2024-05-17T14:19:24.476Z

Interview
Mehmet Bolat trainiert zwei Mannschaften parallel, beide spielen erfolgreiche Spielzeiten.
Mehmet Bolat trainiert zwei Mannschaften parallel, beide spielen erfolgreiche Spielzeiten. – Foto: Mehmet „Dedepress“ Dedepress

„Ich möchte noch einiges mitnehmen von Trainern, die ich sehr schätze“

Mehmet Bolat ist derzeit bei zwei Mannschaften als Trainer aktiv. Mit dem ASV III schaffte er zuletzt, was ihm bei Hilalspor Berlin vermutlich verwehrt bleibt: den Aufstieg.

Interview von Marcel Peters - https://www.facebook.com/AmateurberichterstattungMarcelPeters/- regelmäßig Berichte über Berliner und Brandenburger Amateurfußballer oder Vereine. Gesprächspartner: Mehmet Bolat, #519

Mehmet, am vergangenen Wochenende war es soweit. Mit einem Sieg im Duell gegen den Verfolger NNW haben du und dein Team, der ASV III, den Aufstieg perfekt gemacht. Glückwunsch dazu. Der verdiente Lohn für die Saison?

Hallo Marcel, danke für das Interview. Es war seit der Vorbereitung für die Saison definitiv unser Ziel. Ich war vom Potenzial meiner Spieler überzeugt und gemeinsam setzten wir das Ziel fest: Aufstieg. Ich sagte damals als Trainer sogar, dass ich gerne einen vorzeitigen Aufstieg, bevor es zu der letzten Spielwoche geht, hätte. Nun haben wir vier Spieltage vor dem Saisonende unseren Aufstieg fixiert und wollen weiterhin auch ungeschlagen die Liga auf Platz 1 beenden.

Hättest du auch im Vorfeld geglaubt, dass es zu diesem Zeitpunkt noch keine Niederlage zu verzeichnen gäbe?

Es gibt meiner Meinung nach in der Liga einige Favoriten, die den Aufstieg neben uns verdienen. Zum Beispiel: Union Südost II, NNW, TSV Rudow III, Hertha 03 V und Eintracht Mahlsdorf III. Hier spielen unter anderem auch Spieler, die entweder in der Jugend oder im Herrenbereich auch mindestens in der Berlin-Liga gespielt haben. Es wäre daher zu überheblich gewesen, im Voraus bereits zu sagen, dass wir bis zu diesem Spieltag ohne Niederlagen bleiben würden. Jedoch haben wir es geschafft - in 20 Ligaspielen haben wir 19 Siege und ein Unentschieden erspielt. Dieses Statistik wollen wir auch bis zum Saisonende weiterführen.

Wie kommt es, dass immer mehr talentierte Spieler in den unteren Kreisligen anzutreffen sind?

Da fallen mir einige Gründe ein. Ein paar Spieler sind aufgrund Ihrer Arbeit oder wegen der Familie nicht mehr in der Lage, bei einer Leistungsmannschaft zu spielen bzw. können nicht an allen Trainingseinheiten teilnehmen. Andere Spieler wiederum möchten einfach den Spaßfaktor erhöhen. Bei uns in der Mannschaft gibt es Spieler, die im Herrenbereich auch in der Landesliga, Berlin-Liga und Oberliga bereits gespielt haben und im Jugendbereich in der Regional-/ Bundesliga. Sie gründen Ihre eigene Familie und haben zu Hause Verpflichtungen. Einige sind selbstständig und haben auch Belastungen dadurch bzw. keine geregelten/ feste Arbeitszeiten.

Es gibt auch Spieler, die zum Beispiel größere Verletzungen (Kreuzbandriss, Mittelfuß-/ Schienbeinbruch usw.) im Fußball erlitten und deshalb kürzer treten möchten.

Dann kennen sich bei euch auch mehrere Spieler von früher noch?

