2024-04-16T09:15:35.043Z

Vereinstreue
Von seinen damaligen Mitstreitern wird Stavros Polichronakis nach dem Aufstieg in die Kreisoberliga 2009 frenetisch gefeiert. Foto: Privat.
Von seinen damaligen Mitstreitern wird Stavros Polichronakis nach dem Aufstieg in die Kreisoberliga 2009 frenetisch gefeiert. Foto: Privat.

Mehr als nur ein Trainer

Klarenthals Stavros Polichronakis hat aus seinem "Heimatverein" SC Klarenthal eine verschworene Einheit geformt +++ Insgesamt 16 Jahre beim SCK +++ Zwei Pokalsiege und zwei Aufstiege in die Kreisoberliga als größte Erfolge

KLARENTHAL. Was hatten wir in dieser Vereinstreue-Serie nicht schon alles für Superlative im Porträt? Spieler, die seit mehreren Jahrzehnten ihrem Klub die Treue halten, noch nie woanders gespielt haben und dies freilich auch nie tun würden. Deren Klub-DNA über mehrere Generationen hinweg an sie weitergegeben wurde, da der Vater schon Vorsitzender war und der Urgroßvater den Verein womöglich auch noch mitgegründet hat? All das kann Stavros Polichronakis beim SC Klarenthal nicht bieten. Und doch ist er beim SCK eine lebende Legende. Das hat seine Gründe.

Germania Wiesbaden, FV Biebrich 02, FC Freudenberg, FSV Gräselberg, SV Italia, SV Biebrich 19 - und der SC Klarenthal. Die Vita von Stavros Polichronakis liest sich nicht unbedingt wie die eines vereinstreuen Spielers. Und doch befindet sich Klarenthals Coach nunmehr in seiner 16. Spielzeit beim Sportclub. "Über meine Schwager Karl-Heinz, Robert und Roland Witzel bin ich nach Klarenthal gekommen", erläutert Polichronakis. Das war 1996. Zunächst erst mal als Spieler - unter der Ägide des heutigen Nordenstadter Abteilungsleiters Jens Ditthardt. Unter ihm erlebte Polichronakis dann auch einen der Höhepunkte seiner Laufbahn. Als Vizemeister der Kreisliga A musste der SCK in der Relegation gegen die Germania ran. Im Hinspiel auf dem damaligen heimischen Hartplatz sprang nach 0:2-Rückstand noch ein 2:2 heraus. Die Tore erzielten Polichronakis und sein kongenialer Partner Panagiotis Sigouras. Im Rückspiel wurde Polichronakis dann zum Helden. Schoss Klarenthal beim 2:1 im Rückspiel mit einem Doppelpack quasi im Alleingang in die damalige Bezirksliga (heute Kreisoberliga). "Stavi", wie er liebevoll getauft wurde, erinnert sich an das damalige Aufstiegsspiel. "Das war an dem Tag, als Miro Klose bei der WM 2002 Saudi-Arabien abgeschossen hat. Panagiotis und ich hatten auf griechisch zwei Kommandos. Eines für "kurz", das andere für "lang". Damit konnten wir die Germanen-Abwehr überlisten."

Erfolgreiches Griechen-Duo

An das Zusammenspiel mit Panagiotis Sigouras, der einst mal bei der Frankfurter Eintracht kickte, erinnert sich Polichronakis nur zu gerne. "Durch ihn habe ich viele Tore geköpft. Er wusste immer wo ich hinlaufe. Bei uns war es ein bisschen wie bei Horst Hrubesch und Manni Kaltz." Nach der Saison 2003 verabschiedete sich Ditthardt dann und Polichronakis wurde sein Nachfolger, spielte und trainierte die Aufstiegself nun in der Bezirksliga. "Das war eine Riesenbelastung, da muss man erst mal reinwachsen. Spieler und Verein haben mich allerdings prima unterstützt. Immer wenn es Probleme gab, habe ich die volle Rückendeckung erhalten", zeigt sich Polichronakis dankbar für zunächst zwei Jahre als Coach. Denn 2005 übernahm Thomas Laubinger das Zepter im Zwinger und "Stavi" fungierte wieder "nur" als Spieler. "Eine sehr erfolgreiche Zeit damals. Wir haben in der Bezirksliga oben mitgespielt und wurden 2005 Pokalsieger."
Genauso wie im Jahr 2007, als Klarenthal im Pokalfinale den klaren Favoriten Biebrich 02 (siehe Foto unten) mit 3:2 besiegen konnte. In der Saison 2007/08 folgte ein einjähriges Gastspiel bei Germania, ehe Polichronakis wieder nach Klarenthal zurückkehrte, sich als Spielertrainer mit dem Gewinn des A-Liga-Titels ein Denkmal setzte.

