2024-05-08T14:46:11.570Z

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Nicht länger Trainer des TSV 1860 München: Maurizio Jacobacci (l.).
Nicht länger Trainer des TSV 1860 München: Maurizio Jacobacci (l.). – Foto: IMAGO/osnapix

Kommentar zu Entlassung von 1860-Coach Jacobacci: Das beste Spiel war der Wendepunkt

1860 feuert Trainer

Just in dem Moment, als sich Maurizio Jacobacci auf dem Weg nach oben wähnte, leitete er seinen persönlichen Abschied ein.

Am 11. November schien es, als habe Maurizio Jacobacci bei 1860 den Turnaround geschafft. Beim 3:2-Sieg in Saarbrücken zeigten die Löwen vieles von dem, was sich Trainer wünschen: dominante Anfangsphase, zwei schnelle Tore, Moral nach Saarbrückens Doppelschlag vor der Pause – und Killerinstinkt beim späten Siegtor. Dass Jacobacci hinterher von einem möglichen Wendepunkt sprach, war nachvollziehbar. Heute, 25 Tage später, weiß man: Es war der Wendepunkt in die falsche Richtung. Auf das beste Spiel unter Jacobacci folgten: das Pokal-Aus in Pipinsried, die Derbypleite gegen Haching und das 0:3-Debakel von Dortmund. Am Dienstag zog der TSV 1860 München die Reißleine – was der einzig logische Schritt war nach einer Entwicklung, die keiner vorhersehen konnte.

Drei Wochen klingen nach einer kurzen Zeitspanne, doch in den 25 Tagen seit Saarbrücken ist mehr passiert, als sich mit drei Zu-null-Niederlagen ausdrücken lässt. Fehler Nummer eins war, dass der Trainer Totopokal-Gegner Pipinsried auf die (zu) leichte Schulter nahm, eine B-Mannschaft ins Rennen schickte, hinterher bissig auf Kritik an seiner Aufstellung reagierte, inhaltlich aber zu ähnlichen Schlüssen kam. Sulejmani und Bonga, die zuvor schon den Nachweis ihrer Drittligatauglichkeit schuldig geblieben waren, fehlten fortan im Kader, Frey wurde nie mehr eingewechselt.

Hiller-Degradierung als Jacobaccis größter Fehler

Ein besonders schwerer Fehler ist Jacobacci aber unterlaufen, als er den Umgang mit dem bei Fans und Mitspielern sehr beliebten Marco Hiller moderierte. Nach minutenlangen Erläuterungen, warum es moralisch verwerflich wäre, Hiller nach seiner Verletzung den angestammten Platz im Tor zu verwehren, machte er genau das: Er entzog der langjährigen Nummer eins nach nur 90 Minuten wieder das Vertrauen, das er zuvor als Grundlage für die weitere Zusammenarbeit erklärt hatte. Bei der Mannschaft kam das genauso schlecht an wie beim gut vernetzten Giesinger Urgestein. Dieser menschliche Fehler wirkte schwerer als jede Niederlage, die er teilweise auch mit personellen und taktischen Coaching-Pannen begünstigt hatte.

Für Jacobacci ist es ein persönliches Drama, dass just in dem Moment, als er sich auf dem Weg nach oben wähnte, er seinen persönlichen Abschied einleitete. Dass Co-Trainer Stefan Reisinger mitgehen muss, obwohl er eine günstige, zeitlich unbefristete Übergangslösung wäre (anders als U 21-Coach Frank Schmöller, der nur die A-Lizenz besitzt), überrascht. Überhaupt hätte den Löwen nicht jeder zugetraut, ein so schnelles und konsequentes Krisenmanagement abzuliefern. Die eigentliche Nachricht des Tages ist daher nicht der Trainerwechsel – sondern die Tatsache, dass 1860 auch in einem vermeintlichen Machtvakuum wichtige und richtige Entscheidungen treffen kann. Wie ein normaler Profiverein. (Uli Kellner)

Aufrufe: 05.12.2023, 18:56 Uhr
Uli KellnerAutor