2024-04-19T07:32:36.736Z

Querpass
Egal in welchen Trikotfarben, die Riederer-Brüder Stefan (links) und Michael halten fest zusammen. Da spielt ein Derby-Ergebnis keine Rolle.
Egal in welchen Trikotfarben, die Riederer-Brüder Stefan (links) und Michael halten fest zusammen. Da spielt ein Derby-Ergebnis keine Rolle.

Am besten wäre dieses Mal wohl ein 0:0

Für die Riederer-Brüder Stefan und Michael als Gegner im Tor ist das Derby zwischen der DJK Vilzing und dem FC Bad Kötzting eher Zugabe

Im großen Fußball gibt es einige erfolgreiche Brüder-Paare wie die Bender-Zwillinge, die bei Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund spielen, oder die beiden Boatengs (Bayern München und Schalke 04). Ebenso viele gibt es abseits des Profigeschäfts. Dass aber im Landkreis Cham erstmals zwei Brüder in der Bayernliga Süd aufeinander treffen, das ist neu. Die Rede ist natürlich von den Riederer-Brüdern Stefan und Michael. Stefan Riederer steht seit zwei Spielen wieder im Kasten der Bad Kötztinger, Michael ist inzwischen feste Größe bei der DJK Vilzing.

Stefan Riederer war seit Sommer vertragslos nach der unschönen Zeit beim Drittligisten Chemnitzer FC. ,,Die Profi-Karriere" ist jetzt vorerst einmal vorbei, aber ganz an den Nagel gehängt ist sie noch nicht. Es war aber eine sehr spannende Zeit, mit vielen Höhen und Tiefen. Rückblickend war Unterhaching, natürlich top", so Stefan Riederer. Privat und sportlich gesehen war Chemnitz nicht so prickelnd. Der Profi-Fußball ist aber sehr interessant, weil man etliche Trainer-Typen wie zum Beispiel Klaus Augenthaler kennen lernt. Die Trainingseinheiten unterscheiden sich gegenüber dem Amateurfußball natürlich stark, so wird in der Vorbereitung dreimal täglich trainiert, während der Saison findet dann zweimal täglich Training statt, erzählt uns Bad Kötztings Rückkehrer.

Die Abläufe unterscheiden sich nur darin, dass man für gewisse Einheiten einfach mehr Zeit hat im Profi-Fußball: ,,Da finden einfach zwei bis drei Einheiten nur mit dem Torwart statt, die Fortschritte sind somit natürlich viel größer." Den Wechsel nach Chemnitz hatte Stefan Riederer schnell bereut: ,,Im Nachhinein betrachtet, hätte ich es nicht machen sollen, aber ich wollte einfach mal was anderes sehen. In Unterhaching haben sich dann auch gewissen Veränderungen ergeben, der eingeschlagene Sparkurs des Vereins, als man jedes Jahr mit einer neuen Mannschaft beginnen musste. Als ich gegangen bin, war ja noch nicht einmal klar, ob sie die Lizenz bekommen", war das Angebot des Chemnitzer FC an Riederer damals sehr gut. ,,Sie haben sich gut verstärkt, hatten Ambitionen auf die Rückkehr in die Zweite Liga", wollte der ,,Steff" gerne dabei sein.

Nach nur einem Jahr war allerdings schon wieder Schluss in der sächsischen Metropole. Doch anders als erwartet, kam kein passendes Angebot. Bruder Michael schlug vor, doch bei der DJK Vilzing mitzutrainieren. Trainer Sepp Beller war einverstanden, der zweite Riederer war wieder zurück im Landkreis. Für Stefan Riederer war aber klar, nur zu Trainingszwecken dabei zu sein, ,,auf die Nummer eins hatte ich nie Ambitionen. Im Training haben wir uns natürlich gegenseitig hochgepusht. Die Trainingsmethoden in Vilzing sind Klasse, da wird nichts dem Zufall überlassen", so Stefan Riederers Lob.

