2024-05-02T16:12:49.858Z

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Gelingt ihnen auch der ganz große Sprung? Tadeus Henn (r.) und Co. haben sich eindrucksvoll die Herbstmeisterschaft gesichert.
Gelingt ihnen auch der ganz große Sprung? Tadeus Henn (r.) und Co. haben sich eindrucksvoll die Herbstmeisterschaft gesichert. – Foto: Andreas Mayr

„Mit dieser Mannschaft ist alles möglich“: Darum ist der TSV Murnau so erfolgreich

Drei Eckpunkte, warum Murnau die Bezirksliga anführt

Der TSV Murnau ist Herbstmeister in der Bezirksliga Süd. Zusammenhalt, Fleiß, Spielfreude und Bodenständigkeit zeichnen die junge Truppe aus.

Murnau – Kaum zu glauben, aber Martin Wagner hat in Murnau eine Art Fußballverbot ausgesprochen. In diesem Winter, sagt der Trainer, wird nichts gemacht. Kein Fußball, kein Futsal, einfach Pause. „Das haben wir uns vorgenommen“, sagt der Trainer des TSV. Zum Hallenturnier schickt Murnau eine Gauditruppe. Ansonsten sollen sie sich ausruhen, Kraft schöpfen für die größte Mission ihrer jungen Fußballkarriere.

Nach 18 Spielen stehen die Drachen auf Platz eins der Bezirksliga. Der halbe Weg zur Landesliga ist marschiert. Und Trainer Wagner sagt: „Mit dieser Mannschaft ist alles möglich.“

Wobei der Satz ja allerlei Interpretationsspielraum offen lässt. In Murnau lernen sie aus den Fehlern. Ihren eigenen, aber auch aus denen der anderen. Niemals werden sie ihre Ambitionen aus Lautsprechern tönen, wie das Haidhausen etwa vorige Saison tat. Das verbietet alleine schon die Contenance von Abteilungsleiter Michael Adelwart, der Zurückhaltung praktisch im Abteilungsmanifest verankert hat. So lange er an der Poschinger-Allee das Kommando hat, wird man nie große Töne vernehmen. Adelwart hat früh feststellen müssen, wie tief die Vorurteile über den TSV Murnau, dem man früher gerne Arroganz und Überheblichkeit andichtete, noch verwurzelt sind.

Spielfreude und Bodenständigkeit als Erfolgsrezept des TSV Murnau

Diese Mannschaft ist so ziemlich das Gegenteil von Affektiertheit. Ein junger Trupp voller Esprit, Leichtigkeit, Spielfreude und Bodenständigkeit – und einem Chef, der all das verkörpert: Coach Wagner. Der sagt: „Egal, wie wir dastehen: Für mich ist Aubing der Favorit.“ Understatement gehört natürlich zum großen Murnauer Plan. Voriges Jahr haben sie erlebt, wie schnell ein Team aus den Bergregionen der Bezirksliga wieder absteigen kann. Zum Winter noch Zweiter, am Ende weit weg von der Spitze. Verletzte, ein Trainerwechsel, ein unfites Team und nicht zuletzt die interne Order, die Erste Mannschaft anderen Aufgaben unterzuordnen.

Wagner hat einen Schallschutz entwickelt, der die laute Musik, die von außen tönt, weghalten soll. „Wir wollen nicht zu sehr von Platz eins reden“. Druck, noch dazu die eigenen Ambitionen, hat die Kraft, ein Team zu verformen. Auch wenn es noch so gefestigt ist. „Wir versuchen intern, die Kirche im Dorf zu lassen. Du musst immer damit rechnen, dass es eine Delle gibt. Wir sind jetzt die Gejagten. Es gibt kein einziges einfaches Spiel.“

TSV Murnau trainiert dreimal die Woche

Wenn sie denn aufsteigen sollten, dann schaffen sie es nur mit Leichtigkeit, mit der Ausgeburt des jugendlichen Fußballs. Sie können das schon seit Monaten nicht mehr hören, wenn ihnen ständig die eigene Unerfahrenheit vorgehalten wird. „Die kriegen die Krise“, sagt ihr Coach. Die Murnauer deuten das Argument ihrer Kritiker mittlerweile um: Ihre Jugend ist das, was die anderen nicht haben. Sie laufen schneller, sie laufen länger und sie trainieren mehr als die Alten. Manche würden sogar täglich aufschlagen auf dem Trainingsplatz.

