2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Der höchste Durchschnitt der Liga: Bei Heimspielen der SpVgg SV Weiden sind die Ränge oft gut gefüllt. Es könnte aber nach Ansicht von Funktionär Rüdiger Hügel noch besser sein...
Der höchste Durchschnitt der Liga: Bei Heimspielen der SpVgg SV Weiden sind die Ränge oft gut gefüllt. Es könnte aber nach Ansicht von Funktionär Rüdiger Hügel noch besser sein... – Foto: Werner Franken

»Hassliebe« und andere Kuriositäten: Fan-Phänomene in der »Nord«

Vereine wie Weiden und Hof sind im Zuschauer-Ranking vorne, in der "normalen" Tabelle aber hinten +++ Bei Donaustauf und Eltersdorf ist es andersrum +++

Der 14. April endete nicht gerade einladend. Kalte Temperaturen, immer wieder Regen, vielleicht sogar etwas Schnee dominierten die Wetterlage in der nördlichen Oberpfalz. Insgesamt näherte man sich eher dem Gefrierpunkt als Frühlingsgefühlen. Auch die SpVgg SV Weiden sorgte als Tabellenvorletzter zuletzt nicht unbedingt für Sonnenschein. Und dennoch besuchten die Bayernliga-Partie gegen den ATSV Erlangen zum Auftakt des 28. Spieltages knapp 400 Zuschauer. Der Zuspruch lag somit deutlich über dem Ligaschnitt von 291. Wieder einmal. Im Besucher-Ranking der Bayernliga Nord ist Weiden mit Abstand Tabellenführer. Nicht das einzige Kuriosum, wenn es um den Ticketverkauf in dieser Spielklasse geht...

"Für uns sind diese Zahlen nicht wirklich überraschend", erklärt Rüdiger Hügel, Sportchef des Aufsteigers. "Weiden hat schon seit Jahren sehr viele Zuschauer." Der Fußball ist seit einer gefühlten Ewigkeit fest verankert im Alltag der rund 42.000 Einwohner. Die Wasserwerkler sind das, was man gewöhnlich als Traditionsverein bezeichnet. Die Vergangenheit ist genauso erfolgreich wie bewegt. Doch egal ob Höhen- oder Tiefflug - die Zuschauer kamen immer reichlich. "Es hat sich eine ganz eigene Gruppe gebildet, die regelmäßig bei den Spiele dabei ist. Manchmal komme ich mir vor wie auf einem Familientreffen."

Dass im Schnitt fast 800 Besucher die Truppe von Coach Michael Riester anfeuern, ist für Hügel normal. Für ihn wäre sogar deutlich mehr drin - in Richtung vierstelligen Bereich. "Man darf nicht außer Acht lassen, dass das Weidener Eishockey-Team ein großer Kontrahent für uns ist - und oft zeitgleich spielt", macht der Sportliche Leiter deutlich. "Wären wir sportlich erfolgreicher, würden sicher 100-200 Leute mehr kommen. Davon bin ich überzeugt. Das Ende der Fahnenstange ist noch längst nicht erreicht." Dass die junge Wasserwerk-Elf vielleicht ob es großen Zuspruchs zu hohem Druck ausgesetzt ist, sieht Hügel nicht so. "Im Gegenteil. Derartige Kulissen sind eher motivierend."

Auf die Unterstützung von den Rängen kann der SV Donaustauf nicht unbedingt zählen. Obwohl der Kader von Trainer Stefan Wagner von regionalen Fußballgrößen und bekannten Namen gespickt ist und erfolgreicher Fußball geboten wird unter der Walhalla, kommen im Schnitt nur 150 Zuschauer ins Staufer Sportzentrum, wenn dort Bayernliga gespielt wird. "Das ist natürlich nicht das, was wir uns erwarten", gibt SV-Geschäftsführer Matthias Klemens zu. "Über die Gründe rätseln wir selber. Wir denken manchmal, dass es am Ort liegt, der ja praktisch keine Fußballhistorie aufweisen kann."

Der Zuspruch hält sich in Grenzen: Der ATSV Erlangen hat den schwächsten Zuschauerschnitt der Liga.
Der Zuspruch hält sich in Grenzen: Der ATSV Erlangen hat den schwächsten Zuschauerschnitt der Liga. – Foto: Ernst Blank

Seit sechs Jahren ist der 51-Jährige eigenen Angaben zufolge inzwischen in verantwortlicher Position bei den Oberpfälzern. Unter seiner Regie arbeitete sich der einstige Kreisligist hoch bis in die Bayernliga. Und es soll noch weiter gehen. "Ist Donaustauf vielleicht der falsche Ort für gehobenen Amateurniveau?", wirft Klemens in den Raum. Eine richtig gute Kulisse gebe es nur, wenn wirkliche Highlight-Spiele anstehen, "weil dann auch die überregional Interessierten kommen". Ansonsten herrscht eher Tristesse im Markt in der Nähe von Regensburg, wenn Grauschopf & Co. ihr Können zeigen. "Der Jahn tut uns nicht weh. Da wird ja Profifußball gespielt. Andere Fußballvereine, Eishockey und Baseball spüren wir hingegen deutlich."

