2024-04-19T07:32:36.736Z

Allgemeines
Gestatten: Stefan Eder, Dominic Baumann und Abdelhamid Sabiri (von links) - drei Hoffnungsträger des 1. FC Nürnberg. Fotos: Wolfgang Zink
Gestatten: Stefan Eder, Dominic Baumann und Abdelhamid Sabiri (von links) - drei Hoffnungsträger des 1. FC Nürnberg. Fotos: Wolfgang Zink

Club-U21: Die jungen Ballsammler wollen zu Jägern werden

Steffen Eder, Dominic Baumann, Abdelhamid Sabiri und Ramon Castellucci erleben im Profi-Trainingslager zum ersten Mal den rauen Alltag eines Profis und fühlen sich auf ihrem Weg bestätigt +++ Die vier Talente im Kurzinterview

In Alicante durften gleich vier U21-Spieler des 1. FC Nürnberg ihr Trainingslager-Debüt bei den Profis geben. Wer es dauerhaft nach oben schafft, lässt sich zwar wie immer nicht seriös einschätzen, etwas Besonderes war es für Abdelhamid Sabiri, Dominic Baumann, Steffen Eder und Ramon Castellucci aber definitiv.

Was das Wichtigste bei seinem ers­ten Trainingslager mit den Profis ist, hat Steffen Eder schnell begriffen: Demut. Am Ende der ersten Trainings­einheit in Algorfa schnappt sich der 19 Jahre junge Innenverteidiger das Ballnetz und räumt auf. Noch ist er hier Sammler. Und nicht Jäger.

Hat ihm jemand einen Tipp gegeben oder ist er selbst auf diese Idee gekom­men? „Das war für mich selbstver­ständlich, dass ich das Ballnetz tra­ge“, sagt Eder – „bei der U21“, flach­sen Abdelhamid Sabiri und Dominic Baumann, „macht er das ja auch“.

Die Stimmung unter Nürnbergs Nachwuchsspielern ist gut in Südspa­nien, auch wenn sich Ramon Castel­lucci, der aus dem Trio ab Mitte der Woche später ein Quartett macht, das Wetter ein wenig anders vorgestellt hatte. „Ich hatte mich gefreut, dass ich in wärmere Gefilde komme, nun ist es anders gekommen“, sagt er, wäh­rend sich vor der Glasfassade des Teamhotels große Pfützen bilden.

Neuerdings: wetterfest

Am Dienstagmorgen entdeckte er mehrere verpasste Anrufe auf seinem Handy, gleich dreimal hatte Michael Köllner, der Trainer der U21, ver­sucht, seinem Torhüter mitzuteilen, dass die beiden Trainingseinheiten mit dem Nachwuchs nicht die einzi­gen Aufgaben des Tages bleiben wür­den. Raphael Schäfer war in Alicante mit einem grippalen Infekt aus dem Flugzeug gestiegen und weil abzuse­hen war, dass Nürnbergs ewige Num­mer eins, im Trainingslager nicht ein­mal eine gesunde Nummer zwei wür­de abgeben können, buchten sie noch schnell einen Flug für den 19 Jahre jungen Castellucci. „Die Umstände kann ich nicht beeinflussen“, sagt er zu Schäfers Erkrankung, „insofern freue ich mich, dass ich hier erste Erfahrungen sammeln darf.“ Sonne, Schnee, Platzregen, Blitz, Donner, Hagel – die vier jungen Fuß­baller haben viel erlebt bei ihrem ers­ten längeren Ausflug zu den Profis. Entscheidender waren aber natürlich die Einheiten auf dem Platz, die Momente, in denen sie sich von den älteren Kollegen Kritik anhören muss­ten oder vom Trainer gelobt wurden.

Der Ton, das haben sie schnell ge­merkt, ist etwas rauer als in ihrem ge­wohnten Umfeld, das Tempo höher, die Zweikämpfe intensiver, „hier“, sagt Dominic Baumann, „gelten ande­re Gesetze“. Baumann, 21, auffällige Frisur, auffällige Tätowierungen, ist im Juli 2015 von Dynamo Dresden zum 1. FCN gewechselt und eigentlich hatte er erwartet, dass er dann immer mit der ersten Mannschaft trainiert. Aktuell ist der Stürmer Kapitän der zweiten und hofft wie einige andere darauf, dass der Umbruch beim Club vielleicht auch ihm eine neue Perspek­tive bietet. „Man merkt, dass gerade Chancen da sind und jetzt“, sagt er, „will man sie natürlich auch nutzen.“

Wie Erras, Mühl und Teuchert

Patrick Erras, der nach einer schwe­ren Knieverletzung in Alicante zum ersten Mal wieder richtig mit der Mannschaft trainieren durfte, hatte seine Chance bereits genutzt, auch In­nenverteidiger Lukas Mühl und An­greifer Cedric Teuchert sind derzeit mehr als Aushilfskräfte – die Durch­lässigkeit ist beim Club gegeben. Auch weil sie nicht mehr so viel Geld für neues Personal ausgeben können.

Der Abgang von Guido Burgstaller hat den Konkurrenzkampf zusätzlich befeuert, vor allem der gebürtige Ma­rokkaner Abdelhamid Sabiri könnte davon profitieren. Den 20-Jährigen haben sie vor ein paar Monaten bei den Sportfreunden Siegen in der Ober­liga entdeckt, am Valznerweiher woll­ten sie ihn in der Regionalliga in Ruhe weiterentwickeln, aber möglicherwei­se kommt die Beförderung nun schnel­ler als gedacht. Im Trainingslager hat er bei Trainer Alois Schwartz einen guten Eindruck hinterlassen, in den Testspielen bekam er oft den Vorzug vor dem 37-fachen Nationalspieler Ru­rik Gislason. „Manchmal denke ich immer noch: Krass, so schnell geht das, plötzlich bin ich einfach hier“, sagt er über seinen Sprung zu den Pro­fis. Demnächst könnte es vielleicht noch ein bisschen krasser kommen.

Seine jungen Mitstreiter werden sich vielleicht noch etwas länger ge­dulden müssen, die entsprechende De­mut haben sie in Südspanien bewie­sen. „Noch tragen wir nach dem Trai­ning gerne die Bälle und Tore“, sagt Sabiri. Bald wollen sie aber Jäger sein. Und keine Sammler mehr.

Die vier Talente im Kurzinterview:

Am liebsten nach New York: Steffen Eder

Ein Dank auch an die Oma: Dominic Baumann

Vorbild Zidane: Abdelhamid Sabiri

Die Bundesliga als Ziel: Ramon Castellucci


Aufrufe: 026.1.2017, 13:05 Uhr
Sebastian Gloser (NN)Autor