2024-03-27T14:08:28.225Z

Querpass

Ernüchternder Einbahn-Straßenfußball

oder Willkommene Wertsteigerung?


Mit dem einem sehenswerten vierten Platz hinter dem Spitzentrio SV Werder Bremen, Vfl Wolfsburg und BV Cloppenburg haben die Damen vom FSV Gütersloh einen erfolgreichen Abschluss der Spielzeit 2016/2017 erreicht. Pikantes Detail. Nach dem bitteren DFB - Pokalaus gegen den Lokalrivalen DSC Arminia Bielefeld (6-1) und der knappen Heimspiel - Niederlage (3-2) wenige Wochen darauf, gelang Britta Hainkes Schützlingen, sich in einem sehenswerten Endspurt den Platz Nr.1 im Raum OWL zumindestens zurückzuerobern und sich in der Abschlusstabelle an den blau - weißen vorbeizumogeln. Ein ähnliches Kabinettstückchen soll auch in der anstehenden Saison gelingen, wo eine Platzierung unter den ersten sieben Plätzen ein unbedingtes Muss ist.

Denn in zwei Wochen erklingt der Startschuss in ein ganz besonders spannendes Fußballjahr: Die Saison 2017/2018 markiert das Qualifikations- Spieljahr für die eingleisige 2. Bundesliga. Der DFB erhofft sich durch diese Erneuerung eine langfristige Steigung bzw. Sicherung des Spielniveaus auch in Bezug auf die erste Bundesliga. Zweieinhalb Jahre hatte man an dem Konzept gesessen. Nun ist es endlich soweit. Margit Stoppa, die Vorsitzende des DFB-Ausschusses für Frauen- und Mädchenfußball, erläutert: "Die Einführung der eingleisigen 2. Frauen-Bundesliga wird zur Qualitätssteigerung und größerer Leistungsdichte führen. Sie schafft die Voraussetzungen, regelmäßig auf hohem Niveau zu spielen und somit die Talente und U-Nationalspielerinnen auf die Erfordernisse im internationalen Wettbewerb vorzubereiten."

Schließlich konnte man Jahr für Jahr mit Spannung und anschließender Ernüchterung verfolgen, wie in den meisten Fällen der Aufsteiger aus der 2. Bundesliga schnell das Zeitliche gesegnet hat und direkt den Rückzug wieder antreten musste. Die Gütersloher Damen können davon ein Lied singen, hatte sie das Schicksal doch im Jahr 2013 ebenfalls ereilt. Obwohl Marina Hermes und Co zu Beginn noch mit einem 1:1 beim 1. FFC Frankfurt die Frauen - Fußball - Welt in Staunen zu versetzen wussten, erwies sich die Bundesliga auf lange Sicht als zu stark für die Gütersloherinnen. Beim späteren Meister VfL Wolfsburg unterlag der FSV gar mit 0:10. Mit 7 Punkten im Gepäck musste man enttäuscht die Rückreise antreten. Nicht anders erging es dem Lokalrivalen Herforder SV zwei Jahre später, der trotz vieler knapper Niederlagen sich auch nicht im Kreis der Besten halten konnte. Die Diskrepanz war einfach zu groß in vielen Bereichen.


Diese Zeiten sollen nun der Vergangenheit angehören. Sabine Mammitzsch, Spielleiterin der 2. Frauen-Bundesliga, ist sich sicher: "(...) Durch die Optimierung dieser Spielklasse - angesiedelt zwischen der Allianz Frauen-Bundesliga und den fünf Regionalligen - erwarten wir eine Entwicklung hin zu einer sportlich ausgeglichenen, leistungsorientierten Spielklasse mit professionellen Rahmenbedingungen." Was sich hinter solch schwergewichtigen Formeln verbirgt, ist schnell erklärt: Folgende Neuerungen sind für die Aufstiegsrunde bzw. Relegationsrunde an die Saison 2017/2018 vorgesehen. Teilnahmeberechtigt an diesen Qualifikationsrunden sind die Siebtplatzierten der beiden Staffeln der 2. FBL der Spielzeit 2017/2018, als auch die Meister der fünf Regionalligen, sowie ein Zweitplatzierter aus einer der Regionalligen. Der glückliche Zweite wird wiederum nach einem ganz bestimmten Prinzip berechnet und die Punkte in einer Leistungstabelle fixiert.

