2024-06-14T06:55:53.576Z

Spielbericht
Gegen die Frauen des Hamburger SV geht es am Sonntag für Borussias Zweitligateam wieder los.
Gegen die Frauen des Hamburger SV geht es am Sonntag für Borussias Zweitligateam wieder los. – Foto: Andre Peters

Borussia MG Frauen: „Keine Zweifel, in dieser Liga zu bleiben“

Am Wochenende startet die 2. Bundesliga der Frauen in die Rückrunde. Borussia Mönchengladbach steckt im Abstiegskampf. Im Interview spricht der Trainer über die selbstkritische Haltung seines Teams, die Entwicklung der Frauenabteilung und die Perspektive.

Herr Spengler, im Sommer 2022 sind Sie für die Trainerstelle aus Kassel nach Mönchengladbach gezogen. Was hat Ihnen geholfen, sich schnell in der neuen Stadt einzuleben?

Jonas Spengler Die Staff-Mitglieder waren meine ersten Bezugspersonen, mit ihnen habe ich von Anfang an viel in der Freizeit unternommen. Ich wohne in Eicken, das war ebenfalls ein guter Einstieg, weil ich von dort überall in der Stadt schnell bin. Ich wohne zu Fuß nur fünf Minuten vom Bunten Garten entfernt, das ist zum Beispiel ganz gut.

Mit dem Wechsel zur Borussia sind Sie nun wieder hauptamtlich als Trainer tätig – wie bereits vor einigen Jahren als Co-Trainer bei den Frauen des SC Freiburg. Was macht das für einen Unterschied?

Spengler Wenn man es nicht hauptberuflich macht, dann hat man gar nicht die Zeit, sich inhaltlich mit allen Themen so detailliert zu beschäftigen. Natürlich spielt aber auch das Gesamtkonstrukt eine Rolle. Bei Borussia war ich im ersten Jahr der einzige hauptamtliche Mitarbeiter der Frauenabteilung. In dieser Zeit war ich tagsüber am Haus Lütz öfters für mich – ich konnte zwar super konzentriert arbeiten, allerdings hat mir der Austausch mit anderen etwas gefehlt. Das hat sich inzwischen geändert durch unsere Koordinatorin der Frauen- und Mädchenabteilung Tanja Baumann, die seit August 2023 ebenfalls hauptamtlich angestellt ist.

Kommen wir zum Sportlichen: Ist Ihrer Mannschaft die Umstellung von der Regionalliga auf die 2. Bundesliga gelungen?

Spengler Grundsätzlich schon, auch wenn der Anpassungsprozess natürlich noch andauert. Ein großer Unterschied zwischen den Ligen ist die Bestrafung von Fehlern. Wir haben in der Winter-Vorbereitung gegen den aktuellen Tabellendritten der Regionalliga, Fortuna Köln, gespielt und 7:0 gewonnen. Auch da haben wir Fehler gemacht, aber die wurden nicht sofort bestraft. Dadurch entsteht natürlich ein gewisser Druck für die Mädels. Auf der anderen Seite ist es aber auch schön, weil wir die Gegner ebenso bestrafen können – diese Qualität haben wir.

Was nehmen Sie ansonsten positiv aus der Hinrunde mit?

Spengler Auf jeden Fall den Mut, den die Mädels auch im Spiel mit dem Ball bewiesen haben. Egal, wer der Gegner war, wir haben immer Vollgas gegeben. Das hat mir gefallen. Diese Entwicklung können die Mädels selbst manchmal gar nicht so greifen, weil sie sehr selbstkritisch sind. Wir Trainer sehen allerdings: Wo haben wir die Mannschaft vor eineinhalb Jahren übernommen, und wo steht sie jetzt, auch hinsichtlich der Trainingsqualität. Alles ist schneller und intensiver geworden und jede Spielerin macht kontinuierlich Schritte nach vorne.

In der Regionalliga gab es oft Erfolgserlebnisse, während diese in der 2. Bundesliga nun selten sind. Wie geht die Mannschaft damit um?

Spengler Da kommt uns die selbstkritische Seite der Mädels zugute. Auch vergangenes Jahr sind wir zu keinem Zeitpunkt abgehoben und haben gedacht, alles läuft von alleine. Wir reduzieren unsere Kritik, egal ob positiv oder negativ, auf das Wie. Wenn du 1:0 gewinnst, aber schlecht gespielt hast, dann freust du dich zwar über den Sieg, kannst aber dennoch verärgert sein. Bei der Niederlage gegen Potsdam (0:1, Anm. d. Red.) waren wir trotz des Ergebnisses zufrieden mit unserer Leistung, weil wir gegen den Tabellenführer dominant aufgetreten sind. Da sieht man einen Prozess.

Am Ende geht es aber um Ergebnisse ...

Spengler Absolut. Die Niederlage gegen Weinberg (0:1, Anm. d. Red.) zum Beispiel tat schon weh. Ansonsten haben wir aber gegen Bayern München II, Wolfsburg II und Hoffenheim II gewonnen, alle drei stehen in der Tabelle hinter uns. Ich habe nicht das Gefühl, dass unter den Mädels nun Unruhe aufkommt. Wir sehen uns in dieser Liga und ich habe keinen Zweifel daran, dass wir in dieser Liga bleiben.