Mit großer Konkurrenz müssen auch der ATSV Erlangen und der SC Eltersdorf in der mittelfränkischen Studentenstadt leben. Einerseits nehmen sich freilich die beiden Bayernligisten gegenseitig die Zuschauer weg. Andererseits ist Erlangen eine Handball-Metropole. "Einem aus der Innenstadt bedeutet der SCE nicht so viel. Zudem ist Eltersdorf eine FCN-Hochburg. Und dann schaut man sich halt eher den Club an", weiß Holger Betzelt. Der Quecken-Stadionsprecher ist sowas wie das Stimmungsbarometer beim Regionalliga-Absteiger, gehört zu einer kleinen, aber feinen aktiven Fanszene in Eltersdorf. Und er ist sehr traurig, dass im Schnitt nur 250 Fußballbegeisterte in den Elsner-Sportpark kommen.

"Die vielen, vielen ehrenamtlichen Helfer geben sich verdammt viel Mühe. Sie hätten sich mehr Zuspruch verdient", hadert Betzelt. Er und seine Mitstreiter haben sich schon öfter Gedanken gemacht, wie sie die Zahlen steigern könnten. Als Stadionsprecher setzt der Oberquecke auf Identitätsstiftung. "Das machen auch unsere Spieler, bei denen es dazu gehört, dass sie auf jeden zugehen." Von Erfolg gekrönt waren diese Kampagnen und die Fannähe von Piller & Co. bisher nicht. Betzelt zeigt sich realistisch: "Man muss wohl damit leben, dass im Amateurfußball die Zuschauer weniger werden."

Nur wenige Kilometer weiter ist die Lage noch dramatischer. Auf Platz 18 des Fan-Rankings: Der ATSV Erlangen. In Anbetracht des durchschnittlichen Besuches von 121 Fans, will Manager Jörg Markert aber sofort richtigstellen: "Wir sind ehrlich und extremst korrekt. Bei uns werden nur diejenigen angegeben, die auch tatsächlich ein Ticket gekauft haben. Kinder, Schiedsrichter oder andere, die freien Eintritt haben, werden nicht gezählt." Nichtsdestotrotz ist der ATSV-Manager aber alles andere als zufrieden mit dem letzten Platz - und generell mit dem Zuspruch.

"Erlangen ist insgesamt schwierig, was die Zuschauer betrifft. Der Fußball hat hier nicht so eine Tradition wie beispielsweise in Bamberg. Zudem gibt es einfach zu viel Angebot in der Umgebung - die Stadien von Bruck, Eltersdorf und dem TV sind nicht weit weg." Dennoch hat Markert Hoffnung, dass mehr Einnahmen über die Eintrittskarten generiert werden in absehbarer Zeit. Der ATSV sei noch ein relativ junger Verein im gehobenen Amateurbereich. Man hofft deshalb auf eine stetige Entwicklung in allen Bereichen. "Unsere Truppe ist jung, willig und hungrig. Sie zeigt ehrlichen Fußball. Ich hoffe, dass das honoriert wird."

Zurück zu denen, die sich regelmäßig über vollere Buden freuen dürfen. Dazu zählt Weiden, der FC Eintracht Bamberg, Gebenbach, der WFV, der für seine Fanszene bekannt ist. Zu dieser Reihe gehört aber auch die SpVgg Bayern Hof (Durchschnitt: 381). Und das verwundert etwas angesichts dessen, dass die Oberfranken eine der schwierigsten Phasen ihrer Vereinsgeschichte durchleben und um den Verbleib in der Bayernliga ringen.

"Die Zuschauerzahlen - wir wünschen uns übrigens noch höhere - sind zurückzuführen auf eine gewisse Hassliebe dem Verein gegenüber", weiß Achim Schubert, Geschäftsführer der SpVgg Bayern Hof. "Aufgrund der großen Vergangenheit gibt es viele kritische Stimmen. Trotzdem wird dem Verein die Treue gehalten. Hof ist eben eine Fußballstadt." Freilich, wären Feulner & Co. im vorderen Bereich der Tabelle angesiedelt, würden noch mehr Besucher kommen. Platz würde das legendäre Stadion "Grüne Au" genug bieten. 8.100 Tickets könnten verkauft werden. Ausverkaufte Tribünen sind aber illusorisch. Das weiß Achim Schubert, der natürlich vor allem die im Auge hat, die immer kommen - egal ob Sonne, Regen oder Schnee...

Stimmungs-Tempel "Grüne Au": Hof ist und bleibt ein Zuschauer-Magnet.
Stimmungs-Tempel "Grüne Au": Hof ist und bleibt ein Zuschauer-Magnet. – Foto: Mario Wiedel

Aufrufe: 019.4.2023, 10:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor