2024-05-29T06:38:12.186Z

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Lewis Holtby ist mit Holstein Kiel aufgestiegen.
Lewis Holtby ist mit Holstein Kiel aufgestiegen. – Foto: Pressefoto Eibner

Lewis Holtby: Ein Erkelenzer zurück in der Bundesliga

Auf seine alten Tage spielt Lewis Holtby in der nächsten Saison wieder erklassig. Mit Holstein Kiel schaffte der 33-Jährige Erkelenzer jetzt den Aufstieg. Warum dieser Coup für einen alten Weggefährten aus der Heimat aber keine Überraschung ist.

Überschäumende Freude bei Lewis Holtby: Nach einem 1:1-Remis gegen Fortuna Düsseldorf stand am Samstag der Aufstieg der „Störche“ fest, und die Bilder des ausgelassen feiernden Holtbys stets mit der Flasche eines norddeutschen Bierfabrikats in der Hand, fluteten die Kanäle der sozialen Medien. „Ich glaube, wir sind der Angstgegner von Bayern München“, sagte Holtby mit Blick auf den DFB-Pokal-Coup 2021 seiner Kieler gegen die Bayern.

„Hier war schon einmal ein Schneesturm-Spiel. Wenn Thomas Müller hier wieder herkommt, dann kriegt er Flashbacks. Und Harry Kane nehme ich in Manndeckung“, ulkte er rum, als er zu den versammelten Medienvertretern sprach.

Erfahrung zahlte sich aus

Zumindest auf seine Erfahrung können die Kieler zählen: Auf exakt 200 Spiele und 26 Tore kommt Lewis Holtby bislang in der Bundesliga. Ab August dürften nach langjähriger Unterbrechung einige dazukommen – im Trikot von Holstein Kiel. Für die Störche spielt der heimatverbundene Mittelfeldspieler seit 2021 – sein Vertrag beim künftigen Bundesligisten aus Schleswig-Holstein läuft noch bis Juni 2025.

Seine fußballerische Wiege liegt aber in Erkelenz – genau gesagt im Ortsteil Gerderath. Dort ist Holtby aufgewachsen, spielte bis zur D-Jugend auch bei der ortsansässigen Sparta. 2001 wechselte er dann zu Borussia Mönchengladbach. Dort spielte er drei Jahre, ehe er gewogen und für zu leicht befunden wurde. „Am Ende habe ich gar nicht mehr gespielt, das war schon hart für mich. Ich war daher froh, als ich 2004 zur Alemannia gehen konnte“, erzählte Holtby unser Redaktion zu Beginn seiner Profikarriere, die bereits mit 17 Jahren eben beim damaligen Zweitligisten Alemannia Aachen begann.

Erinnerung an Gladbacher Zeit

„Lewis kam zu mir und sagte, er wolle mehr spielen“, blickte einmal Roland Virkus, damals sein Trainer in Borussias C-Jugend und nun Borussias Sportdirektor, auf 2004 zurück. „Doch ich konnte Lewis nicht zusagen, dass er Stammspieler würde. Er war zwar fußballerisch stark, aber sehr schmächtig und noch nicht schnell und durchsetzungsfähig genug.“ Eine Einschätzung, die Holtby selbst sogar bestätigte: „Ich war in der Tat nicht schnell genug, habe erst nach dem Wechsel körperlich richtig zugelegt. Ich schätze Roland Virkus als Mensch und als Trainer.“

Für die Alemannen-Profis spielte er dann zwei Jahre, in denen er schnell zum unumstrittenen Stammspieler reifte. Von dort folgte 2009 der Wechsel zu Schalke 04 – für zweieinhalb Millionen Euro Ablösesumme. Da war Holtby gerade einmal 18 Jahre alt. „Wir wollen Lewis zum A-Nationalspieler machen“, erklärte der damalige Schalker Trainer Felix Magath.

