2024-05-22T11:15:19.621Z

Allgemeines
Schnell, wuselig und wendig - das sind die Attribute von Bejamin Ziegler (Mitte). | Foto: Alexandra Buß
Schnell, wuselig und wendig - das sind die Attribute von Bejamin Ziegler (Mitte). | Foto: Alexandra Buß

Ziegler: Schon früh das Kämpfen gelernt

Der 29-jährige Benjamin Ziegler soll dem FV Schutterwald die Verbandsligazugehörigkeit sichern

Benjamin Ziegler war in den bisher absolvierten Spielen der Kapitän des FV Schutterwald. Nun ist der 29-Jährige zum Spielertrainer aufgerückt und soll das Tabellenschlusslicht vor dem Abstieg retten.
„Es ist schon heftig, wie oft das Ding klingelt, seit ich Spieltrainer bin“, sagt Benjamin Ziegler mit einem entschuldigenden Lächeln und greift beim Gespräch im Straßenkaffee in der Lahrer Innenstadt schnell mal zum Handy. Seit Februar ist der 29-jährige Spielertrainer beim vom Abstieg stark bedrohten Verbandsligisten FV Schutterwald - eine neue Aufgabe, eine andere Perspektive und viel mehr Aufmerksamkeit.

Die sportliche Krise des FVS hat zu dieser Personalie geführt. Trainer Martin Heimburger trat im November zurück, auf ihn folgte der bisherige Co-Trainer Carsten Junker als Interimslösung, dann trat Vereinschef Jürgen Becker Anfang Februar an Ziegler heran. „Ich habe gleich gesagt, ich kann mir nur eine Konstellation vorstellen, in der ich auch Spieler sein kann. Weil ich mich immer noch in erster Linie als Spieler sehe. Und ich muss selbst mittrainieren, denn ich bin ein Spieler, der extrem von der Fitness lebt,“ erzählt Ziegler. Nun bemühen sie sich im Tandem, den Abstieg zu verhindern. Ziegler bereitet das Training vor, die Trainingsleitung hat Junker: „Er macht das hervorragend“, sagt Ziegler. „Der Verein kann sich glücklich schätzen, ihn zu haben.“

„Ich bin ein Spieler, der extrem von der Fitness lebt.“ Benjamin Ziegler

Als Sechser im defensiven Mittelfeldspieler bekleidet er eine Position, die eine hohe Laufbereitschaft fordert. Eine ordentliche Distanz legt er auch von Berufswegen zurück. Als Briefträger, offiziell heißt das: Fachkraft für Brief- und Frachtverkehr, läuft er geschätzte zehn Kilometer am Tag. Da habe er zu Beginn schon mal schwere Beine gehabt, aber er habe sich daran gewöhnt, versichert er. Aber er arbeitet auch samstags, und an diesem Tag wird häufig gekickt in der Verbandsliga. Für ihn kein Problem: „Das kann auch von Vorteil sein, wenn man schon beruflich unterwegs war, der Kreislauf ist dann schon in Schwung. Andere liegen vorher nur rum.“ Der Arbeitstag beginnt um 6.45 Uhr in der Postfiliale in der Lahrer Lotzbeckstraße. Aber die Zeit wird schon mal knapp, wenn er am Samstag um 13 Uhr mit seiner Runde durch ist. „Schnell ein Brötchen, ein Kaffee, fertig.“ Welche Bedeutung hat der Fußball in seinem Leben? „Schon sehr wichtig“, sagt Ziegler. Er hat im vergangenen Jahr sogar seinen Vertrag auf 30 Stunden kürzen lassen, damit er weniger Stress beim Fußball hat. Da hatte er dann jeden Samstag frei, aber wechselnde Bezirke. Mittlerweile ist er wieder 38,5 Stunden pro Woche auf den Beinen, hat einen festen Bezirk im Lahrer Osten, der das ehemalige Kasernengelände am Hohbergsee einschließt und kommt damit gut zurecht. Derzeit bastelt er an der B-Trainer-Lizenz, die er im Sommer geschafft haben will. Für die Kurse, die von Montag bis Freitag dauern, nimmt er Urlaub. Auch dies zeigt: der Fußball hat eine dominante Position in Benjamin Zieglers Leben.

