2024-04-30T13:48:59.170Z

Interview
Zu Besuch an der Anfield Road: Robert Lechleiter aus Aßling hospitierte auch beim FC Liverpool und Trainerlegende Jürgen Klopp.
Zu Besuch an der Anfield Road: Robert Lechleiter aus Aßling hospitierte auch beim FC Liverpool und Trainerlegende Jürgen Klopp. – Foto: privat

„Unglaublich freundlich“ - Lechleiter hospitiert bei Klopp und Hasenhüttl in England

Ex-Hachinger im Interview

Robert Lechleiter macht in der DFB-Akademie den Fußballlehrer. Im Interview spricht er über Einblicke bei Jürgen Klopp und Ralph Hasenhüttl.

Für Robert Lechleiter biegt die Berufsausbildung zum Fußballlehrer allmählich auf die Zielgerade ein. Ende März 2023 will der ehemalige Profi aus Aßling (SpVgg Unterhaching, FC Hansa Rostock und VfR Aalen) den Pro-Lizenz-Lehrgang an der DFB-Akademie in Frankfurt erfolgreich abschließen. Die 16 Kursteilnehmer werden dabei in 700 Lerneinheiten und etwa 15 Präsenz- und Anwendungsphasen auf eine berufliche Zukunft im Profigeschäft vorbereitet.

Die Ebersberger Zeitung hat mit dem 42-jährigen Familienvater über Berufschancen, das moderne Jobprofil eines Fußballtrainers sowie einen Besuch bei Liverpool-Coach Jürgen Klopp gesprochen.

Wie muss man sich den Tagesablauf eines Fußballlehrers in Vollzeit-Ausbildung vorstellen, Herr Lechleiter?

In den letzten Wochen vor Weihnachten hatten wir zwei Präsenzphasen am neuen Campus der DFB-Akademie in Frankfurt. Das ist schon eine coole Geschichte, als erster Ausbildungsjahrgang vor Ort zu sein. Wir erarbeiten dort einzelne Themenschwerpunkte in der Theorie oder auch in vielen Gruppenarbeiten und haben darüber hinaus auch einige Aufgaben in Heimarbeit zu erledigen.

„Wir alle wissen, dass der Trainerberuf Zeitarbeit ist.“

Robert Lechleiter über seinen Job.

Welcher Themenschwerpunkt wird aktuell behandelt?

Die Übernahme einer neuen Mannschaft. Beispielsweise wie man sich auf einen neuen Trainerjob vorbereiten kann. Ein Thema, das ja in naher Zukunft auch bei mir aktuell wird (lacht).

Sie werden nach ihrem Abschied aus Unterhaching vergangenen Sommer also auch in dieser Winterpause keine neue Traineraufgabe übernehmen?

Im Januar setzte ich für zwei Wochen mein insgesamt fünfwöchiges Praktikum beim FC Ingolstadt fort, bei dem Rüdiger Rehm und sein Team tolle Arbeit leisten. Danach folgen noch zwei Präsenzphasen in Frankfurt bis zum Ende des Lehrgangs im März. Darauf will ich mich voll fokussieren und dann eine neue Aufgabe angehen.

Was ist das für ein Gefühl, selbst mit der höchstmöglichen Berufsausbildung in der Tasche, wenn überhaupt, nur minimale Chancen auf ein langfristiges Beschäftigungsverhältnis im professionellen Fußball zu haben?

Wir alle wissen, dass der Trainerberuf Zeitarbeit ist. Ich sehe das sehr gelassen. Wenn man mal im professionellen Fußballzirkus drin ist, ist man ja nie untätig. Auch ohne aktuell eine Mannschaft zu trainieren, schaut man sich viele Spiele an, absolviert Praktika und hat ganz viele Möglichkeiten, sich weiterzubilden. Auf solche Phasen muss man sich einstellen, wenn man in diesem Bereich tätig sein will.

„Ab und zu schauen wir als Familie auch auf den Büchsenberg.“

Robert Lechleiter fiebert mit A-Klassist TSV Aßling.

Sie vermissen die tägliche Trainingsarbeit momentan also gar nicht?

Natürlich! Ganz klar, das ist doch genau der Grund, weshalb ich den Trainerschein mache: um im Team gemeinsame Ziel zu erreichen. Es fehlt mir schon, das gerade Gelernte sofort anzuwenden, sich in der Gruppe vorzubereiten oder jetzt dann ins Trainingslager zu fahren. Einfach der tägliche Austausch. Trotzdem ist mein Alltag sehr gut ausgefüllt. Privat habe ich mehr Freizeit als zuvor und nutze diese, um mich um meine Familie zu kümmern. Ich bin viel mit meiner Tochter und meinem Sohn unterwegs und ab und zu schauen wir als Familie auch auf den Büchsenberg.

Dann haben Sie auch die Hinrunde der Aßlinger Fußballer in der A-Klasse verfolgt?

Natürlich. Da wäre gefühlt mehr drin gewesen (Aßling überwintert auf Rang sechs, Anm. d. Red.). Weil sie das ein oder andere Spiel knapp verloren haben, ist der Zug nach vorne leider wohl abgefahren.

FC Liverpool und FC Southampton: Robert Lechleiter hospitiert bei Jürgen Klopp und Ralph Hasenhüttl

Wenn Sie persönlich auf die letzten Monate zurückblicken: Hat sich Ihre private Investition von 19.000 Euro Lehrgangsgebühr gelohnt?

