2024-05-02T16:12:49.858Z

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Bei dieser Pressekonferenz teilt Marco Rose mit, dass er den Trainerposten beim TSV Schott Mainz nicht antreten wird.
Bei dieser Pressekonferenz teilt Marco Rose mit, dass er den Trainerposten beim TSV Schott Mainz nicht antreten wird. – Foto: VRM

Marco Rose: Ein-Tag-Trainer bei Schott

Vor genau zehn Jahren hätte der heutige Coach von RB Leipzig fast den TSV in der Verbandsliga übernommen

Mainz. Viele Pressekonferenzen gab es noch nicht beim TSV Schott Mainz. Aber diese eine ist legendär. 1. Juli 2013, Trainingsauftakt – der Tag, an dem Marco Rose nicht TSV-Trainer wurde. Eigentlich sollte der frühere Mainz-05-Profi das Zepter beim damaligen Verbandsligisten übernehmen. Und der 46-Jährige saß auch um Punkt 17 Uhr vorne auf dem Podium – um zu erzählen, dass er zur B-Jugend von RB Salzburg geht. Die womöglich einzige Nichtantritts-PK der Fußballgeschichte.

Zerknirscht wirkte Rose, sprach von einer unverhofften, großen Chance. Und davon, dass er sein Wort gehalten hätte, hätten die Verantwortlichen darauf bestanden. Damals strebte der TSV mit Macht und kräftig unterstützt von der Schott AG Richtung Regionalliga. Rose sollte, was damals neu war, hauptamtlicher Trainer werden, die Strukturen voranbringen. Christian Hock war 2012/13 trotz starker Punkteausbeute an der Mission Verbandsliga-Meisterschaft gescheitert und ging dann als Nachwuchschef zum SVWW. Der damalige Schott-Manager Salvatore Ruggiero fand eine mindestens ebenso namhafte Lösung.

Rose war damals Regionalliga-Trainer und traf sich mit Ruggiero auf einer Autobahnraststätte irgendwo zwischen seinem Club Lok Leipzig und dem Schott-AG-Gründungsstandort in Jena. „Sehr menschlich, ehrlich und bodenständig“ habe Ruggiero Rose damals erlebt. Auch, als die Offerte aus Österreich kam, kaum drei Wochen vor Saisonstart. Zweimal telefonierte der damalige TSV-Manager mit RB-Sportdirektor Ralf Rangnick. „Auch das waren sehr angenehme, bodenständige Gespräche“, sagt Ruggiero, der heute Vice President Marketing and Communication bei der Schott AG ist. Und in dieser Funktion noch so manche PK erlebte.

Ali Cakici übernimmt als Cheftrainer

„Aber das damals war eine der überraschendsten in meiner ganzen Laufbahn“, erzählt Ruggiero, der sich immer wieder gern die Bilder ansieht. Rechts Rose, mittig er selbst, links Ali Cakici. „Wenn Salva darauf bestanden hätte, wäre Rosi geblieben“, ist sich der aktuelle Trainer der TuS Marienborn sicher, „bei ihm galt immer: ein Mann, ein Wort.“ Cakici war als Co-Trainer eingeplant – und übernahm stattdessen den Schott-Chefsessel, unter anderem mit Nils Döring als spielendem Assistenten. So hatten es Rose und Ruggiero sich gemeinsam überlegt. Die beiden stehen immer noch im Austausch: „Wir schreiben uns ab und zu. Sportlich und menschlich ist er ein Top-Typ. Es ist etwas Besonderes, dass er fast bei uns gelandet wäre.“

Für Rose sollte der Karriereschritt in den Red-Bull-Kosmos Gold wert sein. 2017 wurde er als Youth-League-Gewinner Salzburg-Chefcoach, dann schnappte Borussia Mönchengladbach (2019) und schließlich Borussia Dortmund (2021) zu. Jüngst holte der gebürtige Leipziger in seiner alten Heimat mit RB den DFB-Pokal – sein erster großer Titel in Deutschland. Bei Schott ging es sportlich ebenfalls aufwärts, einen Verlierer hatte diese Nicht-Verpflichtung im Rückblick nicht.

