Auch für Kosta war die A-Klasse lange Alltag – als Schiedsrichter: „Bisschen Stress, viel Keilerei“ fasst er pointiert zusammen, wie es ist, zu pfeifen, in jener Liga, in der es auch am Sonntag wieder hoch her ging. Es war ja auch nicht irgendein A-Klassen-Spiel. Es war das des Dritten gegen den Vierten. Rangierbahnhof II gegen Post SV Schweinau III. Noch Fragen? Einige. Denn es dauert lange, ganz lange bis man sich auch wirklich sicher sein kann, dass es sich hier um ein A-Klassen-Spiel handelt. Eigentlich erst, als es eine Viertelstunde vor Schluss einen Schlag tut und der Trainer bei Wind und nasskaltem Wetter aufs Spielfeld rennt – mit einer Dose Eisspray im Gepäck, dem Allheilmittel bei jeglichen Verletzungen in dieser Liga. Also doch: A-Klasse.
Zuvor war es nämlich ein fast passables Fußballspiel gewesen, nicht nur hoch und weit. Nur der Torhüter des ESV Rangierbahnhof patzt am Ende ganz dicke, als er über den Ball schlägt und im zweiten Versuch dem gegnerischen Spieler den Ball vor die Füße spielt, nachdem der ESV schon mit zwei Toren in Führung gelegen hatte. „Warum schlägt er den Ball nicht einfach weg?“, fragt einer der 20 Zuschauer am Friedrich-List-Weg hörbar frustriert. Tja, war man in jenem Moment geneigt zu glauben, sie werden halt nur diesen einen Keeper haben. Weit gefehlt.
Auf Spurensuche unter den Birken auf der Auswechselbank, die auch gleichzeitig die Zuschauertribüne war, findet man nämlich auch auf diese Frage eine A-Klassen-untypische Antwort: einen Ersatzkeeper. Die komplette B-Klassen-Saison im letzten Jahr hatte Daniel Müller noch im Tor gestanden. Jetzt sitzt er da, bei kaltem Wind, eingehüllt in seine dicke, blaue Jacke und redet darüber, wie es ist, dass nun ein anderer das Tor des ESV Rangierbahnhof II hütet: „Bei uns ist das halt ein Wettkampf. Der Bessere steht im Tor. Für mich ist das aber in Ordnung“, sagt der 28-Jährige. „Und“, sagt Müller, „das war auch kein Absägen.“ Müller hat sich scheinbar abgefunden mit seinem Schicksal als Nummer zwei auf der ganz ordentlich gefüllten Ersatzbank des ESV.
Es ist eben kein Kinderspielplatz und schließlich wollen sie hier auch raus – aus dieser A-Klasse 7. Der ganz große Wurf soll in diesem Jahr gelingen: der Aufstieg in die Kreisklasse. Die kennt Müller nämlich bislang nur vom Hörensagen: „Es ist schwer zu sagen, wie das Niveau dort ist, die Spiele wären sicher nochmal interessanter. Aber ich selbst war ja noch nie dort“, sagt Müller. Angst, dass es im Falle eines Aufstiegs vielleicht zu professionell zugehen, dass es einen riesigen Strafenkatalog geben könnte und dass man bei jedem Training da sein muss, die hat aber niemand hier.
Auch Mohammed Naisi nicht, der Kapitän: „Wenn man nicht aufsteigen will, geht man in eine Hobbymannschaft. Dann muss man sich auch nicht so reinsteigern“, sagt der 36-Jährige. Bislang ist jene Kreisklasse ohnehin nur Zukunftsmusik, denn die Gegenwart heißt nach wie vor A-Klasse. Und dort pfeift Luka, der Schiedsrichter ohne Notizkarte, dieses Spiel beim Stand von 2:2 ab. Kosta, der ältere Herr mit dem weißen Bart bekommt das schon nicht mehr mit. Er ist schon lange wieder zu Hause.