2024-04-30T13:48:59.170Z

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Das NLZ von Fortuna Düsseldorf hat sich sehr gut entwickelt.
Das NLZ von Fortuna Düsseldorf hat sich sehr gut entwickelt. – Foto: Meiki Graff

„Haben die Möglichkeit, hier etwas zu bewegen“

Die neue Spitze der Nachwuchsabteilung über Strukturen, den Status als Selbstbedienungsladen und dringenden Handlungsbedarf.

Ganz pünktlich erscheinen Stefan Vollmerhausen und Dominik Roll im großen Besprechungsraum von Fortuna Düsseldorfs Nachwuchsleistungszentrum. In der Hand halten sie beide ihre Laptops, möglicherweise als Ausdruck ihrer Akribie und einer guten Vorbereitung. Im Frühjahr hat das Duo die Leitung der Jugendabteilung von Frank Schaefer übernommen.

Herr Vollmerhausen, Herr Roll, Sie bilden in dieser Konstellation jetzt seit knapp acht Monaten die neue Doppelspitze im Nachwuchsleistungszentrum von Fortuna. Wie haben Sie das NLZ vorgefunden, wie blicken Sie bisher zurück?

Dominik Roll: "Sehr positiv. Ich hatte ja noch eine kurze Übergangszeit mit Frank Schaefer zusammen. Ich habe natürlich eine Weile gebraucht, um alle Abläufe im NLZ zu verstehen und zu erkennen, woraus sich bestimmte Strukturen in der Vergangenheit ergeben haben. Wir wollen hier im Austausch mit den Mitarbeitern gemeinsam etwas bewegen, es sind alle offen für Veränderungen, niemand sträubt sich. Dazu traf es sich natürlich gut, dass mit Stefan jemand ebenfalls neu in die Leitungsfunktion gekommen ist. So blicken wir beide unvoreingenommen auf die Themen."

Stefan Vollmerhausen: "Ich bin genauso positiv aufgenommen worden. Viele Gesichter kannte ich schon aus den vergangenen zehn Jahren und den sportlichen Wettkämpfen. Auffällig ist die familiäre Zusammenarbeit, das Öffnen für neue Dinge, für strukturelle Veränderungen oder Optimierungen. Und natürlich der enge Austausch mit Sportvorstand Klaus Allofs und Sportdirektor Christian Weber. Auch wenn es sehr intensiv ist, macht es großen Spaß."

Wie sieht denn die Aufgaben- und Kompetenzverteilung konkret aus?

Roll: "Grundsätzlich haben wir drei Themenfelder: den sportlichen, den administrativen und den strategischen Bereich. Für den Sport trägt Stefan die Gesamtverantwortung, auch wenn es natürlich Überschneidungen gibt. Zum Beispiel, wenn es um vertragliche Themen oder Spielerverpflichtungen geht. Ich bin dann derjenige, der dafür zuständig ist, zu schauen, wie es finanziell passt. Grundsätzlich ist nicht alles ganz streng voneinander getrennt. Vor allem, weil Stefan jemand ist, der gerne andere Meinungen mit einbezieht."

Vollmerhausen: "Ein vertraulicher Austausch ist uns beiden sehr wichtig, weil wir viele wichtige Entscheidungen treffen müssen – und auch schon getroffen haben."

Roll: "Im administrativen Bereich, den ich verantworte, geht es dann um Budgetfragen, um Personal, um Struktur. Und was die Strategie und Entwicklung anbelangt, bin ich auch federführend. Da gucken wir, wie wir uns als NLZ auch abseits des Sports weiterentwickeln können. Sowohl Stefan als auch ich würden aber niemals einen Alleingang machen."

Sie haben neue Perspektiven und neue Strukturen angesprochen – wie genau sehen die aus?

Vollmerhausen: "Wir feilen gerade an der grundsätzlichen Struktur, der neuen Strategie des NLZ, gemeinsam mit Klaus Allofs und Christian Weber. Da sind wir auf einem sehr guten Weg. Was wir schon jetzt umgesetzt haben, ist eine strukturelle Anpassung in den Altersbereichen. Wir haben Koordinatoren für die U9 bis U11, U12 und U13 sowie U14 bis U17 eingeführt. Ich kümmere mich im Tagesgeschäft vermehrt um U19 und U23, bin aber auch in alle anderen Themen aus dem Bereich darunter involviert. Außerdem ist uns das Miteinander wichtig, dass wir in einen Austausch kommen und Dinge sofort ansprechen. Wir wollen ein Klima schaffen, in dem man sachlich auch Kritik äußern kann, immer mit dem Ziel vor Augen, als Team weiterzukommen."

Was sagen Sie zu Eltern, warum sie und ihr Kind sich für Fortuna entscheiden sollten?

Vollmerhausen: "Die Durchlässigkeit nach oben, die enge Zusammenarbeit und das Familiäre versuchen wir immer besonders herauszustreichen. Bei den ganz jungen Talenten spielen wir natürlich nicht mit Träumen von einer großen Karriere, da geht es dann eher um Themen wie unsere pädagogische Betreuung und besondere Freizeitangebote. Bei den Größeren ist es natürlich ein Argument, wenn sie aufgezeigt bekommen, dass es immer wieder Spieler von uns schaffen, im Profibereich Erfahrungen zu sammeln."