Auf die Frage, welcher Trainer ihn am meisten geprägt hat, muss er nicht lange überlegen. „Ich habe viele gute Trainer gehabt und von jedem habe ich etwas angenommen. Der wichtigste war aber Friedhelm Reif. Von ihm habe ich, was mich heute auszeichnet: das schnelle, aggressive Spiel. Und er besaß eine natürliche Autorität.“ Ihn hat Ziegler eine Saison lang bei den A-Junioren des Offenburger FV erlebt. Dorthin war bei den D-Junioren gewechselt, nachdem er als Siebenjähriger bei der Spvgg. Lahr mit dem Kicken begonnen hatte.

Das Fußballer-Gen liegt in der Familie: Vater Uwe hat gekickt, auch seine Mutter Christel hat gegen den Ball getreten. Gerade steht sie, während Benjamin im Kaffee sitzt, mit einer Stoppuhr auf der Klostermatte und überprüft die Sprintschnelligkeit der D-Mädchen der Spvgg. Lahr.
Ziegler ist freundlich, ruhig beim Gespräch mit der Zeitung. So sieht er sich auch als Spielertrainer: „Ich würde mich als ruhig bezeichnen. Ich führe eher Einzelgespräche, von Kritik vor versammelter Mannschaft halte ich nichts. Als Spieler fühlt man sich relativ schnell auf den Schlips getreten, das weiß ich aus eigener Erfahrung.“

Fünf Jahre lang hat er beim Lahrer FV in der Landesliga gekickt, danach nahm er das Angebot des FV Schutterwald an. „Die spielten eine Klasse höher. Aber ich wollte auch mal etwas anderes sehen und erleben.“ Jetzt ist März, da werden im Fußball die Weichen gestellt. Ziegler sagt: „Was in Zukunft wird, ist noch offen.“

Die sportlichen Vorbilder des FC-Bayern-Fans sind zwei Italiener: Das Kampfschwein Gennaro Gattuso, und der geniale Strippenzieher Andrea Pirlo. „Eine Mischung aus beiden wäre der perfekte Sechser“ findet er. Fast ist man geneigt zu sagen, Ziegler könnte selbst als Italiener durchgehen. Er ist mit 1,68 Metern und 62 Kilogramm zierlich gebaut, zudem ist er modisch gekleidet und sorgfältig gestylt. Das schwarze Haar ist an der Seite kurz, das längere Deckhaar akkurat nach hinten gegelt, die Hände stecken in einer schicken doppelreihigen grauen Jacke, den Hals schützt ein lässiger Schal.

„Der Verein kann sich glücklich schätzen, ihn zu haben.“ Ziegler über Carsten Junker

Welche Bedeutung Größe und Gewicht für seine sportliche Entwicklung hatten, vermag er nicht zu entscheiden: „Manche haben gesagt, wenn ich größer wäre, würde ich höher spielen. Andere wiederum meinen, genau das macht mich aus, dass ich schnell, wendig und wuselig bin.“ Vielleicht hat diese Leichtfüßigkeit auch dafür gesorgt, dass er nur wenige Verletzungen hatte. Die schwerste war ein Innenbandriss im Knie im vergangenen Frühjahr, ein Spiel vor dem Ende der Saison. Heute trägt er deswegen eine Bandage am Knie, „die ist aber mehr für den Kopf.“

Langsam wird es kühl im Straßenkaffee in der Lahrer Marktstraße, aber dann erzählt er noch jene Geschichte mit dem Vornamen. Benjamin ist im Alten Testament der jüngste der zwölf Söhne Jakobs. Die Vorstellung von einem großen, kraftstrotzenden Kerl passt nicht dazu. „Ich war ein Frühchen, klein und schmal bei der Geburt. Es war nicht klar, ob ich durchkomme. Da haben sie mich Benjamin genannt. Mutter witzelt immer: Vielleicht bist du deswegen so ehrgeizig, weil du von Beginn an immer kämpfen musstest.“
Aufrufe: 013.3.2014, 21:30 Uhr
Uwe Schwerer (BZ)Autor