Die Spielerinnen sind allesamt Amateure, mit normalem Job oder Studium. Trotzdem stehen regelmäßig vier Trainingseinheiten in der Woche und oft weite Auswärtsfahrten an. Kommt da die eine oder andere Spielerin an ihre Grenzen?

Spengler Das ist ein total persönliches Thema. Ich würde mich zum Beispiel wie Bolle auf die Auswärtsfahrten freuen. Wenn man einen Mannschaftssport betreibt, kann das ein total positiver Faktor sein, dass man regelmäßig mit den Mannschaftskollegen Zeit verbringen kann.

Also ist das kein Thema?

Spengler Natürlich gibt es Spielerinnen, die Familie haben und 40 Stunden in der Woche arbeiten. Dazu steht viermal die Woche abends Training an. Vielleicht würde man dann gerne mal den Samstag für sich haben. Es ist letztendlich eine Entscheidung, die jede oder jeder für sich treffen muss. Aber wenn man sich dafür entscheidet, muss man dafür brennen und diese Rahmenbedingungen akzeptieren. Ich bin mir jedenfalls sicher, dass man bei uns keine Spielerin findet, die keine Lust auf die Auswärtsfahrten hat.

In der 1. Bundesliga gab es in dieser Saison einige Zuschauerrekorde. Kommt etwas von dem gestiegenen Interesse auch bei Borussia und der 2. Bundesliga an?

Spengler Insgesamt findet schon eine Entwicklung statt, das spüren wir – beispielsweise was die Interaktionen bei Social Media und das allgemeine Interesse angeht. Man hat es auch an unserem Relegationsspiel im Borussia-Park gesehen, für das mehr als 9000 Tickets abgesetzt wurden – das war erstligareif. Im Grenzlandstadion haben wir weiterhin im Schnitt 200 bis 300 Zuschauer. Wir spielen jetzt gegen große Namen, es sind aber eben die zweiten Mannschaften von Bayern München, Hoffenheim oder Wolfsburg. Ich bin gespannt, wie es bei unseremersten Heimspiel gegen den Hamburger SV (Rückrundenauftakt am 18. Februar, Anm. d. Red.) sein wird. Das ist schon ein geiles Duell.

Sie haben das Relegationsspiel im Borussia-Park angesprochen. Ist eine Rückkehr ins Stadion denkbar?

Spengler Mein Gefühl ist, dass der Verein uns das wünscht. Dafür müssen wir aber erst einmal gemeinsam herausfinden, was der richtige Zeitpunkt dafür wäre. Und das hängt von vielen Faktoren ab, die wir nicht in der Hand haben: spielen die Profis, gibt der Platzwart den Platz frei, kriegen wir vom DFB die Erlaubnis und passt die Anstoßzeit dem Gegner?

Was hat sich aus Ihrer Sicht seit Sommer 2022 positiv in der Frauenabteilung bei Borussia entwickelt?

Spengler Definitiv hat in den vergangenen eineinhalb Jahren ein Entwicklungsprozess stattgefunden, der auch weiterhin anhält. Darüber hinaus treibt unsere neue Koordinatorin Tanja Baumann mit weiteren Kollegen die sportliche wie allgemeine Entwicklung der Abteilung voran. Grundsätzlich steht der Verein unseren Anliegen sehr offen und wohlwollend gegenüber. Ich habe es bisher nicht einmal erlebt, dass ich zum Verein gegangen bin, nach diesem oder jenen gefragt habe, und es einfach abgelehnt wurde. Zusätzlich ist die sportliche Qualität innerhalb der Abteilung gewachsen.

Wo kann man aus Ihrer Sicht der Frauenabteilung noch nachbessern?

Spengler Was die Infrastruktur angeht, haben wir sicher noch Luft nach oben. Wie schnell wir diesbezüglich Schritte nach vorne machen, hängt natürlich von vielen Faktoren ab.

Was bedeutet Infrastruktur?

Spengler In erster Linie sind damit die Trainingsbedingungen gemeint. Und: Inwieweit schaffen wir es, mit unserer Abteilung der Modernisierung und Professionalisierung im Frauenfußball gerecht zu werden. Erst einmal müssen wir aber sportliche Vorleistungen bringen. Der Aufstieg war ein erster Schritt, den es nun zu bestätigen gilt, in dem wir in der Liga bleiben.

Es gibt derzeit neun Vereine, die sowohl mit den Männern als auch mit den Frauen in der 1. Bundesliga vertreten sind. Ist das irgendwann auch wieder für Borussia Mönchengladbach denkbar?

Spengler Wenn das für den Verein und für uns als Frauenabteilung gesund wäre und uns der aktuelle Weg dorthin führt, wäre das vielleicht denkbar. Sollten wir aber grundlegend alles anders machen müssen, nur um in die Bundesliga zu kommen, dann eher nicht.

Aufrufe: 017.2.2024, 23:00 Uhr
Daniel BrickweddeAutor