2024-05-14T11:23:26.213Z

Ligabericht
Freudenschrei: Steinbachs Torwarttrainer Sascha Rausch bejubelt den 1:0-Heimsieg. 	Foto: Nick Fingerhut
Freudenschrei: Steinbachs Torwarttrainer Sascha Rausch bejubelt den 1:0-Heimsieg. Foto: Nick Fingerhut

»Wir dürfen weiter träumen«

RL SÜDWEST: +++ TSV Steinbach Haiger schlägt erstmals den 1. FC Saarbrücken / Lahn bricht per Kopf den Bann +++

Haiger. „Endlich, endlich, endlich“, TSV-Stadionsprecher Sven Firmenich bekam sich überhaupt nicht mehr ein. Geschäftsführer Matthias Georg legte im Adrenalinrausch einen Sprint vom Rande des Stadions Richtung Mittelkreis hin, um die sich bildende Spielertraube noch rechtzeitig zu erreichen. Die Fans bejubelten im Endorphinrausch die Spieler auf dem Rasen und sangen gemeinsam, angeleitet von Firmenich, dem Hauptsponsor des Vereins, Roland Kring, ein Ständchen zum 60. Geburtstag, den der Vorsitzende am Donnerstag gefeiert hatte.

Es gibt so Tage, an denen passt alles zusammen. Für Fußball-Regionalligist TSV Steinbach Haiger war am Samstag genau so ein perfekter Tag. Dank des Kopfballtreffers von Kevin Lahn hatte das Team von Trainer Adrian Alipour soeben Spitzenreiter 1. FC Saarbrücken mit 1:0 (1:0) bezwungen, der erste Erfolg im zehnten Duell mit den Saarländern. Und ein Sieg, der den TSV bis auf vier Punkte an den haushohen Titelfavoriten heranbringt. „Wir dürfen weiter träumen“, machte „Kilometerfresser“ Manuel Hoffmann dann auch keinen Hehl aus den jetzt erst recht entflammten Ambitionen der Steinbacher. „Wir sind alle gelaufen, bis wir umfallen, haben ein super Spiel gemacht und sind alle super glücklich“, fasste es der Mann des Tages, Kevin Lahn, zusammen, der bescheiden einräumte: „Wer im Endeffekt das Tor macht, ist egal, letztlich zählt nur der Sieg.“ Damit traf Lahn den Nagel auf den Kopf, denn es war ein Sieg des Kollektivs, und ein verdienter obendrauf.

„Wir wollten den Gegner auf jeden Fall früh anlaufen und uns auf keinen Fall hinten reinstellen. Denn wenn du Saarbrücken das Feld überlasst, hast du keine Chance. Weil sie dann die Qualität haben, dich einfach gnadenlos auszuspielen“, gab Trainer Adrian Alipour die Marschroute vor, die sein Team nahezu perfekt umsetzte. Von Minute eins standen die TSV-Spieler extrem hoch – bei Angriff Steinbach befanden sich nur die beiden Innenverteidiger Benjamin Kirchhoff und Michael Schüler in der eigenen Spielhälfte auf Höhe der Mittellinie – liefen die Saarbrücker sehr früh an und kauften ihnen sofort den Schneid ab. Und die Offensivreihe des TSV mit Sascha Marquet, Kevin Lahn, Manuel Hoffmann, Serhat Ilhan und Dino Bisanovic wirbelte die Abwehr der Gäste durcheinander. Bereits nach sieben Minuten prüfte Marquet Daniel Batz im FCS-Tor erstmals – jenen Keeper, der im Hinspiel (0:2) mit sensationellen 14 Paraden die Steinbacher zur Verzweiflung brachte. Glück hatte Steinbach in Minute 19, als Sebastian Jacob selbst zu überrascht davon war, so völlig frei am langen Pfosten zu stehen. Viel brenzliger sollte es vor der Pause für die Platzherren nicht mehr werden.

Diese gaben sich dagegen alle Mühe, Batz auf Betriebstemperatur zu halten. Richtig laut wurden die 2655 Zuschauer erstmals nach 23 Minuten, als der erneut unglaublich agile Hoffmann quer auf Lahn legte, doch Batz war rechtzeitig unten. Drei Minuten später setzte sich Serhat Ilhan auf links durch, dessen Flanke ließ Marquet zu Dino Bisanovic abtropfen, doch natürlich war Batz wieder zur Stelle. Die Geschichte des Hinspiels drohte sich zu wiederholen. Aber der TSV machte unermüdlich weiter – und wurde durch einen Mann belohnt, der im Hinspiel Anfang August noch gar kein Steinbacher war: Kevin Lahn brach auf Flanke von Hoffmann per Kopf in Minute 36 den Bann – 1:0, Erleichterung am Haarwasen. Aber auch kein Grund nachzulassen, doch weder Marquet (40.) noch Ilhan (43.) vermochten es, Batz ein zweites Mal zu überwinden.

Die mangelnde Chancenverwertung war der einzige Vorwurf, der den Steinbachern gemacht werden kann. Da half selbst ein Elfmeter kurz nach der Pause nicht. Saarbrückens Verteidiger Steven Zellner legte Kevin Lahn, doch Marquets unpräzisen Schuss vom Punkt wehrte Batz ab – ein Moment, auf den der FCS-Keeper drei Jahre warten musste (54.). Nur einmal hielten die TSV-Fans wirklich den Atem an. In der 61. Minute verschätzte sich Innenverteidiger Michael Schüler, der den rot-gesperrten David Al-Azzawe vertrat, massiv, sodass Gillian Jurcher sich den Ball erlief, aber frei vor TSV-Torwart Tim Paterok die Kugel neben das Tor setzte. In der Schlussphase musste Steinbach dem hohen Tempo zwar Tribut zollen und es wurde bisweilen hektisch, aber die Platzherren brachten den Sieg über die Zeit.

„Das ist der nächste Meilenstein in dieser Saison für Steinbach“, spielte Sören Eismann auf die punktemäßig beste Regionalliga-Hinrunde der Vereinsgeschichte an. Auch Alipour strahlte über das ganze Gesicht: „Wir sind extrem glücklich, weil es ein sehr emotionales Spiel und ein emotionaler Sieg gewesen ist.“ Diese Emotionen entluden sich in der Party nach Abpfiff. Nach Meinung von Sasa Strujic muss das nicht die letzte gewesen sein, denn, „träumen darf man ja immer.“



Aufrufe: 01.12.2019, 21:45 Uhr
Tim Georg (Dill-Post / Dill Zeitung)Autor