Wir sind eine gemischte Truppe, viele kennen sich aus dem Jugendbereich seit der U15. Einige von Ihnen waren bei mir, als ich noch Jugendtrainer war, in der U15 und U19, zum Beispiel beim BAK 07. Andere spielten bei den gegnerischen Vereinen. Die Jüngsten bei uns sind aus dem Jahrgang 1999 und die ältesten aus dem Jahrgang 1987. Die älteren bringen z.B. die Erfahrung der Kontrolle von Emotionen auf dem Platz mit und die jüngeren Ihre Spielenergie. Von außen gesehen denkt man sich, wenn man hört, dass man in der Kreisliga C spielt, dass man im Training nur ein Eckspiel zur Aufwärmung hat und dann nur zwei Tore hinstellt und ein Spiel durchführt. Bei uns war dies nicht der Fall. Wir führen auch Einheiten in verschiedenen Bereichen der Technik und Taktik, aber auch zur Koordination durch.

Mit welchem Plan dahinter - das Talent mag da sein, aber mit einem oder zwei weiteren aufstiegen sieht dann auch wieder die Belastung ganz anders aus und würde den Spaßfaktor doch wieder „schrumpfen“ Lassen?

Da hast du definitiv recht. Wir haben uns für die kommende Saison noch nicht zusammen hingesetzt, um das Ziel und den Ablauf zu besprechen. Ich hoffe, dass jeder weiterhin dabei ist und uns ggf. ein paar Spieler noch zur Verstärkung unterstützen. Im Training werde ich natürlich auch auf den „Spaßfaktor“ eingehen und den Spielern entgegenkommen, aber am Spieltag sieht es dann wiederum anders aus, da die Ernsthaftigkeit definitiv bei uns gegeben ist und wir es nicht auf die leichte Schultern nehmen. Die Männer haben Spaß beim kicken, sind gemeinsam eine tolle Gruppe und verstehen sich untereinander auch sehr gut. Die Chemie stimmt somit. Ich plane generell jedoch nichts für mehrere Jahre, sondern schaue Schritt für Schritt, in welchem Fitnesszustand wir sind und was die anderen Vereine mit sich bringen, um ein realistisches Ziel auch zu setzen. Außerdem bin ich aktuell auch bei den 1.Herren von Hilalspor Berlin als Co-Trainer tätig, wo eher meine Hauptaufgaben liegen.

Wie schaffst du es, beide Aufgaben unter einen Hut zu bringen?

Die Ballsportart Fußball begleitet mich nun seit gut 27 Jahren. Ich danke meinem Vater sehr, dass er mir das überhaupt alles ermöglicht hat. Nach mehreren großen Verletzungen, entschied ich mich mit dem 18. Lebensjahr als Trainer weiterhin aktiv zu bleiben. Ich erreiche bald in einigen Monaten die 30er Marke und kann sagen, dass Fußball für mich mehr als nur Leidenschaft ist. Fast jeden Tag nach der Arbeit im Amt, freue ich mich auf die Spieler und die „Ablenkung“ vom Alltag. Die Trainingseinheiten zwischen Hilalspor und ASV überschneiden sich nicht. Die Heimspiele hat mir der Verein ASV Berlin so gelegt, dass ich nach dem Spielabpfiff es noch pünktlich zum Treff vom nächsten Spiel, der 1.Herren von Hilalspor Berlin schaffe.

Die Spieler danken dir sicherlich für die frühe Anstoßzezit?

Ja, an dieser Stelle geht auch ein Dank an die Spieler von ASV raus, die den Spielbeginn um 10:00 Uhr akzeptierten. Wir trainieren aktuell nur einmal beim ASV, sodass ich auch natürlich mindestens einen Tag nicht auf dem Fußballplatz stehe.