Dreimal übt der TSV. „Noch mehr wäre dann doch überzogen“, sagt Wagner, wohl wissend, dass manch Älterer das hohe Pensum auch beklagt. Aber das ist nicht mehr als ein Mini-Mini-Konflikt im TSV-Kosmos. „Für die Jungen ist das genau das richtige.“ Wieso sollte der Coach sie einbremsen? An manch trainingsfreien Tagen haben sie sich einfach privat getroffen. „Wir waren fleißiger als andere Mannschaften“, sagt Wagner.

Murnaus Zusammenhalt ist die Währung des Vereins

Der Fleiß ist einer von drei Eckpunkten des Murnauer Erfolgs. Die übrigen: Zusammenhalt und Entwicklung. Eine von Wagners ersten Veränderungen war die Priorisierung der Kameradschaft. Er nominierte Tadeus Henn, Thomas Bauer, Phillip Mühlbauer und Michael Marinkovic – also einen ziemlich exakten Querschnitt des Teams – für den Mannschaftsrat und übertrug ihnen die gewaltige Aufgabe, das Programm abseits von Training und Spiel zu organisieren.

Früher in Penzberg oder Habach übernahm er das selbst. Aber jetzt hat er Kinder zuhause. Was soll man sagen: Im Grunde reicht es, einen Abend an der Poschinger-Allee miterlebt zu haben. In der Vereinswirtschaft brennen die Lichter bis spätnachts. Edelfans, langjährige Unterstützer, Spieler, Trainer, alle kommen zusammen. In der Vorbereitung spürte Wagner erstmals diese „brutal gute Gemeinschaft“. Das war der Moment als er wusste: Mit diesem Team ist Großes möglich. Murnaus Zusammenhalt ist die Währung des Vereins. „Unbezahlbar“, betont Wagner.

Langzeitverletzte sollen im Januar wieder einsteigen

Geld werden sie nicht in die Hand nehmen. Wenn schon einer wie Georg Kutter für umsonst spielt, wie sollte man Zahlungen dann bei anderen rechtfertigen? Sie wollen ja gar niemanden von außerhalb. Angesichts der Traumbilanz vergisst man gerne die Langzeitverletzten – Julian Popp, Julius Heinen, Felix Schürgers, Michael Marinkovic –, die im Januar wieder einsteigen. Allesamt Startelf-Kandidaten. „Wir kriegen richtig starke Spieler zurück“, erinnert der Coach.

In ihrer Abwesenheit blühten andere auf. Torwart Fabio Grund, bei dem man nicht glauben kann, dass er erst 18 ist. Tadeus Henn, der Freistoßmagier. Thomas Bauer, der 20-jährige Kapitän, der spielt, als wäre er Anfang 30. Und natürlich Kutter, Alpha und Omega des TSV. Der Mann, auf dem alles lastet. Kutter ist die Dame im Murnauer Schachspiel, die den Türmen, Springern und Läufern ihre Züge ermöglicht. „Dem ist ganz egal, ob drei Spieler bei ihm sind. Auf dem kann man alles abladen. Der spielt so mannschaftsdienlich. Das ist sein größter Trumpf.“

Die Saison, sagt Wagner, sei noch lang. Was am Ende rauskommt, wissen sie nicht. Aber so lange sie weiter ehrlichen Fußball zeigen, der die Zuschauer mitreißt, haben sie sich nichts vorzuwerfen. So sehen sie das. Wagner erzählt von einer Begegnung mit Georg Kutter senior, Landesligaheld des TSV und Edelfan. „Wenn der sagt, das war eine gute Leistung, macht einen das stolz.“ (Andreas Mayr)

Aufrufe: 06.12.2023, 09:45 Uhr
Andreas MayrAutor