Bei den Knappen lief es für Holtby zunächst aber nicht nach Wunsch, es folgten erfolgreiche Leihstationen beim VfL Bochum und vor allem beim FSV Mainz. Dort avancierte er gemeinsam mit André Schürrle und Ádám Szalai zu den sogenannten „Bruchweg-Boys“ - seine Tore feierte das Trio stets medienwirksam auf einer Weise, die eben einer Band glich.

2011 folgte nach Leihende die Rückkehr zu Schalke, von dort ging es im Januar 2013 erstmals nach England in die Premiere League zu Tottenham Hotspur. Ins Mutterland des Fußballs wollte Holtby immer einmal wechseln – auch, weil sein Vater Chris Holtby Engländer ist. Nach einer Ausleihe zum FC Fulham wechselte Holtby im September 2014 in die Bundesliga zurück, heuerte beim Hamburger SV an – in die Hansestadt hat Holtby seitdem auch seinen Lebensmittelpunkt verlegt, wohnt dort mit seiner Frau und den beiden Kindern.

Trotz des Abstiegs 2018 blieb er noch ein weiteres Jahr beim HSV, ehe er 2019 wieder auf die Insel ging – für zwei Jahre zu den Blackburn Rovers. Von dort wechselte er 2021 nach Kiel. Für die Störche kam Holtby in der laufenden Saison bislang 30 Mal zum Einsatz, erzielte vier Tore und bereitete neun vor. Insgesamt gab er in dieser Spielzeit bislang 43 Torschussvorlagen, hatte 1778 Ballkontakte und eine Passquote von 84 Prozent.

Holtby ist heimatverbunden

Einer, der ihn seit Kindesbeinen bestens kennt, ist Pascal „Kalle“ Wilms. Der 38-Jährige ist mit Holtby in Gerderath groß geworden, wurde ein ganz enger Freund und hat ihn auch auf allen Stationen besucht. „Lewis war schon damals extrem ehrgeizig und zielstrebig. Dass er jetzt noch mal in der Bundesliga spielen kann, freut mich sehr für ihn“, sagt der langjährige Kapitän Sparta Gerderaths. Der Sparta blieb Holtby auch weiterhin eng verbunden, war häufig bei den Spielen an der Spartastraße zu Gast und trainierte viele Jahre bei seinen Heimatbesuchen auch gerne mit – quasi heimlich. Denn gerne gesehen hätten das seine jeweiligen Arbeitgeber natürlich nicht.

Überliefert ist dazu eine nette Anekdote. Langjähriger Trainer der Sparta war Bernd Nief, der heutige Coach des designierten A-Ligisten Germania Rurich. Der legte auch schon damals großen Wert auf Disziplin. Als Holtby einmal zu einem Training ein paar Minuten zu spät kam, sagte Nief zu ihm: „Lewis, jetzt brauchst du dich auch nicht mehr umzuziehen“ – was Holtby akzeptierte.

Wie eng über viele Jahre Holtbys Verbundenheit mit seinem Heimatverein war, verdeutlicht auch noch ein anderer Fakt: „Lewis hat oft unsere Saisonabschlussfahrt nach Mallorca mitgemacht“, erzählt Wilms. Und noch etwas ist ihm in Erinnerung geblieben: „Wenn er zu uns zum Training kam, brachte er immer säckeweise Fußballschuhe mit, die seine Mitspieler im Training nur zwei- oder dreimal getragen und dann rasch wieder ausgemustert hatten. Das waren ja sehr teure Schuhe. Darüber haben wir uns immer sehr gefreut.“ Seit Corona sei der Kontakt jedoch rarer geworden. „Lewis hat ja nun aber auch seine eigene Familie, da ist das ja ganz normal, dass man sich seltener sieht. In Kontakt sind wir aber weiterhin regelmäßig.“

So ganz ohne Gerderather Beistand fiel der Aufstieg für Holtby nun aber nicht aus. Seine Mutter Heidi und sein Bruder Joshua waren ebenso vor Ort wie sein ebenfalls enger Freund Sven Jansen – Letztere sind aktuell zudem die Mittelfeldstrategen bei Bezirksligist Sportfreunde Uevekoven.

Aufrufe: 015.5.2024, 16:00 Uhr
Mario EmondsAutor