Die Saison hättet ihr durch das Pokalfinale krönen können. Was war da eigentlich los im Halbfinale. Die Partie wurde kurz vor Schluss abgebrochen?
Im Halbfinale haben wir verdient in der Halbzeit 2:0 geführt und leider, auch durch den Fastenmonat Ramadan, hat die Power etwas nachgelassen. Ob beim 2:1 wirklich der Ball hinter der Linie war, der Linienschiedsrichter hat nicht das Tor angezeigt und der Hauptschiedsrichter hätte das aus seiner Sicht niemals so sehen können, ist fraglich. Schon vor dem Spiel hatte ich meine Spieler hingewiesen, dass die Standards von dem Spieler, der es in der 91. Minute auch ausführte, gefährlich sein könnten. Leider gab es eine Aktion, wo der eine Spieler von uns eine gelbe Karte bekam, aber nicht verstanden hatte, weshalb. Leider kam es dann, aus meiner Entfernung kaum möglich zu hören, zu einer zweiten gelben Karte und somit die gelb-rote. Wie nun das Spiel bei einem 2:2 bewertet wird, wo beide Mannschaften nichts negatives gegenseitig miteinander hatten und ob damit zum Beispiel die ganzen anderen Spieler „bestraft“ werden vom Sportgericht, ist noch offen.

Du hast mit dem ASV geschafft, was dir bei Hilaspor wohl nicht gelingt: den Aufstieg. Warum ist euch in den letzten Wochen die Puste ausgegangen?

Wir sind eine starke Truppe bei Hilalspor und haben seit dem ersten Spieltag auch gezeigt, dass wir, wenn wir wollen, auch die Siege für uns holen können. Ein klares Ziel Aufstieg wurde von uns weder der FuWo mitgeteilt noch bei der FuPa etc. - wir Trainer meinten vor allem immer, dass wir da oben mitspielen wollen und uns unter den ersten fünf in der Liga sehen. Laut dem aktuellen Tabellenstand sieht das auch gut aus. Es war außerdem der Fastenmonat Ramadan, weshalb ggf. die Puste im Spiel etwas weg war, aber wir haben noch einige Spieltage, sodass auch dementsprechend die Punkte geholt werden können. Keiner von außen hätte am Anfang der Saison gedacht, dass wir überhaupt oben mitspielen würden. Die Spieler haben bewiesen, dass sie die Qualität besitzen und gemeinsam, wenn sie es wollen, unschlagbar sein können. Rückwirkend erinnere ich mich z.B. gerne an das Auswärtsspiel gegen die starke Truppe von Sparta Lichtenberg, als wir den Rückstand aufgeholt hatten und dann bei einem Ausgleichstreffer von Sparta Lichtenberg, noch den Siegestreffer erzielt hatten. Es war sehr schön für mich als Co-Trainer, in meinem ersten Herrenjahr in der Berlin-Liga, oben mitzuspielen. Ich danke dem Trainerteam, vor allem auch Isvan Demir, den ich seit unserer Zeit als Jugendtrainer beim BAK07 kenne. Nun werden wir als Team nochmals alles geben und unser Saisonziel erreichen.

Und kommende Saison wirst du beide Aufgaben weiterführen?

Diese Frage kann ich dir leider nicht beantworten. Ich kann dir nur folgendes sagen: Aktuell lehne ich Angebote, die ich erhalte bzw. noch erhalten sollte, nicht ab. Ich lasse es offen, falls mich die ein bis zwei Wunschvereine, wo ich als Trainer mal gerne aktiv sein würde, kontaktieren sollten.

Hast du als junger Trainer noch große Ambitionen?

DEFINITIV. Ich möchte noch einiges mitnehmen von Trainern, die ich sehr schätze. Man lernt nie aus. Ich möchte auch in Zukunft mit der A-Lizenz beginnen. 12 Jahre war ich Trainer im Jugendbereich und das in Leistungsmannschaften. Eine Rückkehr kann ich mir irgendwann erneut vorstellen, dann mit mehr Wissen, Professionalität und Erfahrung aus dem Herrenbereich, wo ich aktuell tätig bin. Ein Ziel von mir als junger Trainer ist es ebenfalls, dass ich zum Beispiel auch überregional im Herrenbereich tätig bin oder sogar eine 1.Herrenmannschaft mindestens in der Berlin-Liga leite.

Es ist nicht wichtig, wie groß der erste Schritt ist, sondern in welche Richtung er geht und ich steige die Treppe (= der Weg zu meinem Ziel) hoch.

Aufrufe: 026.4.2023, 15:15 Uhr
Marcel PetersAutor