"Ansprechpartner in allen Lebenslagen"

Doch es gab auch Schattenseiten, negative Erlebnisse in Polichronakis´ Zeit beim SCK. "Als wir in der letzten Saison gegen Grün-Weiß verloren haben, war das ein Knackpunkt für mich, an dem ich gedacht habe, dass ich die Mannschaft nicht mehr erreiche. Auch jeder einzelne Spielabbruch, an dem wir beteiligt waren, hat wehgetan", gibt Polichronakis zu. Gerade ihm kauft man das allerdings ab, schließlich ist der Trainerjob gerade im häufig als sozialem Brennpunkt verschrienen Klarenthal keine leichte Aufgabe. "Ich bin hier mehr als ein Trainer", meint Polichronakis. So schrieb Stephan Neumann im Wiesbadener Kurier nach dem Klarenthaler Titelgewinn 2009: "Der richtige Trainer am richtigen Ort. (...) Nur Polichronakis versteht es offenbar, im speziellen SCK-Umfeld Kräfte zu bündeln und Ziele zu vermitteln. Als Coach kämpferisches Vorbild auf dem Platz, darüber hinaus als Ansprechpartner für die Spieler in allen Lebenslagen wird er einer Art Multifunktion gerecht."

"Wie eine Familie"

Der mittlerweile 42-jährige weiß jedoch um das schlechte Image der Elf aus der Siedlung. "Klar gibt es hier Spieler, die etwas robuster auftreten. Vor meiner Zeit hier war das noch viel extremer. Zu meiner Jugendzeit war Klarenthal ein heißes Pflaster. Aber die Bewohner hier haben sich geändert, sie kommen gerne nach Klarenthal. Und dadurch ändert sich auch die Mannschaft." Keiner kann dies besser beurteilen als Polichronakis, der als Hausmeister eine Siedlung in der Anne-Frank-Straße betreut. Unweit vom berühmten Klarenthaler Zwinger, in dem ja diese Saison auch schon Ligakrösus SV Italia in einem fantastischen Spiel bezwungen wurde. Dort wurde deutlich, zu welch verschworenem Haufen Polichronakis die Mannschaft geformt hat. "Wir sind wie eine Familie. Auch abseits des Platzes unternehmen die Jungs viel", meint Polichronakis. All das trägt zum imponierenden Teamgeist bei, aber auch zur Integration zahlreicher Nachwuchsspieler, die aus der A-Jugend in die erste Mannschaft drängen beziehungsweise dort schon Fuß gefasst haben.
Doch bei aller Romantik: "Es wird auch mal einen SC Klarenthal ohne Stavros geben", weiß Polichronakis. Wann das der Fall sein wird, ist allerdings noch nicht abzusehen. Bis dahin schafft er es vielleicht, den SCK erneut in die Kreisoberliga zu führen. Für ihn wäre das ja nichts Neues.


Relegations-Krimi 2002 - Teil 1. Foto: Privat.
Relegations-Krimi 2002 - Teil 2. Foto: Privat.


Sensation im Kreispokalendspiel 2007: Der SC Klarenthal schlug den FV Biebrich mit 3:2. Foto: Privat.

Polichronakis während seiner Zeit bei der SG Germania (Saison 2007/08). "Da war für mich klar, dass ich auf jeden Fall nach Klarenthal zurückkehren werde." Ein Jahr später war es dann soweit. Foto: Privat.



Klarenthals Meisterbrief aus dem Wiesbadener Tagblatt von 2009 - verfasst von Stephan Neumann. Foto: Privat.

Aufrufe: 010.2.2015, 03:00 Uhr
Philipp DurilloAutor