Die Ehefrau als große Stütze

Doch der Sport ist nicht alles: ,,Die Familie ist enorm wichtig, meine Frau muss einiges mitmachen", kann ein Keeper nur Höchstleistungen bringen, wenn er den Kopf frei hat. ,,Ich bin meiner Gattin sehr dankbar, dass sie bislang alles so toll mitgemacht hat. Auch meinen Eltern bin ich zu großem Dank verpflichtet, denn sie haben mich damals immer zum Stützpunkttraining nach Regen gefahren", lacht der neue Bad Kötztinger Keeper. Die Riederers wollten halt auch wieder heim, wenn die Freunde, Verwandten und Bekannten im Landkreis Cham leben. Jetzt wohnen die Riederers in einem Einfamilienhaus in Bad Kötzting.Und was bewegte den Keeper dann zum Wechsel zum FC Bad Kötzting? - ,,Ich wollte wieder im Spielbetrieb dabei sein, in der Bayernliga wird man doch wieder gesehen, das ist sehr reizvoll", bekennt Riederer lachend. So ganz hat der Ex-Profi den noch höherklassigeren Fußball also noch nicht abgehakt. Aber: ,,Das Angebot müsste schon passen". Denn in wenigen Wochen bekommen die Riederers Zwillinge.

Ohne Verletzungen weiter oben

Was sagt der jüngere der beiden Brüder zur Rückkehr des großen Bruders? - ,,Ich bin froh, dass er wieder da ist, weil man sich halt jetzt auch wieder öfter sieht, auch wenn er sich vorerst nur auf Zeit niedergelassen haben sollte, mal schauen, wie lange diese Zeit dauert", so Michael Riederer.,,Wäre er nicht so oft verletzt gewesen, wer weiß, wo er heute spielen würde. Er hat das Potenzial für die Zweite Liga", weiß Stefans Bruder. ,,Er wurde ja nicht umsonst bester Torhüter der Dritten Liga" - Einwurf von Stefan Riederer: ,,Danke, Bruder".

Hat Michael Riederer selber keinen Traum, noch höher zu spielen als in der Bayernliga? - ,,Den Traum hat man mit 16 gehabt, ich habe ja auch schon vorher ein Jahr in der Bayernliga bei Bad Kötzting gespielt. Doch als mein Vater 2009 so schwer krank war, hat man mich in der eigenen Firma als Geschäftsführer gebraucht. Darum wollte ich gar nicht mehr weg. Um Fuß zu fassen im Profi-Fußball, braucht man auch viel Glück", so der jüngere Riederer. Außerdem sei der Profizirkus nicht immer ein Paradies, viele persönliche Dinge spielen mit.Stefan Riederer flechtet hier ein: ,,Es wäre für mich auch viel mehr drin gewesen, um noch eine Liga höher spielen zu können, doch die zahlreichen Verletzungen, die ja fester Bestandteil meiner bisherigen Karriere waren, haben mich immer wieder zurückgeworfen." Stefan Riederer denkt ans Probetraining 2009 in Burghausen, als er sich den Daumen gebrochen hatte und fünf Wochen pausieren musste, ,,sonst wäre ich da die Nummer eins geworden." In Unterhaching erlitt er einen Knorpelschaden, musste wieder für ein halbes Jahr pausieren, das fiel genau in die Zeit zwischen Januar und Mai, wenn die Vereinswechsel angebahnt werden, wenn man sich präsentieren kann.

Profifußball ist ein Tagesgeschäft

Weitere schwere Verletzungen waren Mittelfußbruch und Riss des Syndesmosebandes: ,,Wenn ich die Verletzungen nicht gehabt hätte, hätte ich jederzeit in der zweiten Liga spielen können, doch der Profi-Fußball ist ein Tagesgeschäft, wenn du einmal weg bist, dann hast du ganz schlechte Karten. Das hat man auch nach der Vertragsauflösung in Chemnitz gesehen, als kein passendes Angebot für mich gekommen ist."

Die Riederer-Brüder in der Bayernliga, da wollten wir von Michael Riederer zuerst wissen, wie er die Unterschiede zur Landesliga sieht: ,,Es geht hier um den Tick schneller und als Keeper steht man viel öfter im Blickpunkt. Als Mannschaft sind wir stärker gefordert, da brauchst du einfach eine gewisse Zeit. Die Fehler werden hier zwar nicht immer bestraft, aber häufiger."

