2024-05-02T16:12:49.858Z

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Ist noch oft in Frankfurt: Christoph Ringk Foto: Heinz Köhler
Ist noch oft in Frankfurt: Christoph Ringk Foto: Heinz Köhler

"Oberliga und international spielen, das war meine Welt"

Christoph Ringk, Ex-Fußballer des FC Vorwärts, war Überraschungsgast einer Lesung | Bis 1992 spielte er in Brandenburg und startete im Europapokal

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Er war der Überraschungsgast, als Hans-Joachim Lauck, langjähriger Kombinatsdirektor des Stahlwerkes Brandenburg, in der Hutten-Buchhandlung sein Buch „Edel sei der Stahl, stolz der Mensch“ vorstellte: Christoph Ringk. Frankfurter Fußball-Fans kennen den einstigen Sportschüler gut. Ehemalige Mitspieler wie Armin Müller oder Norbert Kloschinski kamen extra wegen ihm.

Als Achtjähriger hatte Ringk bei Dynamo begonnen (Anm. d. Red.: SG Dynamo Frankfurt), wechselte 1971 zum gerade aus Berlin an die Oder verpflanzten FC Vorwärts, rückte schon 1979/80 ins Oberliga-Aufgebot des FCV, absolvierte 29 Spiele. „An meinen Premierentreffer 1979 kann ich mich noch gut erinnern. Das war beim 2:0 gegen Chemie Leipzig. Das andere Tor schoss André Jarmuszkiewicz.“ Beide, der Verteidiger und der schon verstorbene Mittelfeldspieler, galten 19-jährig als die Vorwärts-Entdeckungen der Saison.

Unvergesslich sind Ringk auch die Europacup-Partien gegen den VfB Stuttgart und Ballymena United im Jahre 1980 geblieben. „Aber da durfte ich nur die Heimspiele mitmachen.“ Hintergrund waren Westkontakte des Elternhauses zu den legal aus der DDR ausgereisten Großeltern. Sein Opa war Pfarrer. Christoph Ringk wurde aus „kaderpolitischen Gründen“, wie es offiziell hieß, für den DDR-Leistungssport gesperrt, wechselte mit seinem Vater Karl-Heinz (damals Trainer bei Vorwärts) kurzzeitig zur BSG Halbleiterwerk, ab 1982 zum DDR-Ligisten Stahl Brandenburg. „Er durfte für die Vorgänge in seiner Verwandtschaft nicht länger in Familienhaftung genommen werden“, begründete der ehemalige Kombinatsdirektor Hans-Joachim Lauck seinen persönlichen Einsatz für den Fußballer. Der schaffte im zweiten Jahr den Oberliga-Aufstieg mit Stahl und konnte als Tabellenfünfter 1985/86 sogar im Europapokal starten – und das als Betriebssportgemeinschaft. Von 1984 bis 1991 absolvierte der Führungsspieler und Kapitän in der Havelstadt 162 Oberliga-Spiele (2 Tore) in der zentralen Abwehr. Knieprobleme trotz mehrerer Operationen zwangen ihn 1992 zum Aufhören.

So wurde er erst Nachwuchs-Trainer, dann Co-Trainer der 2. Bundesliga unter Schafstall und „Pico“ Voigt, später in der Regionalliga. Die Brandenburger Stahl-Probleme mit dem sportlichen Niedergang rissen wie bei vielen anderen Ost-Vereinen aber nicht ab, zumal auch der Hauptsponsor seinen Rückzug antrat. Also lernte Ringk „einen richtigen und in der Regel krisenfreien Beruf, mit dem man eine Familie ernähren kann“. Der 57-Jährige arbeitet als ausgebildeter Physiotherapeut in der Reha-Klinik Bad Belzig, wohnt mit seiner Ehefrau in Rietz, hat zwei Töchter, drei Enkel. Ganz vom Fußball konnte er nicht lassen. Von 1996 bis 2004 trainierte er den Landesligisten Kloster Lehnin, später den Verbandsligisten BSC Süd.

Christoph Ringk verband seine monatliche Frankfurt-Visite mit dem Besuch seiner Eltern in der Halben Stadt. „Vater ist 87, lebt altersgerecht, wie man so schön sagt“, urteilt er. „Nur gut, dass meine Schwester, die hier wohnt, sich öfter um die Eltern kümmern kann“, ist er dankbar.

Einen Groll auf Frankfurt wegen der damaligen Leistungssport-Suspendierung hat er nicht mehr. „Das waren die DDR-Zeiten, das habe ich für mich aufgearbeitet. Ich durfte ja wieder in der Oberliga und international spielen. Das war mein Anspruch, das war meine Welt.“

Aufrufe: 06.5.2017, 11:02 Uhr
MOZ.de / Hans EberhardAutor