2025-12-17T10:26:01.779Z

Ligabericht
Michèl Magel, der Geschäftsführer des FC Gießen, blickt auf eine spannende Regionalliga-Runde zurück - und macht sich auch schon Gedanken über die Zukunft in Hessens höchster Spielklasse. © FC Gießen
Michèl Magel, der Geschäftsführer des FC Gießen, blickt auf eine spannende Regionalliga-Runde zurück - und macht sich auch schon Gedanken über die Zukunft in Hessens höchster Spielklasse. © FC Gießen

Enttäuschung, Stolz und viel Arbeit liegen hinter FC Gießen

RL SÜDWEST: +++ Nach dem Abstieg ist vor der Hessenliga-Saison: Michèl Magel, Geschäftsführer des nun Ex-Fußball-Regionalligisten aus Gießen, zieht Bilanz und wagt auch schon einen Ausblick +++

Gießen. Nach dem Abstieg ist vor der Neuausrichtung. Wenn auch nicht komplett neu, sondern fußend und aufbauend auf den (in vielerlei Hinsicht) positiven sportlichen Erfahrungen eines Regionalliga-Jahres, das den FC Gießen doch äußerst zwiespältig zurücklässt. Gut mit- und dagegengehalten hat die Fußball-Mannschaft von Michael Fink, die als Mannschaft von Daniyel Cimen (und Fink) die Runde begann, eigentlich immer. Augenzeugen bestätigen: sogar mehr als das. Von daher war der Klassenerhalt, was im Vorfeld nicht unbedingt erwartet wurde, relativ locker im Bereich des Möglichen. Aber am Ende sorgte die Konstellation dafür, dass zwei Punkte fehlten.

All das wurde hinreichend analysiert beim (bisher) klassenhöchsten „Gießener“ Fußballverein, dessen vielfältige Probleme, die rund um die Geschäftsstelle zumeist als Herausforderungen verstanden und angenommen wurden, die ganze Saison über immer mal wieder Thema waren, aber angesichts der sehr anständigen sportlichen Performance nicht das Geschehen auf dem Rasen verdrängten – sondern allenfalls begleiteten. Und so sieht man sich nun, Ende Mai 2025, am Waldstadion wieder, wo sich Ende Mai 2024 viele Fragen stellten, ob der FCG mit seinen infrastrukturellen Voraussetzungen sowie den finanziellen Altlasten die Regionalliga würde stemmen können.

Das hat er getan. Alles andere als schlecht, sich im Gegenteil als ordentliche Bühne erwiesen. Und nun? Geht’s in der Hessenliga mit bereits vier Zusagen aus dem aktuellen Kader, aber auch zu erwartenden Abgängen weiter. Für Bilanz und Ausblick haben wir mit Geschäftsführer und Notvorstand Michél Magel gesprochen – über ...

... Enttäuschung und Stolz

Ich möchte den Abstieg nicht schönreden, es tut schon weh. Das ist einfach so. Vor allem ist es ärgerlich, wenn man mit 38 Punkten absteigt und bedenkt, dass der SV Sandhausen von oben runterkommt, womit nicht zu rechnen war. Wenn Sandhausen nicht abgestiegen wäre, wären wir dringeblieben.

... über die Lehren

Es war eine riesige Erfahrung für jeden Einzelnen und den kompletten Verein. Auf die Mannschaft, aber auch die Entwicklung des Umfeldes können wir stolz sein. Auch das Feedback, das wir trotz des Abstiegs erhalten, macht uns Mut und bestätigt uns darin, dass wir einiges richtig gemacht haben. Aber trotz der oft guten Leistungen der Mannschaft muss man sich natürlich schon auch an die eigene Nase fassen. Göppingen ist dabei ja so ein bisschen zum Synonym geworden, weil da die beiden fehlenden Punkte, als wir mehrfach frei vor dem Tor waren, liegengelassen wurden. Aber so ist es. Am Ende hat es eben nicht gereicht.

... über die anstehende Hessenliga-Saison

Es ist wichtig, auch diesen Weg wieder frühzeitig und vernünftig anzugehen. Deshalb haben wir natürlich immer zweigleisig gedacht. Im vergangenen Jahr war es der größte Sprung im deutschen Fußball, den wir zu bewerkstelligen hatten. Jetzt geht es wieder zurück in die Hessenliga, insgesamt sind uns dort die Grundvoraussetzungen bekannt und alles ist etwas entspannter. Aber natürlich müssen wir auch jetzt wieder viele Gespräche mit vielen Spielern führen. Schon am Sonntag nach dem letzten Spiel war ich wieder ständig am Telefonieren.

Gießens Fußballer haben schon fast die Hälfte der Schulden abgebaut

... über die Finanzen

Die Hessenliga ist, da braucht man nicht drumrum reden, natürlich auch eine finanzielle Entlastung für uns. Die Regionalliga ist brutal teuer. Der Schuldenabbau in der Regionalliga geht natürlich deshalb deutlich langsamer als in der Hessenliga. Wir hatten über 700000 Euro Verbindlichkeiten, trotz laufenden Betriebs haben wir seitdem ungefähr 330000 Euro abgebaut.

