2024-05-02T16:12:49.858Z

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– Foto: Volkhard Patten

Zeitstrafe: Abkühlung oder Freifahrtschein?

Warum die Fußballer im Kreis Mainz-Bingen die Zeitstrafe zwiegespalten sehen

MAINZ. Es gibt Vergehen auf dem Fußballplatz, die sind eindeutig. Doch von Gelber und Roter Karte abgesehen, gibt es für die Schiedsrichter nicht wirklich viel Spielraum. Das könnte sich im Südwestdeutschen Fußballverband (SWFV) aber bald ändern. Alsbald soll die Zehn-Minuten-Zeitstrafe ein Comeback im Südwesten feiern. Und sie soll genau dann gefällt werden, wenn den Regelhütern bereits eine Verwarnung ausgesprochen wurde, ein Feldverweis aber unangemessen wäre. Was sagen die heimischen Fußballer dazu?

„Meiner Meinung nach eine gute Sache“, sagt Steffen Herzberger. „Jede Mannschaft hat ja so seine Hitzeblitze, mit denen gerne mal die Emotionen durchgehen. Wenn man die dann mal für ein paar Minuten rausnehmen könnte, wenn sie wieder überdrehen, fände ich das gar nicht schlecht“, so der Trainer der TSG Hechtsheim. In den Landesverbänden Hessen und Brandenburg wird die Zeitstrafe im Aktivenbereich bereits als Pilotprojekt umgesetzt, hierzulande wird es nur im Jugendbereich praktiziert (seit der Saison 2017/18). Fünf Minuten beträgt die Strafe dann.

„Gut, um einfach mal die Emotionen rauszunehmen“

„Grundsätzlich bin ich ein Fan davon, jemandem eine zweite Chance zu geben, aber ob es im Herrenbereich funktioniert, ist schwer zu sagen“, meint Lukas Sudowe vom TSV Ebersheim. Als Schiedsrichter und Trainer hat er einen zweigeteilten Blick auf das Thema, sieht vor allem den Mehraufwand kritisch: „Ab dem Punkt, wo man sich wegen der Zeitstrafe nicht mehr auf seine eigentliche Aufgabe konzentrieren kann, wird es schwierig.“ Hängt also ganz von der Umsetzung ab, findet auch Bert Balte. „Ich finde es keine schlechte Sache, vor allem um einfach mal Emotionen rauszunehmen“, sagt der Coach des TV 1817 Mainz.

Was die Fußballer aus dem Kreis Alzey-Worms zur Zeitstrafe sagen, lest ihr hier.

Anderer Meinung ist man beim FC Aksu Diyar Mainz. „Wir halten persönlich nicht viel davon“, glaubt Abteilungsleiter Onur Sugecmez nicht daran, dass die Regel gewinnbringend zur Anwendung kommen wird. „Ich weiß nicht, ob es die Sache fairer machen wird, denn es wird genug Spieler geben, die das ausnutzen.“

„Je nach Situation kann das auch motivieren“

In die gleiche Kerbe schlägt auch Nico Augustin vom VfR Nierstein: „Klar, jede neue Regel bietet Schlupflöcher, aber ich bin kein Freund davon.“ Hat ein Spieler die erste gelbe Karte bekommen, wisse dieser schließlich ganz genau, wie er sich im Spiel zu verhalten hat. „Wenn er dann etwa ein taktisches Foul begeht oder auf andere Weise ein Tor verhindert und dafür nur 10 Minuten raus muss, sehe ich da keinen großen Nutzen drin“, spricht der 31-Jährige von einem Freifahrtschein, die je nach Situation geradezu zum Regelverstoß einladen könnte.

Davon ganz abgesehen, sei eine kurze Unterzahl nicht zwingend ein sportlicher Nachteil. „Je nach Situation kann das auch motivieren“, ergänzt Steffen Herzberger: „Plötzlich macht jeder etwas mehr und man merkt nichts mehr davon“ Die Meinungen der Vereine sind also durchaus zwiegespalten. Für mindestens einen Testlauf wird das Pilotprojekt aber wohl den Zuschlag bekommen. Hernach wird sich zeigen, ob die zehn Minuten Zeitstrafe im Aktiven-Fußball eine Zukunft hat oder nicht.

Aufrufe: 011.7.2021, 13:00 Uhr
Martin ImruckAutor