Warum tun sich Bad Kötzting und Vilzing so schwer in der Bayernliga? - ,,Das liegt am Einzugsgebiet, die meisten Vereine kommen aus dem Ballungsgebiet um München. Wenn ich nur unser Beispiel ansehe, mussten wir zum Stützpunkttraining bis nach Regen fahren, weil es hier im Landkreis keine Möglichkeiten gibt", so Stefan Riederer. Nur durch Zufall schaffte er den Sprung nach Unterhaching, weil ihn ein Scout gesehen hatte. Damals waren die Späher in der Bayernliga unterwegs, weil es noch die vierthöchste Liga war.Und der Fußball allgemein im Landkreis? - ,,Cham hat eine gute Jugend, es ist aber richtig schwierig, die Jungen zu halten, weil die Guten sofort weggeholt werden. Auch wird in den untersten Ligen schon Geld gezahlt, da hat man dann nicht mehr das große Bestreben, höher zu spielen für mehr Aufwand", sehen es die Riederers pragmatisch. Früher wären wir zu Fuß nach Bad Kötzting, weil uns der Sport und die Liga gereizt haben. Früher war auch noch im jeden Ort ein Bolzplatz, da sind wir jeden zweiten, dritten Tag mit bluten Zehen nach Hause gekommen", gibt es Straßenfußballer ja nicht mehr.

Kein übergroßer Druck im Derby

Für Stefan Riederer ist es glatt das erste Derby. Eine angespannte Situation sei es für ihn aber nicht, eher eine lustige: ,,Ich mache mir da keinen Druck, so wie es kommt, kommt es." Als weniger lustig sähen es freilich die Rot-Blauen an, würde sich so ein finales Gegentor wie gegen Landsberg wiederholen. Doch: ,,Es war schon immer unser Traum, einmal gegeneinander zu spielen, so hoch wie es nur geht. Einmal hätten wir in Kötzting schon gegeneinander spielen können", erinnert sich ,,Steff" Riederer. Doch da war er zu Unterhachings Profi-Mannschaft abkommandiert.Michael Riederer übers Derby: ,,Ich sehe keine Feindschaft zwischen beiden Teams, es ist eine gesunde Rivalität. Stefan kann natürlich halten wie eine 'Sau', wenn wir mit 1:0 gewinnen, dann ist mir das egal."

Stefan über Michael: ,,Wer uns kennt, der weiß, da passt kein Blatt Papier dazwischen. Schade fand ich natürlich, dass ich seine größte Partyzeit verpasst habe, weil ich mit 20 bereits ausgezogen bin, als er 16 war. Ich habe größten Respekt vor ihm, dass er im Geschäft so in die Bresche gesprungen ist, als unser Vater 2009 schwer krank war. Man kann mit ihm auch über alles reden. Er ist sozusagen mein bester Kumpel. Ich schätze an ihm, dass er grundehrlich ist. Er sagt Dir ins Gesicht, was er denkt, es gibt für mich keinen besseren Bruder. Er hat auch sportlich einen Riesensprung gemacht, ist seinen Weg in Vilzing gegangen, er hat sich den Aufstieg mit dem Team mehr als verdient. Nach schlechten Spielen versuche ich ihn aufzubauen. Nach dem verpassten Aufstieg und dem schlechten Saisonstart im Vorjahr dann so eine Serie von 13 Siegen zu starten, das ist schon eine große Leistung."

Michael über Stefan: ,,Sportlich ist er einer der besten Keeper der dritten Liga. Schade war es, dass er es nicht geschafft hat, noch höher zu spielen, durch die vielen Nackenschläge. Er ist auch immer auf dem Boden geblieben und bescheiden. Dass er jetzt das rot-blaue Trikot trägt, trübt unsere Freundschaft gar nicht. Ich freue mich sehr für ihn. Wir sind ja beide Familienmenschen, mein Bruder ist zugleich mein bester Freund. Wir haben schon viel durchgemacht, da wächst man zusammen. Wir haben auch viele lustige Abende vollbracht und haben alles mit Bravour gemeistert. Er ist einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben, zusammen mit meiner Familie und meiner Freundin. Er ist auch ein grundehrlicher Mensch, der nie vergessen hat, wo er herkommt."

Aufrufe: 09.9.2014, 17:26 Uhr
Thomas MühlbauerAutor