2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Peter Gaydarov (li.) und sein Co-Trainer Tomas Galasek sind mit der U17 des 1. FC Nürnberg sehr ordentlich in die Bundesliga-Saison gestartet.
Peter Gaydarov (li.) und sein Co-Trainer Tomas Galasek sind mit der U17 des 1. FC Nürnberg sehr ordentlich in die Bundesliga-Saison gestartet. – Foto: Imago Images

Gaydarov schlägt Alarm: »Der total falsche Ansatz«

Cheftrainer der U17 des 1. FC Nürnberg im Interview

In zwei Folgen haben wir den Jugendfußball schon unter die Lupe genommen, jetzt lassen wir den U17 Bundesliga-Trainer Peter Gaydarov vom 1. FC Nürnberg zu Wort kommen. Der 29-Jährige gilt als großes Talent und coachte in Niederbayern bereits die Seniorenteams des TV Aiglsbach und der SpVgg Landshut.

FuPa: Pep, dir als fußballverrückten Typen blutet im Moment auch das Herz, oder?
Peter Gaydarov (29): Ja, das kann man schon so sagen. Ende Oktober gab es noch die Hoffnung, dass wir vielleicht im Dezember einige Spiele absolvieren können. Aber das hat sich ja längst zerschlagen. Wir durften zumindest nach eineinhalb Wochen Pause im November wieder trainieren. Aber es fehlt halt einfach die Perspektive für den Wettbewerb. Diese Woche haben wir noch wie geplant trainiert, jetzt ist dann erst mal Pause bis Mitte Januar. Wir hoffen alle inständig, dass es am 14. Februar mit dem Heimspiel gegen Darmstadt weitergehen kann.

Trotz eines chaotischen Jahres kannst du rein sportlich gesehen zufrieden sein. Freilich sind erst fünf Spiele absolviert, aber die daraus geholten zwölf Punkte sind mehr als ordentlich. Ihr seid in der Bundesliga Süd/Südwest vorne mit dabei.
Die verlängerte Vorbereitung ist uns sicher entgegengekommen. Technisch, taktisch und athletisch sind wir auf einem guten Niveau. Aber wir dürfen uns auch nicht blenden lassen. Trotz der brisanten Ligakonstellation geht es primär um eine stetige Ausbildung und eine maximale Entwicklung jedes einzelnen Spielers. Mit dieser Arbeitsweise soll natürlich der Klassenerhalt in der Bundesliga die logische Konsequenz sein. Die Aufstockung der Liga auf 18 Teams zieht nach sich, dass es fünf Direktabsteiger geben wird! Der Ergebnisdruck wird sich in der Schlussphase der Saison für viele Mannschaften noch zuspitzen. Vor diesem Hintergrund sind die zwölf Punkte für uns Gold wert.

Eine Jugend-Bundesliga mit 18 Teams ist ein Novum. Vor dem Hintergrund, dass der deutsche Nachwuchs auf höchstem Niveau zuletzt alles andere als Lobeshymnen einheimst: Wie stehst du zu der Neuerung?
Das hat es noch nie gegeben. Zusätzliche Brisanz entsteht durch den Umstand, dass es nur eine einfache Runde geben wird, also keine Rückspiele. Das Problem ist, dass dadurch bei vielen Klubs Fehlervermeidung an oberster Stelle steht. Das ist für den Jugend-Fußball meiner Meinung nach der völlig falsche Ansatz.

»Kreativität ist wieder gefragt. In dieser Hinsicht haben uns andere Länder überholt.«

Was wäre deiner Meinung nach sinnvoll?
Ich glaube, in den letzten Jahren wurde viel zu viel Wert daraufgelegt, die Jungs in taktische Schemata zu pressen. Aber die Jungs müssen doch gerade in diesem Alter Fehler machen, etwas ausprobieren dürfen. Ein Dribbling darf auch mal schiefgehen. Es ist wieder viel mehr individuelle Förderung nötig. Kreativität ist wieder gefragt. In dieser Hinsicht haben uns andere Länder überholt.

Jetzt ist aber der DFB ist nicht gerade dafür bekannt, auf Veränderungen schnell und flexibel zu reagieren. Was macht dir Mut?
Ich habe schon den Eindruck, dass die Zeichen der Zeit erkannt wurden. Beim DFB tut sich einiges. Es wird gerade vieles umstrukturiert und neue Ideen werden umgesetzt.

Ein Monat ohne Fußball steht dir nun bevor. Wie hält ein positiv Fußballverrückter wie du das aus?
Das ist wirklich hart für mich (lacht). Ich hatte mit meinem alten Arbeitgeber in Ingolstadt eine flexible Regelung, sodass ich die nächsten Wochen wieder ein wenig als Informatiker arbeiten werde. (schmunzelt). Zusätzlich kann man organisatorisch für den Fußball viele Inhalte aufarbeiten und hat Zeit zur Reflektion und zur Weiterbildung.

Dank deiner Trainerstationen in Aiglsbach und bei der SpVgg Landshut bist du auch in Niederbayern bestens bekannt. Wie siehst du die Lage im Amateurbereich?
Kritisch. Ich fürchte schon, dass einige junge Kicker abspringen werden. Das Gemeinschaftsgefühl geht momentan komplett verloren. Wir erleben gerade eine Entkoppelung vieler Menschen von den Vereinen. Dabei sind diese in jeder Ortschaft und jeder Region so elementar wichtig. Vereine bringen Menschen zusammen. Dieses Miteinander existiert im Moment nicht.

Seinen Spielerpass hat Gaydarov noch in Aiglsbach.

Hast du noch Kontakt nach Aiglsbach oder Landshut?
Ja, klar. Ich mag die Leute und das Umfeld in Aiglsbach und bin sehr gern vor Ort. In Aiglsbach habe ich sogar meinen Spielerpass deponiert. Ich wohne nach wie vor im nicht weit entfernten Vohburg an der Donau. Wenn es meine Arbeit beim Club tatsächlich mal zulässt, laufe ich gerne ab und zu für den TVA auf. Auch bei der „Spiele“ bin ich noch mit einigen Spielern oder Funktionären in regem Kontakt. Mit Markus Wojtowicz, Thomas Kümmerle, Michael Limmer und Günther Leipold treffe ich mich, wenn es die Zeit und die äußeren Umstände zulassen, gemeinsam in Landshut.

Im nächsten Jahr wirst du 30. Bei Spielern ein Alter, in dem sie in den Herbst ihrer Karriere kommen. Du stehst als Trainer immer noch ganz am Anfang deiner Laufbahn. Wie sieht deine nähere Zukunft aus?
Hier denke ich derzeit tatsächlich nur an die aktuelle Spielzeit. Über die Saison hinaus, ist es mein Wunsch, den Lehrgang zum Fussball-Lehrer absolvieren zu können. Was die Zukunft mit sich bringt, kann ich nur mit ehrlicher, akribischer Arbeit beeinflussen und darauf konzentriere ich mich. Der Rest kommt von alleine.

Das Interview führte Mathias Willmerdinger.

Aufrufe: 013.12.2020, 13:30 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor