2024-05-10T08:19:16.237Z

FuPa Portrait
Kaum zu bremsen ist Emily Kraft vom 1. FFC Frankfurt (rechts, hier im Duell mit Lili Wanjura von Eintracht Frankfurt).   Foto: Imago
Kaum zu bremsen ist Emily Kraft vom 1. FFC Frankfurt (rechts, hier im Duell mit Lili Wanjura von Eintracht Frankfurt). Foto: Imago

"Ich brauche den Adrenalin-Kick"

Frauenfußball: Emily Kraft aus Gernsheim ist mit 16 Jahren irische Nationalspielerin / Über Concordia und Pfungstadt zum 1. FFC

Rund drei Wochen ist es her, dass für die aus Gernsheim stammende Fußballerin Emily Kraft ein Traum in Erfüllung gegangen ist: Zum ersten Mal lief sie in einem Testspiel für die irische Frauen-A-Nationalmannschaft auf – und zwar von Beginn an. Mit 16 Jahren war sie nicht nur die jüngste Spielerin ihres Teams, sie wurde auch zur besten Akteurin auf dem Platz gewählt.

„Es war natürlich eine Ehre für mich, zum ersten Mal von Beginn an gegen Belgien aufzulaufen. Dazu dann auch noch die Auszeichnung als beste Spielerin meines Teams zu erhalten, macht mich glücklich, weil es einfach ein gutes Gefühl ist, alles gegeben zu haben“, blickt die Schülerin mit den rotblonden, langen Haaren zurück. Emily Kraft ist die Tochter einer Irin und eines Deutsch-Österreichers, sie besitzt zwei Staatsbürgerschaften. Nach fünf Spielen für die deutsche U15- und U16-Auswahl entscheidet sich Kraft im vergangenen Jahr, das Trikot Irlands überzustreifen. „Ich wusste vorher nicht, dass die Iren so sehr auf das Kicken stehen. Und da mein Herz als Halb-Irin eben auch für Irland schlägt, habe ich es ausprobiert. Ich bin super zufrieden, wie es gelaufen ist und läuft.“

Zum ersten Mal einen Ball am Fuß hatte sie mit drei Jahren. „Ein Familienmitglied aus Irland hat mit mir Fußball gespielt und meinen Eltern gesagt, dass ich definitiv talentiert sei. Ich hatte Interesse daran, habe dann mit den Jungs in meinem Umfeld gekickt. Und da mein Papa Fan von Eintracht Frankfurt war und immer noch ist, ging ich dann auch mit zu Spielen ins Stadion. So wurde Fußball zu meiner Leidenschaft“, erinnert sich Kraft. Schnell sei der Wunsch nach mehr entstanden: „Wenn man im Stadion gesehen hat, welche Aufmerksamkeit die Spieler bekamen und welchen Ruhm sie erlangen, dann bekommt man schon Lust, das auch selbst zu erleben. Ich arbeite daran und hoffe, dass mir das auch gelingen wird.“

Über Concordia Gernsheim und Germania Pfungstadt kommt die beidfüßige Stürmerin vor vier Jahren zum Aushängeschild des Frauenfußballs, zum 1. FFC Frankfurt. Zunächst spielt sie in der U 15, nun bereits im dritten Jahr mit der U 17 in der B-Juniorinnen-Bundesliga. „Langfristig ist es aber natürlich mein Ziel, in die erste Mannschaft und damit in die Erste Frauen-Bundesliga zu kommen“, gibt sie sich ehrgeizig. Überhaupt: Sie ist ein Wettkampftyp. „Training gehört selbstverständlich dazu, aber ich sehe es eher als Vorbereitung auf einen Wettbewerb. Ich brauche einfach den Adrenalin-Kick eines Spiels.“ Kraft, die in wenigen Tagen ihren 17. Geburtstag feiert, ist eine von zwei Team-Captains und damit schon in jungen Jahren eine Führungsperson. „Ich bin ein Typ, der gerne redet, und ich scheue es auch nicht, meine Meinung zu sagen. Aber es können auch alle mit Problemen zu mir kommen. Für mich steht immer das Team im Vordergrund.“

Parallel zu dem hohen Pensum, das ihr der Leistungssport abverlangt, besucht die Schülerin die Carl-von-Weinberg-Schule in Frankfurt – eine Eliteschule des Sports und zudem Kooperationsschule des 1. FFC Frankfurt. „Die Verzahnung läuft prima. Ich habe drei Mal pro Woche Frühtraining und kann so die Schule und den Fußball optimal kombinieren“, sagt Kraft, die in drei Jahren ihr Abitur ablegen möchte.

Die vielen Fahrten zwischen Gernsheim – wo sie mit ihren Eltern, ihrer Zwillingsschwester und dem jüngeren Bruder lebt – und Frankfurt nutzt sie zum Entspannen. „Es ist schon oft stressig, aber ich nutze die Zeit im Auto, um mit meinem Papa oder meiner Mama zu sprechen. Denn das Familienleben kommt natürlich ab und an zu kurz. Oder ich ruhe mich einfach auch einmal aus.“ Bei der Frage, ob sie etwas vermisst, was ihre Zwillingsschwester als Nichtleistungssportlerin und „normale Jugendliche“ ausleben kann, lacht Kraft. „Es kommt ja immer darauf an, was man möchte. Ich habe mich dafür entschieden, Leistungssport zu betreiben und bin damit glücklich. Ich sehe meine Freunde täglich, denn wir besuchen die gleiche Schule oder stehen gemeinsam auf dem Platz. Wir gehen eben nur seltener in die Stadt.“

Dafür bleibt in den kommenden Wochen und Monaten ohnehin wenig Zeit: Neben Ligabetrieb und Schule nimmt sie im April an der Schul-WM in Serbien teil und sieht gute Chancen, mit ihrem Team die Goldmedaille zu gewinnen. Und ab September steht dann die EM-Qualifikation mit der irischen A-Nationalmannschaft an. Diese zu schaffen, wäre die Erfüllung eines weiteren Traums.

Aufrufe: 015.2.2019, 18:44 Uhr
Melanie Kahl-SchmidtAutor