Im Klartext bedeutet aber dies, dass langfristig nur noch ein Großteil des Nachwuchs etablierter Bundesligaclubs im Unterhaus zu finden sind. Dies führt in gewisser Weise zu einer nominellen sportlichen Nivellierung, wenn nur noch Topklubs wie 1. FFC Frankfurt, Vfl Wolfsburg und FC Bayern München in Liga eins und zwei zu finden sind. Die Zeiten, dass kleine Sportvereine wie SV Henstedt - Uelzburg Bramfelder SV (". BL Nord) oder SG 99 Andenach, Vfl Sindelfingen oder FSV Hessen Wezlar (2. BL SÜd) in den Dunstkreis der Besten, zumindestens eine Saison lang aufsteigen, und ein Stück lokales Fußballmärchen schreiben, sind dann für immer passe. Eine Horrorvorstellung für jeden Fußballromantiker, der dadurch ganz nebenbei in den Genuss kostenloser Landeskunde kam. Auch werden die einzelnen Wege für die einzelnen Vereine zu den Spielstätten nun wesentlich längere sein und der damit verbundene Kostenaufwand höher, wenn sich die Nord - und Südhälfte Deutschlands nun gemeinsam messen. Eine Investition, die die wenigen kleinen Vereine, ohne am Existenzminimum kratzen zu müssen, wohl kaum hätten leisten können. Das auch hier im Frauenfussball zu gelten scheinende evolutive Gesetz „Survival of the fittest“ (oder sollte ich lieber sagen: „Survival of the richest?“) hat aber auch Vorteile: Denn wo Schatten ist, ist auch bekanntlich Licht. Und dieses Licht heißt Nachhaltigkeit. Denn bei aller Liebe zur Romantik. Die personellen Umstrukturierungen, der organisatorische Aufwand, den vielseitigen Auflagen des DFBs gerecht zu werden bei einem Ligawechsel, das Stemmen der Fahrtkosten, das Gewinnen der Sponsoren usw. sind so aufwendig und zeitintensiv, die in keinem Verhältnis stehen zum Ertrag, den die „meisten kleinen“ Vereine hatten, wenn es nach einem Jahr hieß, wieder in der Versenkung zu verschwinden. Und machen wir uns nichts vor. Natürlich sind die beiden Ligen in erster Linie eine Ausbildungsstätte für die zahlreichen jungen talentierten Fußballerinnen, die davon träumen, einmal das weiße Trikot mit dem Adler zu tragen. Und wer die diesjährige EM aufmerksam verfolgt hat und das Ausscheiden im Viertelfinale gegen Dänemark hilflos staunend mit ansehen musste, weiß, wie das internationale Niveau gestiegen ist. Es besteht also dringend Handlungsbedarf, um diesen Negativrekord (30 Jahre lang schied man nie vor dem Halbfinale aus) schnellstmöglich vergessen zu machen. Die Weichen werden also im richtigen Moment gestellt, auch wenn dabei andere auf der Strecke bleiben! So ist das manchmal im Leben! Also Mund abwischen und den Kampf aufnehmen. Denn dann kann man am Ende wirklich mit guter Gewissheit sagen, zu den Top-28 Teams, die der deutsche Frauenfussball hat, gehören zu können.

Bildquelle: https://www.facebook.com/106214469891753/photos/a.208271593019373.1073741849.106214469891753/208274393019093/?type=3&theater

Aufrufe: 015.8.2017, 12:58 Uhr
Romina BurgheimAutor