... über die Ziele

Ich glaube, weder Michael Finks noch unser Anspruch ist es, in der Hessenliga hinten oder im Mittelfeld zu spielen. Aber da muss man sehr vorsichtig sein, denn die Liga ist sehr stark mit Darmstadt, Frankfurt II oder Türkgücü Friedberg. Wir wollen wieder versuchen, attraktiven und schönen Fußball zu bieten und am besten oben mitzuspielen. Wir werden aber nicht das Ziel ausrufen, unbedingt wieder hoch zu müssen. Dafür ist der Umbruch auch zu groß.

... über den Kader

Es werden uns sicher mehr verlassen, als es beim Verbleib in der Regionalliga gewesen wäre, aber wir sind natürlich mit allen im Gespräch. Keanu Hagley geht zu Türkgücü, Oliver Kovacic geht zu Homburg, David Siebert zu Fulda, ansonsten ist da vieles in Bewegung, ist noch vieles zu besprechen.

... über Nebenkriegsschauplätze wie Infrastruktur

Wir sind da dran als Verein. Sowohl bei den Verhandlungen mit der Stadt als auch mit der Uni, zu der wir wieder Brücken aufbauen. Wir haben jetzt beispielsweise die Möglichkeit, das Flutlicht am Kunstrasen in Eigenregie zu reparieren. Zumindest zunächst als Probelauf auf der einen Seite. Dann könnten wir den Kunstrasen auch abends wieder nutzen. Genauso ist es mit der Beregnungsanlage für den Rasen im Waldstadion. Da sind wir in Gesprächen mit der Stadt.

... was das Jahr in der Regionalliga für ihn persönlich bedeutet

Das war schon sehr besonders. Man hat ein bisschen am Profifußball geschnuppert, wir hatten ja Kontakte zu den Bundesligisten Mainz oder Freiburg, das Spiel im Offenbacher Stadion war besonders. Es war eine sehr intensive Erfahrung. Das ist schon ein kleiner Kindheitstraum. Alleine, dass solche Vereine hier mit Bussen ins Waldstadion fahren, finde ich großartig. Auch von den Behörden haben wir viele positive Rückmeldungen bekommen. Es ist ja auch nichts Negatives passiert. Viel Arbeit ist es aber natürlich auch. Was rund um die Spieltage alles gefordert wird, das hast du so in der Hessenliga natürlich nicht.

Für Geschäftsführer Michèl Magel hat sich kleiner Kindheitstraum erfüllt

... über das Ehrenamt und den Zuschauerzuspruch

Wir sind sehr dankbar, dass wir viele Helfer rekrutieren konnten, die auch kontinuierlich dabei waren. Da versuchen wir auch, uns immer wieder mit Ehrungen erkenntlich zu zeigen.

... über den Verein, der noch kein richtiger ist

Ich finde, wir haben schon einiges dafür getan, dass es ein richtiger Verein wird. Viele Ehrenamtliche sind dazu gekommen, die gemeinsamen Fahrten mit dem Bus zu Auswärtsspielen, die Neuordnung der Strukturen insgesamt, das Saison-Opening als Signal nach außen. Abgesehen davon berufe ich gerne eine Mitgliederversammlung nach den Statuten ein, aber ich sehe es auch als meine Pflicht an, dass Leute an Bord sind, die sich der Verantwortung bewusst sind, sich aufstellen, sich wählen lassen und ordnungsgemäß die notwendigen Ämter übernehmen. Da steht meine Tür offen. Aber nicht, wenn es nicht ernst genommen wird und man den Eindruck hat, nach einem halben Jahr ist dann Schluss. Dafür haben wir zu viel investiert.

... über die Ausweichstätte Sportplatz „An der Neumühle“ in Watzenborn

Wir haben aus unserer Sicht einen gültigen Pachtvertrag bis 2054. Wir haben den ordnungsgemäß zur Prüfung beim Amtsgericht eingereicht. Da gehen wir davon aus, dass das so bestätigt wird. Wir trainieren da drüben teilweise mit drei Jugendmannschaften auf einem Platz, das wird mir zu sehr heruntergespielt und zu wenig berücksichtigt bei all den Planspielen.

... über die Sanierung des Kunstrasenplatzes in Watzenborn

Die steht jetzt an. Und natürlich, weil da ja immer ganz viele mitreden, die irgendetwas behaupten, lassen wir die Firma auch auf das Gelände. Die Frage stellt sich ja gar nicht, selbstverständlich freuen wir uns, wenn der Platz gemacht wird. Alles andere wäre ja absurd.

... über Zeit zum Verschnaufen

Das geht jetzt schnell. Eine Weile beschäftigen wir uns jetzt noch mit Spielern und Verträgen. Und am 23. Juni geht das Training los, denn am 2. August startet ja dann schon wieder die Runde.

Aufrufe: 02.6.2025, 09:07 Uhr
RedaktionAutor