Der Lehrgang war schon jetzt ein absoluter Mehrwert für mich. Gerade aus den letzten zwölf Monaten nehme ich unglaubliche Eindrücke mit.

Zum Beispiel?

Die England-Reise. Mit unserem Kurs waren wir eine Woche lang beim FC Liverpool zu Gast und haben uns vor dem Rückflug das EM-Spiel der deutschen Frauennationalmannschaft gegen Dänemark angesehen. Auch beim Eröffnungsspiel im ausverkauften Old-Trafford-Stadion in Manchester waren wir dabei. Anschließend habe ich selbst noch eine Woche beim FC Southampton hospitiert.

„Ich durfte jeden Tag im Training und auch im Trainerbüro dabei sein.“

Robert Lechleiter über seinen Besuch beim FC Southampton.

Wie kümmert sich ein zweimaliger Welttrainer des Jahres um den Besuch von potenziellen Konkurrenten. Kurzum: Wie war‘s bei Jürgen Klopp?

Alle Angestellten in Liverpool waren unglaublich freundlich zu uns. Jürgen Klopp und sein Co-Trainer (Peter Krawietz, d. Red.) haben sich die Woche über auch viel Zeit genommen und mit uns über Teamführung gesprochen. Auch bei der ersten Trainingseinheit der Saisonvorbereitung waren wir auf dieser beeindruckenden neuen Anlage dabei und ich konnte für mich viele verschiedene Ansätze mitnehmen.

In Southampton haben Sie dann einem alten Bekannten über die Schulter geschaut, oder?

Ralph Hasenhüttl (bis November Southampton-Coach, d. Red.) und ich haben bei Aalen und Haching insgesamt fünf Jahre zusammengearbeitet. Der Klub ist genauso sensationell strukturiert und ausgestattet wie Liverpool. Ich durfte jeden Tag im Training und auch im Trainerbüro dabei sein. Für diese Möglichkeit bin ich Ralph sehr dankbar.

Worin unterscheidet sich die tägliche Trainer-Arbeit in Premier League und Regionalliga?

Im Endeffekt kann man sich die Arbeit immer gleich machen. Der Unterschied liegt natürlich hauptsächlich in der Größe des Staffs. Wie viele Leute du auf diesem Level alleine für die Analyse zur Verfügung hast, ist schon beeindruckend.

„Ausverkauft, ein super Platz hinter dem Tor, ein bisschen Wind, ein bisschen englischer Regen – da hat alles zusammengepasst.“

Robert Lechleiter über den Besuch in Old Trafford.

Könnten Sie sich vorstellen, im Sommer selbst als Assistenztrainer auf diesem Niveau einzusteigen, oder muss es der Chefposten sein?

Ich bin bisher gut damit gefahren, dass ich mir viele Sachen offenlasse. Das kommt ganz auf die Gespräche an. Wichtig ist mir, dass der Verein eine professionelle Struktur und eine Vision hat. Ich gehe diesen Prozess sehr gespannt, aber mit einer gewissen Lockerheit an.

Welches persönliche Highlight haben Sie aus England mitgenommen?

Das Old Trafford war immer mein Kindheitstraum, der sich jetzt erfüllt hat. Ausverkauft, ein super Platz hinter dem Tor, ein bisschen Wind, ein bisschen englischer Regen – da hat alles zusammengepasst.

Ihr kurzfristiger Traum ist also die Rückkehr ins Profi-Geschäft. Wie glauben Sie, hat sich dieses seit Ihrem Karriereende als Spieler 2014 verändert?

Besonders in den Bereichen Medien und Social Media hat sich vieles geändert. Das Thema ist heute viel wichtiger. Als Trainer musst du heute vor, nach und teilweise sogar während den Spielen öffentlich viel präsenter sein. Darauf muss man sich vorbereiten.

„Nach dem Lehrgang wieder eine Mannschaft zu trainieren.“

Robert Lechleiters Wunsch für 2023.

Gerade in Bezug auf die Interviews in der Mixed-Zone nach den Spielen wird Spielern und Trainern oft vorgeworfen, ihre ausweichenden Antworten wären vom „Profi-Betrieb weichgespült“ worden…

. . . und auch wir hatten im Lehrgang natürlich eine Medienschulung. Aber es geht dabei gar nicht darum, den Fragen auszuweichen. Sondern vielmehr darum, seine eigene Meinung richtig zu vertreten. Die Frage ist, in welchem Kontext sich das alles jeweils abspielt. Dass die Berichterstattung nicht so gut ist, wenn es sportlich nicht so läuft, gehört nun mal dazu.

Apropos Außendarstellung: Da hinken Sie mit gerade mal rund 150 Followern und nur einem Beitrag auf Ihrem Instagram-Profil schon noch ordentlich hinterher.

(lacht) Erst gestern, habe ich meinen zweiten Beitrag gepostet. Für mich ist das noch kein Thema. Ich bin auch nicht der Typ dazu.

Vielleicht ja im neuen Jahr. Was wäre sportlich Ihr größter Wunsch für 2023?

Nach dem Lehrgang wieder eine Mannschaft zu trainieren.

(Interview führte Julian Betzl)

Aufrufe: 04.1.2023, 09:53 Uhr
Julian BetzlAutor