Roll: "Das Familiäre ist tatsächlich ein ganz zentraler Punkt. Es ist hier alles überschaubar und vor allem nahbar, nicht alltäglich in der Branche. Es geht natürlich auch bei uns um den Leistungsgedanken, aber wir wollen niemals die Person dahinter vergessen. Die Jungs spüren, dass wir hier mit ihnen sehr individuell arbeiten und sie sich in einem geschützten Umfeld weiterentwickeln können."

Früher galt Fortuna im Nachwuchsbereich als eine Art Selbstbedienungsladen der Konkurrenz aus Nordrhein-Westfalen. Wie würden Sie den Ist-Zustand beschreiben?

Vollmerhausen: "Wir sind mittendrin in unserer Entwicklung. Die Situation war tatsächlich lange so, und sie ist auch heute zum Teil noch so. Aber wir haben mittlerweile auch unsere Argumente und schaffen es so, Spieler hier zu behalten und sie von unserem Weg zu überzeugen. Direkt zum Start meiner Zeit bei Fortuna sind wir sehr starken Angriffen von anderen Klubs ausgesetzt gewesen. Nicht in allen Fällen gelingt es uns, die Jungs zu überzeugen, aber in immer mehr Fällen. Zur Wahrheit gehört dennoch: Bei einigen Angeboten können wir schlicht nicht mithalten."

Roll: "Es ist jetzt nicht so, dass ein größerer Verein anruft und unsere Jungs ohne Nachdenken dort zusagen. Wir haben viele positive Beispiele, wo sich Talente bewusst für uns entschieden haben. Besonders in den unteren Jahrgängen sind wir durch verschiedene Kooperationen extrem gut aufgestellt. Mittlerweile hat es sich aber auch bei den Beratern in den höheren Altersklassen herumgesprochen, dass wir eine sehr gute Adresse sind, wenn es später darum geht, sich für die Profis zu empfehlen. Dazu trägt auch Daniel Thioune als Cheftrainer bei den Profis seinen Teil bei. Er geht diesen Weg zu eintausend Prozent mit und fördert ihn sehr aktiv."

Nun ist es so, dass Fortuna zwar das NLZ-Gebäude gehört, nicht aber das, was sich an Fußballplätzen drumherum befindet. Was müssen die nächsten Schritte sein?

Roll: "Erstmal ist es wichtig, sich zu vergegenwärtigen, was wir haben: das überragende Gebäude. Generell stehen uns Räumlichkeiten zur Verfügung, von denen andere Vereine träumen. Die Plätze draußen aber sind natürlich ein großes Thema. Uns sind da die Hände gebunden, weil wir uns auf einer Bezirkssportanlage befinden. Theoretisch könnte hier sogar jedermann ein- und ausgehen, was zwar nicht für alle Plätze gilt, aber in jedem Fall nicht optimal ist. Wir befinden uns im Austausch mit der Stadt, weil wir hier in einigen Bereichen dringenden Handlungsbedarf sehen."

In der Ära von Frank Schaefer hat die U17 das Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft erreicht, die Durchlässigkeit zu den Profis sich erhöht und die U23 Jahr für Jahr eine sehr gute Rolle in der Regionalliga gespielt. Was sind Ihre Ziele, welche Marken möchten Sie setzen?

Vollmerhausen: "Was den sportlichen Bereich betrifft, ist unser Ziel klar: Wir wollen zum Erfolg des ganzen Vereins unseren Teil beitragen, so maximal wie möglich. Das würde ich nicht auf Tabellenplätze oder die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft reduzieren. Wenn wir die Möglichkeit haben, unseren besten U19-Spieler zu den Profis zu bringen, er dort mittrainiert, es in den Kader schafft und deshalb vielleicht in der entscheidenden Partie fehlt, in der es darum geht, ob wir um die Meisterschaft mitspielen, ist mir das Erstere deutlich wichtiger. Das heißt aber nicht, dass uns Ergebnisse egal sind. Vor allem im U23-Bereich ist es elementar, die Regionalliga zu halten."

Roll: "Wenn man individuell fördert und fordert, impliziert das natürlich, dass auch das Gesamtergebnis besser wird. Diesen Weg möchten wir gehen. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir, wenn wir individuell und von den Abläufen her besser werden, noch positivere Ergebnisse erhalten als bis jetzt schon."

Vollmerhausen: "Auf der anderen Seite: Stellen Sie sich mal unsere U19 vor, vielleicht mit Kelven Frees und „Elo“ Fernandes Neto (für mehrere Millionen Euro im Sommer an RB Salzburg verkauft, Anm. d. Red.). Mit diesen beiden Jungs in einer ohnehin starken Mannschaft wären wir wahrscheinlich auf einem sehr guten Weg in Richtung der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft. Im Endeffekt müssen wir aber realistisch sein: Als Verein wie Fortuna mit der U17 im Halbfinale zu stehen, war eine Super-Geschichte. Aber das ist nicht Alltag bei uns."

Gianni Costa und Tobias Dinkelborg führten das Gespräch.

Aufrufe: 019.11.2023, 09:00 Uhr
RP / Gianni Costa und Tobias DinkelborgAutor