen Tag irgendwelche Entzugserscheinungen verspürt. Ich habe mich viele Jahre aufgerieben, gegen viele Widerstände angekämpft und mein persönliches Ziel erreicht, eine ambitionierte Landesligamannschaft aus überwiegend eigenen Jugendspielern aufzubauen“, so Mißlinger. „Man soll niemals nie sagen, aber Stand jetzt ist es wahrscheinlicher, dass ich Ballettunterricht nehme, als dass ich wieder an der Seitenlinie stehe.“

Auch für die Zukunft sieht der vierfache Familienvater das BFV-NLZ Cham gut aufgestellt. „Die Rahmenbedingungen sind durch eine Abteilungsleitung, welche die Bedeutung der Jugend kennt und schätzt sowie durch ein überragendes infrastrukturelles Angebot gegeben. Entscheidend wird sein, dass die aktuelle Abteilungsleitung so lange wie nur möglich am Ruder bleibt und wir in der Jugend nicht nachlassen. Wenn dieses enorme Engagement aller weiterhin auf diesem hohen Niveau besteht, sehe ich große Chancen, den Status Quo zu halten“, prognostiziert Mißlinger.

Aufrufe: 021.2.2018, 10:00 Uhr
cavAutor