2024-05-29T12:18:09.228Z

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Paul Hahn feierte am Dienstag seinen 75. Geburtstag.
Paul Hahn feierte am Dienstag seinen 75. Geburtstag. – Foto: Marcel Eichholz / Verein

Libero Paul Hahn wird 75

Der Sonsbecker, der in den 70er-Jahren in Uerdingen wie Franz Beckenbauer die Position des Ausputzers neu definierte, feiert heute runden Geburtstag. Ein Gespräch über Karriere-Höhepunkte und alte Weggefährten.

Ob Gerd Müller, Wolfgang Overath, Kevin Keegan oder Alan Simonsen – die Liste der Bundesliga-Stars aus den 70er-Jahren ist schier endlos. Fußball-Legenden, die die meisten nur aus dem Fernsehen oder dem Panini-Album kennen, haben eines gemeinsam: Sie alle haben mindestens ein Mal Paul Hahn als Gegenspieler kennen und zumeist schätzen gelernt. Heute feiert der „Sonsbecker Jung“ seinen 75. Geburtstag. An die Rente denkt der Ex-Profi, in dessen Vita unter anderem 81 Bundesliga- und 237 Zweitligaspiele stehen, aber nicht.

Hahn steht immer noch hinter dem Tresen seines Sportcenters an der Eichenstraße in Sonsbeck. Das hat er 1980 im Rahmen einer kleinen Feier eröffnet. Gäste waren unter anderem Rüdiger Abramczik, Manfred Burgsmüller und Klaus Fischer. Hahns Bundesliga-Kollegen interessierten sich damals für ein Netz, das nichts mit Fußball zutun hat, ganz besonders. „Die konnten alle auch super Tennis spielen“, so Hahn.

Wer heute den Gastraum des Sportcenters betritt, kann einen kleinen Ausschnitt seiner Karriere anhand der Bilder an den Wänden bestaunen. Hahn am Tisch mit dem unvergessenen Hennes Weisweiler oder beim Handschlag mit Franz Beckenbauer kurz vor dem Heimspiel gegen die Bayern. Am 27. August 1975 war das, in der Uerdinger Grotenburg-Kampfbahn. Hahn erinnert sich: „Die Bayern gingen durch ein Tor von Gerd Müller in Führung. In der zweiten Halbzeit haben wir das Spiel durch zwei Tore von Lorenz-Günther Köstner gedreht.“

Duelle mit den ganz Großen

Mit Paul Hahn und Franz Beckenbauer standen damals zwei Liberos auf dem Platz, die nach Meinung fast aller Experten die besten des Landes waren. Hahn galt als exzellenter Techniker und intelligent im Spielaufbau, kam in der Nationalmannschaft aber nicht am „Kaiser“ vorbei. Dass die „Welt am Sonntag“ ihn deshalb mal den „kleinen Kaiser“ nannte, störte Hahn nicht. Eine andere Position einzunehmen, um vielleicht Nationalspieler zu werden, kam für den gebürtigen Sonsbecker sowieso nicht infrage. „Aus der Libero-Position heraus konnte man ganz viel machen, vor allem im Spielaufbau. Damals gab es immer Löcher, es wurde nicht so gepresst wie heute. Dafür war der Fußball härter, es wurde mehr getreten.“

Auch in seiner Mannschaft. Hahn dazu: „Wenn Norbert Brinkmann in den Zweikampf gegangen ist, hat das schon beim Zusehen wehgetan. Klaus Fischer ist gegen uns immer auf die Flügel ausgewichen, um nicht auf ihn zu treffen.“ Klaus Fischer nennt Hahn auch, wenn er nach seinen gefürchtetsten Gegenspielern befragt wird: „Klaus und Horst Hrubesch waren sehr kopfballstark. Wenn die hochgestiegen sind, war es zu spät.“ Und dann gab‘s ja noch den Bomber der Nation. Hahn erinnert sich an seine Duelle mit Gerd Müller: „Dem konnte man den Ball nicht abnehmen, weil er ihn mit dem ganzen Körper abgeschirmt hat. Dazu war er mit seinen schnellen Drehungen unberechenbar.“

Pokalabend wird zur Feier

Sieben Jahre war Hahn Kapitän der Uerdinger. Mit ihm als Mannschaftsführer stiegen die Krefelder 1975 und 1979 in die 1. Bundesliga auf. Ein Spiel bleibt für ihn unvergessen: Der 6:3-Pokalsieg 1977 gegen Eintracht Frankfurt: „Sechs Minuten vor Schluss lagen wir 1:3 hinten, tausende Zuschauer verließen das Stadion. Dann sorgten Friedhelm Funkel und Jan Mattson für die Verlängerung. Die Frankfurter waren stehend K.o., wir hätten zehn Buden machen können.“ Es wurden noch drei, zwei davon schoss Hahn. Das brachte ihn zum zweiten Mal auf die Titelseite des Fußball-Fachmagazins „Kicker“ und zu Dieter Kürten ins ZDF zum Aktuellen Sportstudio.

Im DFB-Pokal-Halbfinale gegen Hertha BSC erlebte Hahn dann seinen persönlichen Albtraum: „Es war ein Spiel auf das Tor der Berliner. Wir hätten gewinnen müssen, aber sie haben das 1:0 gemacht. Das Finale gegen Köln wäre ein Traum gewesen.“ Heute sieht sich der gelernte Schlosser hin und wieder Spiele der Westvereine an. Er mag den 1. FC Köln und Borussia Dortmund und ist Fan von Rot-Weiss Essen.

Dem SV Sonsbeck weiter treu

Auf den Tribünen der Fußball-Stadien trifft er immer wieder alte Weggefährten wie etwa Frank Mill, den er menschlich sehr schätzt, fußballerisch jedoch weniger: „Den musstest du nur anpusten, dann ist der umgefallen.“ Und natürlich ist Paul Hahn dem SV Sonsbeck treu verbunden, besucht regelmäßig die Heim- und gelegentlich auch Auswärtsspiele. Mit der aktuellen Position im gesicherten Mittelfeld der Oberliga ist Hahn durchaus einverstanden, wie auch mit der Gesamtsituation im Klubs: „Der SV Sonsbeck hat einen gut zusammengesetzten Vorstand, der hervorragende Arbeit leistet.“

Dass „seine“ Uerdinger inzwischen in derselben Liga spielen, schmerzt ihn. „Ich gönne dem Verein, dass er wieder nach oben kommt. Aber der Absturz ist ein Beispiel dafür, wie gefährlich es ist, sich auf einen Sponsor zu verlassen. Das ist beim SV Sonsbeck anders, hier ist die Last auf ganz viele Schultern verteilt. Bricht einer weg, springt ein anderer ein.“ Auch wenn Hahn voll und ganz damit zufrieden ist, in der Oberliga ohne Abstiegssorgen zu bestehen, richtet der Ex-Profi den Blick auf die Regionalliga West, in der Vereine wie Rot-Weiß-Oberhausen oder Alemannia Aachen warten: „Da irgendwann mal zu spielen, wäre schon ein Traum.“

Aufrufe: 017.1.2024, 16:00 Uhr
RP / Erwin KohlAutor