Schott holt Verbandsliga-Titel

„Es war eine super Entscheidung, Schott-Cheftrainer zu werden“, blickt Cakici zurück. Und lacht: „Vielleicht wäre es die bessere Entscheidung gewesen, mit nach Salzburg zu gehen.“ Doch diese Option stand nicht an. Stattdessen leitete Cakici den Trainingsauftakt und holte den Verbandsliga-Titel. Mit, Kracher Nummer zwei an diesem Nachmittag, Preston Zimmerman als Zugang. Der damals 24-jährige Drittliga-Stammspieler kam aus Darmstadt, das Berufliche priorisierend. Ehe der US-Amerikaner in der Schott AG Karriere machte und ins Ausland ging – Zimmerman war bis vor kurzem Vertriebsleiter in den USA und wohnt in Seattle –, war er Leistungsträger und Stimmungskanone beim TSV.

Es war eine fröhliche Zeit, Cakici sprudelt über vor Anekdoten. Etwa wie Zimmerman, der kernige Naturbursche, einst Nicklas Schlosser über die Anlage jagte. „Egal bei welchem Wetter, Preston zog immer sein Trikot aus, wenn er auf den Platz ging“, erzählt Cakici. Schlosser sollte es ihm gleich tun, wollte aber nicht. So spurteten die beiden während des Trainings bei eisigem Wetter bis zur Ermattung kreuz und quer. „Preston war sportlich und menschlich unverzichtbar“, strahlt Cakici. Nur die damals entstandene Erzählung, dass Rose den US-Amerikaner zum TSV brachte, war nicht korrekt. Das war Ruggiero gemeinsam mit Manfred Lorenz, der Zimmerman einst auch zu Mainz 05 II geholt hatte.

Trotz Absage stellt sich Rose bei einer Pressekonferenz

Auch Rose und Cakici lachten viel zusammen. Doch das Gespräch darüber, dass das gemeinsame Projekt beim TSV doch nicht klappt, war ernsterer Natur. Rose machte sich die Entscheidung offenbar sehr schwer. Bemerkenswert, dass er sich zur PK stellte. Beide kannten sich schon lange, aus Zeiten, in denen Cakici bei Mainz 05 Scout und Rose Spieler war. „Die ganze Mannschaft hatte oft bei ihm Fußball geguckt, da war ich auch immer dabei“, erzählt der 56-Jährige. Der Kontakt blieb bestehen, hatte sich längst zur Freundschaft entwickelt. Cakicis Zeit als Co-Trainer in Ingolstadt war gerade vorbei, da rief Rose an, einen Assistenten für den TSV Schott suchend.

„Von der Menschlichkeit ist er Eins A. Ich setze ihn als Freund auf eine Ebene mit Sandro Schwarz. Bodenständige Menschen, die sich vermutlich nie verändern werden, egal, in welchen Sphären sie sind“, sagt Cakici. Auch wenn der Kontakt etwas eingeschlafen ist, bestehe eine vertrauensvolle Verbindung. Der aktuelle Marienborner Coach ist davon überzeugt, dass sich zumindest ein Kreis noch schließen wird: „Ich denke, dass Rosi nicht immer Trainer bleiben wird. Irgendwann wird er aufhören. Aber vorher wird er noch einmal zu Mainz 05 zurück wollen.“

Hier wurde in der AZ noch darüber berichtet, dass Marco Rose den TSV Schott übernimmt.
Hier wurde in der AZ noch darüber berichtet, dass Marco Rose den TSV Schott übernimmt. – Foto: VRM
So berichtete die AZ damals über die Zusage und die Absage.
So berichtete die AZ damals über die Zusage und die Absage. – Foto: VRM


Aufrufe: 09.7.2023, 10:00 Uhr
Torben SchröderAutor