2024-04-24T13:20:38.835Z

Interview
Kann noch lachen: Britta Prell.	Foto: Friese
Kann noch lachen: Britta Prell. Foto: Friese

"96, 97, 98, 99"

VL MITTE: +++ Britta Prell seit Jahrzehnten treuer Fan des VfB 1900 Gießen

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giessen . Britta Prell hat es auch nicht leicht. Seit Jahrzehnten ist sie Anhängerin des Fußball-Verbandsligisten VfB 1900 Gießen, hat selbst Ende der 70er, Anfang der 80er in der Frauen-, die damals noch Damenmannschaft hieß, das Tor gehütet. „Und zwar richtig klasse“, wie ein ehemaliger VfB-Hessenligakicker (der Männer) auch heute noch bestätigt. „Na ja, und dann habe ich da mal im Vereinsheim ausgeholfen und auch mal draußen Bier verkauft, was man halt so macht als Fan“, sagt Britta Prell und muss selbst schmunzeln.

Die 58-Jährige kann Bier aus dem „Effeff“ verkaufen, ist sie doch seit 28 Jahren das Gesicht der Kultkneipe „Sowieso“. Und das Gesicht in der Fankurve der 1900er, die mittlerweile eher eine Fan-Ecke auf dem Kunstrasenplatz hinter dem Waldstadion geworden ist. Und trotz des sportlichen Frustes ist es eine kleine gemütliche Fan-Ecke, denn wer wenig erwartet, der wird auch manchmal positiv überrascht. Wie zum Beispiel beim 4:1 gegen den FC Eddersheim vor zwei Wochen, als Prell zu ihren fünf, sechs Mitstreitern meinte, jetzt „können wir auch mal singen.“ Und dann erklang auch schon der Schlachtruf „96, 97, 98, 99, 100 – 100, 1900“.

Wie viele Spiele vom VfB haben Sie in dieser Saison gesehen?

Ich habe bis auf zwei alle gesehen. Auch auswärts. Da fahre ich mit Johannes Stallmann oft mit dem Fahrrad hin und dem Zug zurück, oder eben umgekehrt. Eine Strecke machen wir aber fast immer mit dem Rad.

Die Fankurve ist aber schon etwas geschrumpft ...

Ja, die Ultras gibt es in dem Sinne nicht mehr. Das waren früher so um die 30 Leute. Die kommen aber jetzt nicht mehr. Wir sind jetzt so sechs bis acht Leute, die aber mit den eigentlichen Ultras so auch nie in einer Gruppe waren. Wir sind jetzt sozusagen die Mini-Ultras.

Wie frustrierend ist denn diese Saison für Euch, die Ihr solange schon zum VfB geht?

Ach, so schlimm ist es gar nicht. Man ist ja davon ausgegangen, dass es nach dem Umbruch mit dem Klassenerhalt nichts wird. Das war ja ein neu zusammengewürfelter Haufen, da hat es gedauert, bis die eingespielt waren. Aber insgesamt hat man schon gesehen, dass sie immer besser in der Liga zurechtkommen. Na ja, beim Fußball ist es ja auch so, wie sagt man: die Hoffnung stirbt zuletzt. Nach Eddersheim hat sie wieder gelebt, nach Biebrich ist sie aber gestorben.

Nehmt Ihr die Niederlagen mit Galgenhumor?

Ja, die Stimmung ist trotzdem gut. Die junge Mannschaft ist echt ok und uns gegenüber sehr zuvorkommend. Nach Eddersheim durften wir mit in den Siegerkreis am Anstoßpunkt und haben anschließend im Scheibenhaus mitgefeiert.

Aber, wer Sie kennt, weiß, dass Sie auch noch eingefleischter St. Pauli-Fan sind, ist das nicht ein wenig viel Abstiegskampf?

Das stimmt schon, aber ich versuche, den Frust zu vermeiden. Bei St. Pauli sah es ja auch schon wesentlich schlimmer aus, die haben ja jetzt eine ganz gute Serie hingelegt.

Und die Eintracht ist doch auch Ihr Verein ...

Nein, nicht mehr so. Ich war da zwar früher auch häufiger, aber da bin ich nicht mehr so der Fan. Die haben zwar jetzt auch mal eine Negativserie, stehen aber doch besser da als erwartet. Den Klassenerhalt haben die doch in der Tasche.

Und bleiben die VfB-Fans auch in der Gruppenliga treu?

Natürlich, wenn man einmal am Ball ist, muss man auch dran bleiben. Ich sage es mit dem Namen meiner Kneipe: Sowieso.



Aufrufe: 023.3.2017, 08:00 Uhr
Rüdiger Dittrich (Gießener Anzeiger)Autor